Wer weniger trinkt, hat weniger Depressionssymptome. Schon kleine Änderungen im Trinkverhalten machen sich bemerkbar – in beide Richtungen. Aber ganz klar ist die Lage trotzdem nicht.
Eine Depression und Drogenkonsum – wie etwa riskantes Trinkverhalten – gehen gerne Hand in Hand. Das Henne-Ei-Problem wird hier oft diskutiert, doch wer weniger Alkohol trinkt, berichtet auch seltener über Symptome von Depression, wie eine aktuelle Studie zeigt. Forscher um Hallgren et al. untersuchten, wie sich Veränderungen im Alkoholkonsum über längere Zeit auswirkten. Das Überraschende: Auch wer nach einer Reduktion noch bedenkliche Mengen trank, erlebte offenbar weniger entsprechende Symptome.
Die Wissenschaftler verwendeten den Alcohol Use Disorders Identification Test-Consumption (AUDIT-C) zur Messung des Alkoholkonsums und den Patient Health Questionnaire-2 (PHQ-2) für Depressionssymptome. An der Studie nahmen 198.335 Patienten teil, die im Abstand von 11–24 Monaten AUDIT-C-Screenings absolvierten und den PHQ-2 beantworteten. Beide Screenings waren Teil der Routineversorgung eines großen Gesundheitssystems innerhalb des US-Bundesstaats Washington. Die AUDIT-C-Scores ermöglichten eine Darstellung von je fünf Trinkniveaus, woraus die Forscher 25 Untergruppen mit unterschiedlichen Verhaltensmustern ableiteten. Diese wurden wiederum mit der Prävalenz positiver PHQ-2-Scores anhand von Risk Ratios (RR, sie spiegeln die relative Veränderung des Risikos vom ersten zum zweiten Screening wider) assoziiert.
In den Ergebnissen zeigt sich: Probanden mit riskanterem Trinkverhalten hatten auch häufiger einen allgemein erhöhten Depressions-Score (RR 0,95–2). Bei Untergruppen, die ihren Alkoholkonsum im Laufe der Studie verringerten, war auch die Prävalenz positiver PHQ-2-Scores allgemein geringer (RR 0,52–1,01). Wer sein Trinkverhalten nicht veränderte, hatte laut Fragebogen keinen auffälligen oder einen nur kaum veränderten Depressions-Score (RR 0,98–1,15).
Wer seinen Alkoholkonsum verringert, berichtet auch von weniger Depressionssymptomen. Credit: Hallgren et al.
Die Autoren weisen darauf hin, dass die Studie nicht untersucht, in welcher Beziehung die Resultate zueinanderstehen. Greifen Patienten z. B. bei einer Verschlechterung ihrer Symptomatik auch häufiger zum Alkohol oder ist es der Alkohol selbst, der zu einer Verschlechterung der Symptomatik führt? Und umgekehrt: Geht eine Verbesserung der Depressionssymptome mit einem verringerten Bedürfnis nach Alkohol als Copingmaßnahme einher? Diese Fragen lassen die Ergebnisse offen.
Zusätzliche Verzerrungen könnten durch die Art der Erhebung (Selbstbericht bzw. Fragebogen) und die Auswahl der Teilnehmer (überwiegend weiß, älter und versichert) auftreten. Dennoch sei die Studie ein Hinweis darauf, Alkoholkonsum bei Patienten mit Depression besonders zu beobachten und Betroffene zu motivieren, ihr Trinkverhalten einzuschränken.
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