Im Rahmen einer europaweiten Studie wurde ein Patient mit Speiseröhrenkrebs erstmalig mit Protonen bestrahlt. Die behandelnden Ärzte hoffen, dass die Protonentherapie gewebeschonender ist und die Heilungsdauer verkürzt wird.
Am Paul Scherrer Institut (PSI) wurde erstmalig ein Patient mit Speiseröhrenkrebs mit Protonen bestrahlt. Bisher kam das Verfahren in der Schweiz nur für Patienten mit Tumoren im Hals- und Kopfbereich sowie am Körperstamm zum Einsatz. „Der 67-jährige Patient hat am Übergang der Speiseröhre zum Magen einen Siewert-Typ-II-Tumor, der nach unserer Behandlung operiert werden kann“, erklärt Matthias Guckenberger, Radioonkologe am Universitätsspital Zürich. Die fünfwöchige Behandlung erfolgt im Rahmen einer europäischen klinischen Studie, in der untersucht werden soll, ob Protonen für die Bestrahlung des Speiseröhrenkrebs Vorteile bringen. Außerdem sollen die Nebenwirkungen mit einer herkömmlicher Strahlentherapie verglichen werden.
Das Ösophaguskarzinom ist es eine relativ seltene Krebsart, weltweit aber noch immer die achthäufigste. Die Behandlung besteht in den meisten Fällen aus einer kombinierten Chemo- und Strahlentherapie, gefolgt von einer Operation. Bei der Bestrahlung des Speiseröhrenkrebses kann es in unterschiedlichem Grade zu Komplikationen bei den umliegenden Organen kommen – vor allem bei der Lunge: Manche Patienten leiden danach an einer Lungenentzündung oder anderen Problematiken, was die anschließende lebenswichtige Operation oder die spätere Heilung erschwert.
„Wir vermuten, dass es mit einer Protonentherapie weniger häufig zu Lungenkomplikationen kommt“, sagt Damien Weber, Leiter des Protonenzentrums am PSI. „Ob das stimmt, wollen wir jetzt überprüfen – zum Wohle der Patientinnen und Patienten.“ Im Gegensatz zu Röntgenstrahlen sind Protonen Teilchen mit Masse und Ladung, und ihre Eindringtiefe ins Gewebe ist physikalisch ganz genau vorbestimmt. Protonen verlieren auf dem Weg zum Tumor nur wenig Energie und geben den größten Teil im Tumor ab – sie bleiben dort stecken. Gesundes Gewebe vor und hinter dem Tumor wird daher besser geschont.
19 Forschungspartner aus ganz Europa, darunter Universitäten, Krankenhäuser und Forschungszentren, haben sich für die Studie PROTECT zusammengeschlossen. „Dadurch, dass wir zusammenarbeiten, können wir in die Studie mehrere Hundert Teilnehmende einbeziehen und unsere Studienergebnisse haben eine stärkere Aussagekraft“, sagt Onkologe Dominic Leiser.
Insgesamt sollen in der Studie knapp 400 Patienten mit nicht-metastasiertem Speiseröhrenkrebs behandelt werden. Alle Studienteilnehmer erhalten zunächst eine kombinierte Strahlen- und Chemotherapie, sechs bis zwölf Wochen danach werden sie operiert. Rund die Hälfte der Personen werden am mit Röntgenstrahlen bestrahlt, die Übrigen mit Protonen. „Wir setzen alle drei Säulen der Krebstherapie ein, um bei dieser Krebsart die beste Behandlung zu gewährleisten“, sagt Studienleiter Panagiotis Balermpas. Die Studie schließt außerdem Menschen mit Tumoren am gastroösophagealer Übergang ein.
„Bestätigt sich die Hoffnung, dass die Protonentherapie bei der Behandlung des Speiseröhrenkrebs Vorteile bringt, könnte diese Krebsart auf die Indikationsliste des Bundesamts für Gesundheit gesetzt werden“, sagt Damien Weber. In diesem Fall würden Krankenversicherungen die Kosten in Zukunft tragen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Paul Scherrer Instituts (PSI).
Bildquelle: Jeremy Yap, unsplash.