Beim Transfer von Profisportlern geht es um viel Geld. Umso wichtiger, dass die Sporttauglichkeit vor dem Wechsel von einem Mediziner umfassend bestätigt wird. Wüsstet ihr, wies geht?
Als kurz nach dem 30 Millionen-Euro-Transfer von Sebastian Haller zum BVB Hodenkrebs diagnostiziert wurde, war das Gemurmel in der Mediziner-Community groß – plötzlich war jeder fußballbegeisterte Arzt auch Medizincheckexperte. Und damit liegen die selbsternannten Transferspezialisten noch nicht einmal so falsch, denn viele der typischen Untersuchungen hat jeder schon mal im Studium durchgeführt.
Wer möchte, kann daher bei der folgenden Beschreibung eines typischen Medizinchecks also gerne abhaken, welche Untersuchungen im eigenen Alltag noch ziemlich oft vorkommen.
Die Anamnese in der Sportmedizin ist prinzipiell sehr ausführlich und umfasst viele Aspekte, die man im Klinikalltag nur noch selten abfragt. Da die meisten Sportler jedoch seit dem Kindesalter im Untersuchungsablauf und den medizinischen Fragen routiniert sind, geht dieser Abschnitt trotzdem überraschend zügig. Im Gegensatz zu normalen Patienten haben Sportler keinen ausgeprägten Rede- oder Abklärungsbedarf und beantworten viele Fragen zügig nach dem Ja-/Nein-Schema mit dem Interesse, möglichst wenige zusätzliche Untersuchungsfelder zu eröffnen.
Die Anamnese umfasst alle gesundheitlichen Themen (Operationen/Verletzungen/Vegetativum) seit Geburt, Trainingspausen und aktuelle Beschwerden sowie Ernährung, Medikamente und Supplements. Idealerweise nutzt man diese Möglichkeit auch zur Schulung über die Anti-Doping-Richtlinien, die Kölner Liste® und die NADA-App (dies sind Listen zugelassener Supplements und zugelassener/verbotener Medikamente). Auch psychische Belastungen und Schlafqualität werden abgefragt, um gegebenenfalls Kontakt zu Sportpsychologen herstellen zu können.
Die körperliche Untersuchung ist ähnlich der körperlichen Untersuchung beim Hausarzt – jedoch ergänzt um den Faktor Zeit, sodass man auch ausführlich auf Anliegen der Patienten eingehen kann. Dabei legt man zusätzlichen Wert auf sportartspezifische Belastungen, z. B. häufige HNO-Infektionen im Schwimmsport. Obwohl Sportler sehr mobil sind und man nicht unbedingt auf Lagewechsel im Untersuchungsablauf achten muss, ergeben sich je nach Sportart andere Untersuchungsabläufe als im Lehrbuch. Bei Basketball- und Eishockeyspielern bietet sich z. B. die Untersuchung im Sitzen oder Liegen an, um als Arzt nicht durchgängig auf Zehenspitzen stehen zu müssen.
Ein besonderer Schwerpunkt kommt neben der kardiopulmonalen Untersuchung im Fußball auch der Untersuchung der Füße (vom Interdigitalraum bis zum Schwielenmuster und Gangbild) zu. Die orthopädische Untersuchung erfolgt meistens gesondert durch den Mannschaftsarzt, der zudem alle Befunde der Sporttauglichkeitsuntersuchungen gegensichtet. Eine körperliche Untersuchung des Hodens und der Geschlechtsorgane erfolgt nicht, jedoch ist die körperliche Untersuchung immer ein guter Zeitpunkt, um zur richtigen Hautpflege und Selbstuntersuchung anzuleiten.
Der Umfang der eigentlichen Sporttauglichkeitsuntersuchung hängt von zwei wesentlichen Faktoren ab:
1. Untersuchungsbefunde aus körperlicher Untersuchung und Anamnese,
2. Vorgaben der Verbände/ Vereine.
Im Eishockey und Schießen ist ein orientierender Sehtest eine Pflichtuntersuchung, im Fußball und Schwimmen jedoch ohne Hinweise in der Anamnese irrelevant. Es erfolgt immer eine Labordiagnostik von Blut und Urin, eine Echokardiographie, ein Ruhe-EKG und ein EKG unter Belastung. Das EKG unter Belastung kann mit oder ohne Spirometrie, mit oder ohne Laktatmessung, je nach Vorgaben des Verbandes und Wünschen des Sportlers auf dem Laufband-, dem Fahrrad-, dem Kanu-, Ruder- oder Handkurbelergometer erfolgen. Die Ergänzung um eine Spirometrie und Lungenfunktionsuntersuchung bietet sich z. B. bei bekanntem Belastungsasthma oder bei Zustand nach COVID-19-Infektion an. Die Laktatmessung dient zur Bestimmung der Leistungskurve und Trainingsplangestaltung.
Sollten alle Befunde blande sein, erfolgt in der Abschlussbesprechung eine vorläufige Sporttauglichkeit und anschließend ein sehr ausführlicher Befundbericht für den Verein. Bei Auffälligkeiten wird die Sporttauglichkeit zurückgestellt, bis eine weitere Diagnostik erfolgt ist.
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