Das humane Cytomegalievirus (HCMV) galt bisher häufig als „harmlos“. Wissenschaftler konnten nun in einer Studie zeigen, dass das Virus einen wichtigen Signalweg blockiert, was schlussendlich zu Langzeitschädigungen führen könnte.
Verbreitet, aber nicht harmlos: Etwa die Hälfte der Deutschen hatte mindestens einmal Kontakt mit dem Humanen Cytomegalievirus (HCMV); die Infektion bleibt meist unbemerkt. Nur selten führt das Virus zu schweren Infektionen. Langfristig kann das vermeintlich harmlose Virus allerdings Herz- und Kreislauferkrankungen verursachen, was Forscher des Exzellenzclusters Cells in Motion (CiM) an der Universität Münster – mit Kollegen aus Ulm und Maastricht – näher untersuchten.
„Das gesamte Herz-Kreislauf-System des Menschen ist mit Endothelzellen ausgekleidet“, erläutert Prof. Johannes Waltenberger, einer der Hauptautoren des Artikels: „Diese Zellschicht hat viele wichtige Funktionen, unter anderem für den Stoffaustausch zwischen Blut und Gewebe, die Blutdruckregulation und das Immunsystem. Wir haben herausgefunden, dass HCMV einen wichtigen Signalweg blockiert.“ Der sogenannte Vaskuläre Endotheliale Wachstumsfaktor (VEGF), der die Vitalität und Regenerationsfähigkeit des Endothels erhält, wird so funktionell außer Kraft gesetzt. Die Folge: Das Endothel kann nicht mehr ausreichend regenerieren, die Kommunikation der Zellen untereinander wird unterbrochen. HCMV-infizierte Endothelzellen. © Johannes Waltenberger
HCMV begünstigt dadurch das Entstehen der Arteriosklerose (Arterienverkalkung), die langfristig zu Schlaganfällen und Herzinfarkten führen kann. „Die neuen Erkenntnisse erklären auf molekularer Basis, wie schleichende Virusinfektionen zum Zellschaden und somit letztlich zu chronischen Erkrankungen des Gefäßsystems beitragen“, fasst Waltenberger zusammen. Originalpublikation: Human cytomegalovirus infection impairs endothelial cell chemotaxis by disturbing VEGF signaling and actin-polymerization Barbara Reinhardt et al.; Cardiovascular Research, doi: 10.1093/cvr/cvu204; 2014