Alle Jahre wieder kommt das Kardio-Update. Was ihr dieses Jahr unbedingt zum Thema Herzinsuffizienz auf dem Schirm haben müsst, lest ihr hier.
In Amsterdam fand vom 25. bis 28. August der Kongress der European Society of Cardiology (ESC) statt. Hier wurde unter anderem das Update zur Herzinsuffizienz-Leitlinie vorgestellt. Seit der Publikation der Herzinsuffizienz-Leitlinie der ESC im Jahr 2021 wurden zahlreiche Studien zum Thema Herzinsuffizienz veröffentlicht. Einige haben das Potenzial, das Management der Erkrankung im klinischen Alltag erheblich zu optimieren. Experten sprechen sogar von Meilenstein-Studien, die die Therapie der Herzinsuffizienz seither nahezu revolutioniert haben. „Diese Veränderungen sind maßgeblich und sollten daher Berücksichtigung finden, bevor die nächste Leitlinie der ESC publiziert wird“, begründet Guideline-Autorin Prof. Theresa McDonagh vom King’s College London das Update der Herzinsuffizienz-Leitlinie.
Man habe sich daher auf ein ergänzendes Dokument zur aktuell gültigen Guideline von 2021 verständigt und zu keiner neuen Version der Leitlinie. Für dieses Update hat die Task Force randomisierte kontrollierte Studien und Metaanalysen, die in den vergangenen beiden Jahren publiziert wurden, berücksichtigt. Sowohl für die Aufnahme einer Studie als auch für eine Empfehlung mussten jeweils 75 % der Taskforce Mitglieder einer Meinung sein. Die neuen Empfehlungen, die als Ergänzung zur Guideline von 2021 verstanden werden sollen, betreffen die Indikationen Herzinsuffizienz mit leicht reduzierter linksventrikulärer Auswurffraktion (HFmrEF), Herzinsuffizienz mit erhaltener linksventrikulärer Auswurffraktion (HFpEF), die akute Herzinsuffizienz sowie Komorbiditäten.
Die SGLT2-Inhibitoren Empagliflozin und Dapagliflozin haben auf der Basis der EMPEROR-Preserved- und DELIVER-Studien neben den Diuretika nun eine Klasse IA-Indikation sowohl für die Behandlung der HFmrEF als auch der HFpEF. Dies ist bemerkenswert und sollte im klinischen Alltag breit umgesetzt werden, da Empagliflozin und Dapagliflozin die einzigen Substanzen sind, die bei der HFmrEF und HFpEF eine klare evidenz-basierte Verminderung harter klinischer Endpunkte, wie Reduktion von Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz sowie von kardiovaskulärem Tod, bewirken.
In beiden Studien reduzierte der SGLT2-Inhibitor in einer Population von Patienten mit einer linksventrikulären Auswurfleistung von mindestens 40 % den kombinierten Endpunkt aus Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz und kardiovaskulärem Tod um jeweils rund 20 %. Dies wurde in einer Metaanalyse bestätigt, in der auch gezeigt wurde, dass dieser Effekt unabhängig und selbst bei weitgehend normaler Auswurffraktion gegeben war. Für Patienten, die aufgrund akuter Herzinsuffizienz stationär aufgenommen werden, empfiehlt das Update eine zügige Therapieintensivierung sowie häufige Kontrollen in den ersten sechs Wochen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus. Das senkt laut der STRONG-HF-Studie erneute Hospitalisierungen und die Mortalität. Im jetzigen Update hat diese Strategie nun eine Klasse-IB-Indikation.
Um bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung und Typ-2-Diabetes dem Auftreten einer Herzinsuffizienz vorzubeugen, sollen dem Update zufolge ebenfalls SGLT2-Inhibitoren zum Einsatz kommen. Sie reduzierten in den Studien DAPA-CKD und EMPA-KIDNEY das Risiko für herzinsuffizienzbedingte Hospitalisierungen und einen kardiovaskulären Tod. Hierbei handelt es sich um eine Klasse-IA-Empfehlung. Eine weitere Empfehlung für diese Patientengruppe stammt aus den Studien FIDELIO-DKD und FIGARO-DKD. Demnach wird der Mineralokortikoidrezeptorantagonist Finerenon zur Senkung des Risikos für herzinsuffizienzbedingte Hospitalisierungen empfohlen.
Darüber hinaus sieht das Update auf Grundlage der IRONMAN-Studie vor, dass HFrEF- und HFpEF-Patienten mit Eisenmangel eine intravenöse Eisensubstitution erhalten sollen, um die Symptome und die Lebensqualität zu verbessern.
Die vorgestellten Neuerungen im Update der Leitlinie waren bereits im Rahmen des diesjährigen Frühjahrestag der Deutschen Gesellschaf für Kardiologie von Prof. Michael Böhm, Universitätsklinik für Innere Medizin III in Homburg und Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, diskutiert und erwartet worden. Zusammengefasst gibt das Update zu den Herzinsuffizienzleitlinien wichtige neue Empfehlungen auf der Basis der kürzlich publizierten großen randomisierten Studien. Im Vordergrund steht die Klasse-IA-Empfehlung für SGLT2-Inhibitoren für die Herzinsuffizienz jedweder Ejektionsfraktion.
Quellen:
2023 ESC Guidelines Overview. ESC-Kongress 2023, Amsterdam, 25.–28. August 2023.
Vortrag von Michael Böhm. Leitlinien-Updates: Fünf neue Empfehlungen für die Behandlung von Herzinsuffizienz, 89. DGK-Jahrestagung, Mannheim, 12.–15. April 2023.
Bildquelle: jesse orrico, Unsplash