Ein Kater kann ordentlich auf die Stimmung schlagen. Was Alkohol mit unserer mentalen Gesundheit macht und was Hangxiety eigentlich ist, lest ihr hier.
Der Kopf brummt, der Magen ist flau und der Schlaf war miserabel – aus dem gestrigen Feierabend-Bierchen mit den Kollegen wurden irgendwie doch mehrere und ein paar Schnäpse waren wohl auch dabei. Das rächt sich jetzt in Form eines amtlichen Katers und mit schlechter Laune. Aber woher kommt dieses Gefühl und wer ist besonders betroffen?
Übermäßiger Alkoholkonsum ist schlecht für die Gesundheit, das ist weitestgehend bekannt. Vor allem die Leber hat an alkoholreichen Abenden alle Hände voll zu tun, was bei regelmäßigem Konsum früher oder später auch zur Leberzirrhose führen kann. Dass aber auch die Psyche stark beeinflusst wird, zeigte eine Studie bereits in der Vergangenheit. Sie untersuchte den Einfluss von Alkoholkonsum bei 48 Studenten an Tagen nach Alkoholkonsum und an Tagen, an denen zuvor kein Alkohol konsumiert wurde. Dabei zeigten sich sowohl physische als auch psychische Auswirkungen bei den Probanden.
Wurde Alkohol konsumiert, erlebten die Probanden ihren Schlaf als signifikant schlechter. Zwar schliefen sie schneller ein, wurden aber häufiger wach und empfanden den Schlaf als weniger erholsam. Außerdem war auch die Länge des Schlafs signifikant kürzer im Vergleich zu Nächten, an denen zuvor kein Alkohol getrunken wurde.
Doch nicht nur der Schlaf war beeinträchtigt, auch die Psyche wurde in Mitleidenschaft gezogen. An Kontrolltagen war die Laune der Probanden zwischen 11:00 und 13:00 auf dem Höhepunkt. Tranken sie jedoch Alkohol, waren die Werte für Wachsamkeit und Ruhe in dieser Zeit niedriger und die Probanden empfanden vermehrt emotionalen Stress und Abgeschlagenheit. Auch Angstzustände wurden häufiger und stärker wahrgenommen.
Kommen zu den klassischen Katersymptomen auch Überforderung, eine innere Unruhe und Ängste, spricht man von Hangxiety – zusammengesetzt aus den englischen Wörtern Hangover (Kater) und Anxiety (Ängste/Sorgen, verwendet für Angstzustände). Aber wer bekommt Hangxiety? Eine Studie untersuchte die Auswirkungen von Alkohol auf verschiedene Symptome bei katersensitiven (Personen, die nach Alkoholkonsum angeben, einen Kater zu haben) und katerresistenten (Personen, die nach Alkoholkonsum angeben, keinen Kater zu haben). Dabei fanden sie heraus, dass katersensitive Personen signifikant häufiger an Angstzuständen und Stress leiden, wenn sie am Abend zuvor Alkohol konsumierten. Diese Personengruppe machte etwa 18 % der katersensitiven Probanden aus. Auffällig war dabei, dass Personen, die Ängste, Stress oder Depression als Symptome während des Katers angaben, auch an Kontrolltagen ohne vorigen Alkoholkonsum eher angaben, unter Angstzuständen oder Stress zu leiden.
Das wurde auch in einer anderen Studie verdeutlicht: Sie untersuchte die Persönlichkeit der Probanden als möglichen ausschlaggebenden Faktor. Die Wissenschaftler untersuchten, ob schüchterne und eher introvertierte Personen den Kater anders erleben als Extrovertierte. Zwar konnte Alkohol Angstzustände und Sozialphobien von Introvertierten während und kurz nach dem Konsum minimal reduzieren, jedoch rächte sich das am nächsten Morgen. Laut der Studie liegt das auch nicht an der Menge des konsumierten Alkohols, da diese in beiden Gruppen in etwa gleich war. Trotzdem sollte der Alkoholkonsum von Menschen mit Hangxiety im Auge behalten werden. Denn: Eher introvertierte und schüchterne Menschen, die nach dem Alkoholkonsum an Angstzuständen leiden, haben ein erhöhtes Risiko, Alkohol zu missbrauchen. Das liegt daran, dass diese Personengruppe häufiger an sozialen Ängsten und Angstzuständen leidet – beides begünstigt Alkoholmissbrauch. Doch warum eigentlich?
Alkohol wirkt als Agonist der Gamma-Aminobuttersäure (GABA) und hemmt außerdem Glutamat-Rezeptoren, wodurch die neuronale Aktivität gesenkt wird. GABA-Rezeptoren sind also aktiver, Glutamat-Rezeptoren inaktiver. Das könnte einen möglichen angstlösenden Effekt haben – nicht umsonst wird Alkohol als flüssiger Mut bezeichnet. Nüchtern wir wieder aus, schlägt die Stimmung um. Der Körper versucht die Effekte vom Alkohol auszugleichen und kompensiert dabei über: GABA-Rezeptoren werden runterreguliert, Glutamat-Rezeptoren hochreguliert. Der Körper befindet sich in einer akuten Entzugssituation und lässt es einen auch spüren. Die Folge: Stress, innere Unruhe und möglicherweise Hangxiety. Besteht dann eine Veranlagung zur Alkoholabhängigkeit oder zu Alkoholmissbrauch, könnte diese befeuert werden – denn das nächste Glas verspricht ja eine (wenn auch nur vorübergehende) Erleichterung.
Nicht jeder, der Ängste und innere Unruhe bei einem Kater empfindet, läuft Gefahr, alkoholabhängig zu werden. Häufen sich jedoch solche Erfahrungen, lohnt sich ein zweiter Blick, denn hier bietet sich eine einfache Präventionsmöglichkeit. Schüchterne und introvertierte Menschen, insbesondere mit sozialen Ängsten, stellen eine Risikogruppe für Alkoholmissbrauch dar. Aufklärungsarbeit könnte diese Gruppe direkt ansprechen und dazu beitragen, dass Betroffene ihren Alkoholkonsum reflektieren und Warnsignale früh erkennen.
Bildquelle: Adam Wilson, unsplash