Die Kardiologie hat bereits gut funktionierende Risiko-Scores. Jetzt zieht die Gastroenterologie nach – mit einem Score für Leberfibrose und Leberkrebs. Lest hier, was ihr dazu wissen müsst.
Leberzirrhose ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit. Allein in Deutschland sind etwa eine Million Menschen von der Erkrankung betroffen. Ursache ist ein chronischer Entzündungsprozess, ausgelöst häufig durch eine Fettleber oder durch Infektionen mit Hepatitisviren. Dadurch sammeln sich Bindegewebszellen an. Schreitet die Leberfibrose fort, vernarbt das Gewebe – eine Zirrhose entsteht und die Leber büßt ihre Funktion ein.
In einer aktuellen in The Lancet veröffentlichten Studie haben Forscher nun einen Index entwickelt, mit dem sich das Risiko für eine Zirrhose und andere schwere Lebererkrankungen vorherbestimmen lässt.
Zwar ist die durch Hepatitisviren verursachte Zirrhose der Leber dank neuer Behandlungsverfahren rückläufig. Aber gleichzeitig nimmt die Häufigkeit von Fettlebererkrankungen infolge von Diabetes, Übergewicht und Alkoholkonsum zu. „Die Zirrhose entwickelt sich schleichend und bleibt zunächst häufig unentdeckt“, warnt Studienautor Prof. Frank Lammert, Vizepräsident der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Zum Zeitpunkt der Diagnose befindet sie sich daher oft in einem fortgeschrittenen Stadium und die Behandlungsmöglichkeiten sind begrenzt.
Es bestehe Bedarf an einfachen, auf klinischen oder Laborparametern basierenden Instrumenten, um Risikopatienten frühzeitig zu identifizieren, betont der Mediziner. Das ermöglicht künftig der neu entwickelte LiverRisk Score. Er errechnet sich aus Alter, Geschlecht und sechs Standardwerten wie Blutzucker, Cholesterin, Anzahl der Blutplättchen und Leberwerten, die in jedem Labor einfach bestimmt werden können. Auch das Risiko für spätere Komplikationen lässt sich mit dem Index abschätzen.
„So können wir vorhersehen, ob ein Mensch an einer Zirrhose erkrankt und schließlich Leberkrebs entwickelt und an der Krankheit stirbt“, sagt Prof. Michael Manns, MHH-Präsident und Co-Autor der Studie. „Mit Hilfe der frühen Berechnung des Risikos können Präventionsmaßnahmen wie Bewegung und gesunde Ernährung dazu beitragen, die Entwicklung der Zirrhose und Krankenhausaufenthalte zu verhindern“, erläutert Lammert weiter.
Für die Entwicklung des LiverRisk Score verwendeten die Forscher Daten von 6.400 Personen, bei denen keine Lebererkrankung bekannt war. Wie viele von ihnen tatsächlich bereits eine Leberfibrose hatten, ergab ein Leberelastographie-Test, mit dem die Steifigkeit der Leber bestimmt werden kann. Der Risikoindex wurde anschließend bei mehr als 8.000 Menschen überprüft und der Vorhersagewert schließlich an einer Kohorte in Großbritannien mit mehr als 416.000 Teilnehmern ohne Lebererkrankung und einer Nachbeobachtungszeit von zwölf Jahren berechnet.
„Die Aussagekraft des LiverRisk Score ist ähnlich wie bei den kardiovaskulären Risikofaktoren, mit denen sich bereits seit vielen Jahren vorhersagen lässt, ob ein Mensch ein Herzinfarktrisiko hat“, betont Manns. Langfristig soll der Risikoindex helfen, die Zahl der Zirrhose-Fälle zu senken. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Betroffenen ist zehn bis 20 Jahre niedriger als die der Gesamtbevölkerung.
Der Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Medizinischen Hochschule Hannover. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Hu Chen, unsplash