Früher musste man weit fliegen, um sich mit dem Dengue-Virus anzustecken. Heute reicht eine Fahrt nach Italien. Ein jüngster Ausbruch am Gardasee zeigt, wie wohl sich das Virus mittlerweile in Europa fühlt.
Lange war eine Infektion mit dem Dengue-Virus eine Reisekrankheit. Immer häufiger infizieren sich aber Menschen, die überhaupt nicht verreist sind. Vor allem in Südeuropa sind die Temperaturen im Sommer mittlerweile so hoch, dass sich das Dengue-Virus auch hier pudelwohl fühlt – genauso wie seine Überträgerin, die asiatische Tigermücke.
Das zeigen auch die Ausbruchszahlen für dieses Jahr. Wie das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) mitteilt, gab es bereits einen Ausbruch in Frankreich in Gardanne mit vier bestätigten Fällen im Juli und einen aktuellen Ausbruch am Gardasee mit fünf bestätigten Infektionen. Zusätzlich gab es einen Fall in Latium, der bisher nicht mit denen am Gardasee in Verbindung gebracht werden konnte. Das Virus scheint also vielerorts unterwegs zu sein.
Oftmals wird eine Infektion nicht erkannt, denn bis zu 80 % der Infektionen verlaufen ohne Symptome. Wenn sie auftreten, sind sie meist unspezifisch und Grippe-ähnlich mit Fieber und starken Gliederschmerzen. Einige Patienten entwickeln aber auch schwerwiegende Krankheitsbilder von hämorrhagischem Fieber bis hin zum Dengue-Schock-Syndrom mit Kreislaufkollaps und multiplem Organversagen.
Eine frühzeitige Diagnose ist häufig schwierig. Wenn die Infizierten zum Arzt gehen, werden sie oft ohne weitere Tests mit einer Grippe diagnostiziert und nach Hause geschickt. So kann die Krankheit über Mücken theoretisch noch länger weiterverbreitet werden. Wenn doch getestet wird, sind die gängigen Tests auf IgM- und IgG-Antikörper meist unspezifisch. Denn das Dengue-Virus hat viele enge Verwandte, wie das West-Nil-Virus, die für ein falsch-positives Ergebnis sorgen können.
Das RKI empfiehlt deshalb, nicht auf Antikörper, sondern auf das Dengue-Virus-spezifische NS-1-Antigen zu testen. Diese Methode führt erheblich seltener zu falsch-positiven Ergebnissen, sodass Infektionen und Ausbrüche schneller erkannt werden können. Und desto schneller man Gegenmaßnahmen wie Fallidentifizierung und rigorose Mückenbekämpfung beginnt, desto besser können Infektionsketten unterbrochen werden – und desto eher kann man verhindern, dass das Virus vom Reisenden zum Einheimischen wird.
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