Ein Hormon rückt ins Blickfeld – GDF15. Als Appetitzügler ist es bereits erforscht. Wie es sich sonst auf die Insulinempfindlichkeit auswirkt, erfahrt ihr hier.
Mehr als 500 Millionen Menschen weltweit leiden an Diabetes. Ungefähr 2,6 Milliarden sind übergewichtig. Daher sind Forscher seit langem bestrebt, die Prozesse, die die Insulinfunktion in unserem Körper beeinflussen, besser zu verstehen, um neue Medikamente und Behandlungsformen entwickeln zu können.
In einer neuen Studie wollten Forscher der Abteilung für Ernährung, Bewegung und Sport (NEXS) der Universität Kopenhagen herausfinden, ob magere Nagetiere von der Gabe des Hormons GDF15 (Growth differentiation factor 15) profitieren und wie GDF15 die Insulinempfindlichkeit bei Nagetieren beeinflusst. Frühere Studien haben nämlich gezeigt, dass das GDF15 fettleibige Nagetiere dazu veranlasst, Gewicht zu verlieren, weil es als Appetitzügler wirkt.
Die Fähigkeit des Hormons, als Appetitzügler zu wirken, wurde auch am Menschen getestet. Da Übelkeit eine Nebenwirkung war, wurden die Ergebnisse weniger positiv gewertet. Übelkeit tritt jedoch auch bei anderen Appetitzüglern auf.
In der aktuellen Studie wollten die Forscher herausfinden, ob magere Nagetiere von der Gabe des Hormons GDF15 profitieren, auch wenn sie nicht abnehmen. Die Experimente zeigten, dass eine niedrige Dosis von GDF15 jeden zweiten Tag, verteilt auf drei Gelegenheiten, die Insulinwirkung verbesserte.
Die Forscher entdeckten, dass GDF15 bei Mäusen und Ratten die Insulinsensitivität verbessert, so dass sie ihren Blutzucker besser regulieren und Energie in ihren Muskeln aufnehmen können. Das Ergebnis wurde in der Fachzeitschrift Cell Metabolism veröffentlicht.
„Da recht hohe Dosen von GDF15 erforderlich sind, um den Appetit zu zügeln, haben unsere mageren Nager mit den niedrigen Dosen, die wir ihnen verabreicht haben, nicht abgenommen. Allerdings verbesserte sich ihre Insulinempfindlichkeit. Es stellte sich heraus, dass vor allem die Leber und das Fettgewebe die Insulinsensitivität erhöhten, und nicht die Muskeln, wie wir erwartet hatten“, sagt Richter.
Eine hohe Insulinsensitivität ist ein guter Gesundheitsindikator, während eine Verminderung die Insulinsekretion in der Bauchspeicheldrüse belastet und unter anderem zum Auftreten von Typ-2-Diabetes führen kann.
Das Stresshormon GDF15 ist unter Wissenschaftlern bekannt, da es in sehr unterschiedlichen physiologischen Zuständen ausgeschüttet wird. So steigt die GDF15-Konzentration beispielsweise bei körperlicher Aktivität, mit zunehmendem Alter und bei übergewichtigen Menschen. Bei schwangeren Frauen ist der Hormonspiegel 100-mal höher als normal. Auch bei Personen mit schweren Krankheiten wie Krebs oder Herzerkrankungen ist ein Konzentrationsanstieg zu beobachten. Je besser die körperliche Fitness eines Menschen ist, desto niedriger ist der GDF15-Spiegel im Blut im Ruhezustand.
Doch GDF15 ist nicht unbedingt ein inverser Biomarker – wie bei anderen physiologischen Zuständen, an denen das Hormon beteiligt ist, wissen die Forscher noch nicht genau, welche Rolle GDF15 spielt: „Das Hormon zeichnet sich dadurch aus, dass es in so vielen verschiedenen Situationen ausgeschüttet wird, ohne dass wir vollständig verstehen warum – und welche Wirkung es hat. Einerseits können wir sehen, dass es die Insulinempfindlichkeit bei Mäusen verbessert, was ein positiver physiologischer Effekt ist. Gleichzeitig ist es aber auch ein Hormon, das bei verschiedenen Arten von Stress vermehrt ausgeschüttet wird. Wie genau das alles zusammenhängt, müssen wir noch genauer untersuchen“, so Erik Richter abschließend.
„Eine erhöhte Insulinsensitivität ist ein wichtiger Indikator für Gesundheit und entscheidend für die Vermeidung von Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dass wir nun eine positive Wirkung von GDF15 bei Nagetieren nachweisen können, eröffnet interessante Perspektiven“, erklärt Prof. Erik Richter, Erstautor der Studie. Ob GDF15 auch die Insulinempfindlichkeit beim Menschen erhöht, muss allerdings noch untersucht werden.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung University of Copenhagen – Faculty of Science. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Etactics Inc, Unsplash