„Na, laserst du auch?“ Diese Frage wird mir als Augenärztin oft gestellt. Mein Eindruck: Da gibt es ein paar Missverständnisse. Denn in der Augenheilkunde lasern wir mehr als ihr offenbar denkt.
Seit einiger Zeit wirbt die refraktive Hornhautchirurgie mithilfe von LASIK, LASEK, SMILE und weiteren Methoden mit dem Lockmittel der Brillenfreiheit. Sobald ich sage, dass ich Augenärztin bin, kommt sodann auch die Frage: „Laserst du auch?“ Die Antwort: Refraktive Hornhautchirurgie führe ich nicht durch, „lasern“ tue ich durchaus. So gut wie jeder Augenarzt „lasert“. Denn in der Augenheilkunde gibt es viel mehr Laser, als allgemein bekannt ist.
Das Wort Laser steht ausgeschrieben für „Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation“ („Lichtverstärkung durch stimulierte Emission von Strahlung“). Es bezeichnet somit gleichzeitig das Gerät und dessen physikalischen Effekt. Durch eine Energiequelle wird ein Lasermedium angeregt, Licht gleicher Wellenlänge gebündelt und parallel abgegeben. Laser finden breite Anwendung in unserem Alltag und in der Medizin.
Ein Rückblick: 1946 wurde erstmals von Prof. Gerhard Meyer-Schwickerath beschrieben, dass eine fortschreitende Netzhautablösung, mittels Vernarbung durch Licht zum Stillstand gebracht werden könne. 1949 führte er die erste erfolgreiche Behandlung einer Netzhautablösung mittels Lichtkoagulation durch. Auf dem Dach der Augenklinik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf bündelte er mit einem selbstgebauten Gerät Sonnenlicht und ließ die Lichtstrahlen über Spiegel in das Auge eines Patienten leiten. 1960 wurde der weltweit erste offizielle Laserstrahl abgegeben. Die Augenheilkunde war das erste medizinische Fach, in dem seit Ende der 1960er Jahre Laser zum Einsatz kamen.
Laser werden in der Augenheilkunde sowohl im diagnostischen als auch im therapeutischen Bereich eingesetzt. Da es eine Vielzahl an Lasern und Anwendungsbereichen in der Augenheilkunde gibt, möchte ich mich auf die häufigsten beschränken. Bei diagnostischen Lasern werden die Eigenschaften des Laserlichts (monochromatisch, kohärent) in einem für das Auge unschädlichen Wellenlängenbereich genutzt.
So wird die Laserbiometrie zur Vermessung des Augapfels angewandt, um Aussagen über die Brechkraft des Auges, die Achsenlänge (Länge des Augapfels von der Hornhaut bis zur Netzhaut), die Vorderkammertiefe (Abstand zwischen Hornhaut und Augenlinse), die Hornhautdicke und den Hornhautkrümmungsradius zu bekommen. Diese Informationen sind besonders vor einem geplanten keratorefraktiven Eingriff oder einer Kataraktoperation notwendig.
Ein weiteres wichtiges Diagnostikum ist die OCT (optische Kohärenztomographie). Die OCT ist ein bildgebendes Verfahren, das es ermöglicht, untersuchtes Gewebe im Mikrometerbereich aufzulösen und dreidimensional darzustellen. Zur Verfügung stehen sowohl eine Vorderabschnitts-OCT, die Untersuchungen im Bereich der Vorderkammer, Hornhaut, Iris und Ziliarmuskel ermöglicht, als auch eine Hinterabschnitts-OCT, die Untersuchungen der Retina, Teilen der Choroidea und der Papille ermöglicht. Die OCT ermöglicht eine kontaktlose, schnelle Untersuchung und wird im Klinikalltag und in Arztpraxen täglich für Untersuchungen verwendet.
Die Hinterabschnitts-OCT wird bei Patienten mit Glaukom zur Erst- und Verlaufsdiagnostik eingesetzt. Bei der feuchten altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) findet sie bei der Beurteilung der Makula zur Indikationsstellung einer intravitrealer Medikamentenapplikation (IVOM) standardmäßigen Einsatz. Und auch im Verlauf oder bei akuten Veränderungen bei einer trockenen AMD, bei einem Makulaödem im Zusammenhang mit einer diabetischen Retinopathie oder bei Astvenen- oder Zentralvenenthrombose des Auges wird eine OCT durchgeführt.
Mittels OCT können auch sehr gut Tumoren oder Naevi des Auges dargestellt werden. Netzhautveränderungen wie eine Retinoschisis und auch das Ausmaß einer Ablatio (Makula off oder on) können genau erfasst werden. Da eine OCT vielerorts zur Verfügung steht – und eine wirklich kurze, kontaktlose und damit schmerzlose sowie sichere Untersuchungsmöglichkeit darstellt, die beinahe histologische Gewebsdarstellungen ermöglicht – findet die Untersuchung breite Anwendung.
Durchgeführt werden kann eine OCT-Untersuchung auch als OCTA (OCT-Angiographie) mit Applikation eines Farbstoffes in die Vene. Eine sogenannte FLA/ICGA (Fluoreszein/Indozyaningrün-Angiographie) ermöglicht anhand des jeweiligen Farbstoffaustrittes, der Lokalisation des Austrittes und der Phase, in der der Farbstoff austritt, Rückschlüsse auf verschiedenste Erkrankungen zu treffen. Auch diese Untersuchung wird von Augenärzten durchgeführt. Weitere Untersuchungsmöglichkeiten stehen mit der HRT-Untersuchung (Heidelberg Retina Tomograph) bei Glaukom zur Verfügung und die SLO (Scanning Laser Ophthalmoskopie) bietet, ähnlich dem OCT, die Möglichkeit, die Netzhaut zu untersuchen.
Beim therapeutischen Laser ist die Energiedichte so hoch, dass der Laser zur Koagulation oder zur Disruption (Gewebezerreißung oder -verdampfung) verwendet werden kann.
Beim augenheilkundlichen Lasern – also der Anwendung eines Lasers im Bereich der refraktiven Lasereingriffe – nutzen wir vor allem den Femtosekundenlaser und den Excimerlaser. Ziel ist es, die Brechkraft der Hornhaut so zu optimieren, dass Lichtstrahlen wie bei einem normalsichtigen Auge auf der Netzhaut gebündelt werden und somit eine bestehende Fehlsichtigkeit korrigiert wird. Dazu wird das Epithel (die äußerste, regenerationsfähige Hornhautschicht) entweder mechanisch (bei PRK, LASEK, und EPI-LASIK) entfernt oder es wird eine oberflächliche Lamelle mit dem Femtosekunden-Laser (Femto-LASIK) präpariert und auf die Seite geklappt (Flap).
Dann wird Gewebe aus dem Hornhautstroma, das sich unterhalb des Epithels befindet und den Hauptanteil der Hornhautdicke ausmacht, im Mikrometerbereich mittels Excimerlaser abgetragen. Bei Vorhandensein eines Flaps wird dieser zurückgeklappt. Bei der SMILE (Small Incision Lenticule Extraction) wird ein kleiner Schnitt und die Entfernung des Stromateiles mittels Femtosekundenlaser durchgeführt.
In Summe stehen also eine Vielzahl an Lasermethoden, die unterschiedliche Vor- und Nachteile mit sich bringen, für die verschiedensten Indikationsstellungen (Myopie, Hyperopie, Astigmatismus) zur Verfügung. Individuelle Voraussetzungen wie das Alter, die Bedürfnisse und die unterschiedlichen Gegebenheiten der Augen (vorhandene Fehlsichtigkeit, Sicca-Beschwerden, Hornhautbeschaffenheit wie zum Beispiel Endothelzellzahl oder vorliegender Keratokonus) und vieles mehr müssen vorab in Untersuchungen evaluiert werden, um zu bestimmen, ob überhaupt und wenn, welches Verfahren für den jeweiligen Patienten geeignet ist.
Eine häufige Laserindikation ist der sogenannte Nachstar. Dabei handelt es sich um eine (meist hintere) Kapselfibrose, die oft einige Monate, oder auch Jahre postoperativ nach Kataraktextraktion mit IOL (Intraokularlinse) Implantation auftritt. Patienten merken subjektiv erneut eine „Eintrübung“ oder eine abnehmende Sehleistung.
Im Rahmen der heutzutage gängigsten Form der Kataraktoperation, wird die körpereigene Linse mittels Ultraschalles zerkleinert und aus dem Kapselsack entfernt (Phakoemulsifikation), danach wird das zerkleinerte Linsenmaterial abgesaugt. Die neue Kunstlinse wird daraufhin in den vorhanden Kapselsack platziert. Da vereinzelt Linsenepithelzellen im Kapselsack verbleiben, können diese bei bis zu einem Drittel der Patienten hinter der eingesetzten Kunstlinse wachsen und dort, sobald sie die optische Sehachse erreichen, subjektive Beschwerden verursachen. Eine Rolle bei der Entstehung eines Nachstars können sowohl Patientenalter als auch ethnische, Material- und chirurgische Einflüsse spielen.
Behandelbar ist der Nachstar mittels 1064 nm Nd-YAG-Laser-Kapsulotomie. Der Nachstar wird mit Nd-YAG-Laser (Neodym-Yttrium-Aluminium-Granat) durch Erzeugen kleiner Löcher eröffnet. Der Eingriff wird ambulant durchgeführt, ist schmerzlos und dauert nur wenige Minuten.
Eine weitere Indikation, bei dem der Nd-YAG zur Anwendung kommt, ist die Laseriridotomie, bei der bei Engwinkelglaukom ein kleines Loch (Löcher) in die Irisperipherie erzeugt wird, um so das Kammerwasser wieder besser zirkulieren zu lassen. Daneben wird der bei der Laser-Vitreolyse zur Behandlung von Glaskörpertrübungen genutzt.
Der zweite Laser, der sehr häufig Verwendung findet, ist der frequenzverdoppelte Nd-YAG Laser, wodurch grünes Licht der Wellenlänge 532nm erzeugt werden kann. Dieser Laser wird bei Glaukomoperationen wie der SLT (selektive Lasertrabekuloplastik) und zur Therapie von Netzhauterkrankungen eingesetzt – beispielsweise bei der proliferativen diabetischen Retinopathie (PDRP), zystoidem diabetischen Makulaödem (CME), bei Gefäßneubildungen bei Zustand nach retinalen Venenverschlüssen (AVV und ZVV) sowie bei Netzhautforamina und der Ablatio retinae.
Weitere Lasereingriffe am Auge umfassen die TTT (transpupilläre Thermotherapie) bei Tumoren und vaskulären Anomalien der Retina und Choroidea und die PDT (photodynamische Therapie) für verschiedene Erkrankungen des hinteren Augenabschnittes. Des Weiteren werden CO2-Laser zur Durchführung von Hautschnitten und Abtragen von Hautschichten in der Lidchirurgie und anderen kosmetischen Eingriffen angewandt.
Zusammenfassend gibt es unzählige Einsatzbereiche für Laser in der Augenheilkunde mit hohem Stellenwert im Bereich der Diagnostik und Therapie. Laser sind aus der Augenheilkunde nicht wegzudenken und werden auch abseits der keratorefraktiven Eingriffe vielfach eingesetzt.
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