Lästige Mikroben, die für Probleme auf der Internationalen Raumstation sorgen und Stammzellen, die sich spontan zum menschlichen Embryo zusammensetzen. Darum geht’s diesmal in den Nerd News.
Nicht nur hier auf der Erde möchte man an manchen Orten die Besiedlung von Mikroben möglichst vermeiden. Biofilme aus Bakterien und Pilzen, die sich auf Equipment an Bord von Raumschiffen und Weltraumstationen breit machen, sind in der Tat ein Problem – so wie auf der Internationalen Raumstation (ISS) bereits geschehen. Verstopfungen in den Schläuchen des Wasserrückgewinnungssystems an Bord waren in der Vergangenheit zeitweise so gravierend, dass die Schläuche zur Reinigung und Erneuerung zur Erde zurückgeschickt werden mussten.
Bei der Untersuchung der Schläuche fand man einen Mix aus Bakterien- und Pilz-Spezies, die im Abwasser und im Boden vorkommen. Vertreter wie Ralstonia pickettii können nosokomiale Infektionen in immunsupprimierten Menschen auslösen und Burkholderia multivorans ist bekannt dafür, dass es die Lungen von Mukoviszidosepatienten befallen kann. Die Biofilme könnten also prinzipiell auch zu Erkrankungen von Astronauten beitragen.
Zwar sind antibakterielle Oberflächen, die z. B. mit Metallen beschichtet sind, schon lange im Einsatz. Doch eine Schicht aus abgestorbenen Keimen kann trotzdem dazu führen, dass sich dort neue Bakterien ansiedeln. Jetzt hat ein Team aus Mikrobiologen und Ingenieuren in Nature Microgravity ein neues Material vorgestellt, das Oberflächen effektiv vor der Besiedlung von Bakterien schützt.
Es besteht aus Silizium, das so geätzt wird, dass nanometerkleine Säulen entstehen. Diese stachelige Oberfläche wird anschließend mit einem Silikonöl durchtränkt, das in die Textur einzieht. Durch die Kapillarwirkung bleibt das Öl an Ort und Stelle, sodass eine glatte und äußerst rutschige Oberfläche entsteht. Mikroben können sich offenbar nur schlecht an diesem Material festklammern – die Bildung eines Biofilms ist damit nahezu unmöglich.
In ersten Experimenten auf der Erde hat das Material sein Können schon unter Beweis gestellt. Und auf der ISS – in Schwerelosigkeit – performte es sogar noch besser: Dazu haben die Forscher Proben von Pseudomonas aeruginosa zur ISS geschickt und inkubierten sie bis zu drei Tage lang auf Testoberflächen von verschiedenen Materialien und Equipments, die sich auf der ISS finden, z. B. von Raumanzügen oder Wasserschläuchen.
Bei den irdischen Proben konnte die neuartige Oberflächenversiegelung die Biofilmbildung um etwa 74 % reduzieren, während die Proben in der Raumstation eine Reduzierung um etwa 86 % zeigten. „Die Ergebnisse waren überraschend“, sagt Pamela Flores, Biochemikerin und Mikrobiologin von der University of Colorado Boulder, die einen Großteil der Tests an den der ISS ausgesetzten Proben durchgeführt hat. Frühere Tests hätten gezeigt, dass die Biofilmbildung im Weltraum tatsächlich stärker ist, als auf der Erde. „Wir haben bei diesen Proben genau das Gegenteil festgestellt“, sagt Flores.
Das antibakterielle Material könnte sich laut der Forscher in Zukunft insbesondere für länger andauernde Raummissionen eignen, wenn es keine Möglichkeit gibt, Gerätschaften oder kranke Astronauten zurück zur Erde zu schicken. Aber auch bei irdischen Problemen könnte die neue Oberflächenversiegelung weiterhelfen: In Krankenhäusern und Arztpraxen ließen sich so medizinische Geräte und Implantate keimfrei halten.
Zur Studie geht’s hier entlang.
Ganz ohne die Verschmelzung von Spermium und Eizelle: Israelische Forscher haben in der Petrischale einen menschlichen Embryo aus Stammzellen entwickelt. Wie das Team um Prof. Jacob Hanna vom Weizmann Institute in Nature berichtet, enthält das Modell fast alle Strukturen, die ein etwa zwei Wochen alter Embryo besitzt.
Das Ausgangsmaterial waren naive Stammzellen, die so umprogrammiert wurden, dass sie sich potentiell in jede Art von Gewebe im Körper verwandeln können. Anschließend haben die Forscher diese pluripotenten Stammzellen mit Hilfe von Chemikalien dazu gebracht, sich in vier Zelltypen zu verwandeln, die in den frühesten Stadien des menschlichen Embryos vorkommen:
Insgesamt 120 dieser Zellen wurden in einem präzisen Verhältnis gemischt – dann hieß es abwarten. Einige dieser Zellen begannen sich spontan zu einer Struktur zusammenzufinden, die einem menschlichen Embryo ähnelt. Insgesamt ließen die Forscher die Embryomodelle sich so lange entwickeln, bis sie mit einem Embryo 14 Tage nach der Befruchtung vergleichbar waren.
Das Interessante an der Methode ist, dass dieser aus Stammzellen gewonnene Embryo alle verschiedenen Zelltypen zu produzieren scheint, die in diesem frühen Entwicklungsstadium Gewebe bilden – ohne dass genetische Veränderungen vorgenommen werden müssen. Das war bei früheren Versuchen stets der Fall.
Die Publikation von Prof. Hanna fügt sich in eine ganze Reihe an Studien ein, die zu dem Thema seit Beginn des Jahres erschienen sind. „Was für ein aufregendes Jahr für den Bereich der menschlichen Embryonen“, meint Stammzellbiologin Magdalena Zernicka-Goetz von der University of Cambridge. „Keines dieser Modelle bildet die natürliche menschliche Entwicklung vollständig ab, aber jedes Modell trägt dazu bei, dass viele Aspekte der menschlichen Entwicklung nun experimentell untersucht werden können.“
Die Forschung zu dem Thema ist nicht nur für Entwicklungsbiologen interessant. Mit der Erschaffung künstlicher Embryonen lässt sich auch ein Blick auf die kritische Phase werfen, in der Schwangerschaften oft scheitern. Das ist aus offensichtlichen Gründen beim Menschen schwierig zu untersuchen. An den Modellen könnte man auch die Auswirkungen von Medikamenten auf die Entwicklung von Embryonen testen. Da Schwangere von klinischen Studien meist ausgeschlossen sind, wissen Ärzte oft nicht, welche Nebenwirkungen einige der gängigsten Medikamente für Schwangere und Babys haben.
Hier geht’s zur Studie.
Bildquelle: Nasa, Unsplash