Es werden zwar weniger Fluorchinolone wie Ciprofloxacin bei Harnwegsinfekten verschrieben, doch E.-coli-Resistenzen nehmen in den USA trotzdem zu. Woran liegt’s?
Trotz eines fast dreifachen Rückgangs der Verschreibungen von Ciprofloxacin zwischen 2015 und 2021 sind die Raten von Ciprofloxacin-resistenten E.-coli-Bakterien, die in der US-Bevölkerung zirkulieren, nicht zurückgegangen. In einer Studie mit Frauen über 50 Jahren aus dem Großraum Seattle, die seit mindestens einem Jahr keine Antibiotika mehr eingenommen hatten, wurde sogar festgestellt, dass die Häufigkeit von Ciprofloxacin-resistenten E. coli, die den Darm besiedeln, zugenommen hat. Etwa 1 von 5 Frauen in der Studie war davon betroffen.
Wissenschaftler der University of Washington School of Medicine, des Kaiser Permanente Washington Health Research Institute und des Seattle Children’s Hospital führten die Studie durch, die in Communications Medicine, einer Zeitschrift des Nature-Portfolios, veröffentlicht wurde. Ihre Ergebnisse stimmen mit theoretischen Modellen überein, die darauf hindeuten, dass sich eine einmal entstandene arzneimittelresistente Form von E. coli weiter ausbreitet, indem sie sich langfristig im Darmmikrobiom des Menschen ansiedelt.
Frauen nach der Menopause sind besonders anfällig für schwere, arzneimittelresistente E.-coli-Infektionen. Einige dieser Infektionen sind mit einem erheblichen Risiko für Krankenhausaufenthalte und Tod durch Sepsis verbunden. Harnwegsinfektionen durch antibiotikaresistente E. coli können schwer zu behandeln sein, selbst mit Cephalosporinen der dritten Generation. Die Resistenz gegen Cephalosporine bei Ciprofloxacin-resistenten E. coli hat zwischen 2015 und 2021 ebenfalls zugenommen.
Mikrobiologie-Labor-Medienplatten zeigen E.-coli-Bakterien, die auf E.-coli-Selektivagar (rosa) und Blutagar (rot) wachsen.
Im Jahr 2015 rieten die CDC, die FDA und die Infectious Disease Society of America vom breiten Einsatz dieser Medikamentenklasse bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen ab, unter anderem wegen der zunehmenden Resistenz. „Es scheint jedoch fraglich zu sein, ob eine Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes die Resistenzraten bei E.-coli-Infektionen wirksam verringern kann“, so die Autoren des Forschungsberichts. „Belege aus Studien wie dieser könnten zu einem Paradigmenwechsel bei der Bekämpfung der zunehmenden Antibiotikaresistenz führen“, so der Mediziner Dr. Evgeni V. Sokurenko, Professor für Mikrobiologie an der University of Washington School of Medicine, der die Studie leitete.
In der Studie untersuchten die Wissenschaftler die positiven Proben der Teilnehmer, um festzustellen, welche antibiotikaresistenten Stämme von E. coli vorhanden waren. Sie stellten fest, dass die Rate eines besonders virulenten Stammes, ST1193, während des Studienzeitraums anstieg. Zusammen mit dem E.-coli-Stamm ST131-H30 sind diese Stämme die Hauptursache für eine weltweite Pandemie multiresistenter Harnwegsinfektionen bei Frauen. Wenn sich ST1193 in den Eingeweiden von mehr Menschen ansiedelt, könnte die Situation zu mehr Harnwegsinfektionen mit diesem virulenteren Stamm führen, unabhängig von der Einschränkung der Verschreibung von Fluorchinolonen. Ein weiterer Stamm mit einer beunruhigenden Zunahme in den Teilnehmerproben war ST69, der bekanntermaßen häufiger Harnwegsinfektionen bei Kindern verursacht.
Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass Wissenschaftler vorrangig nach besseren Möglichkeiten suchen sollten, um die Fähigkeit von arzneimittelresistenten E. coli, den Darm zu besiedeln, zu kontrollieren, bevor sie diese Infektionen verursachen. Als mögliche Strategien nannten sie den Einsatz von probiotischen Bakterien und antibakteriellen Viren (Bakteriophagen). Die Forscher fügten hinzu, dass diese Ansätze Hochrisikopatienten angeboten oder gegen die klinisch relevantesten Stämme eingesetzt werden könnten. Weitere Untersuchungen seien notwendig, um herauszufinden, wie diese Bakterien den menschlichen Darm geschickt besiedeln und wie man sie am effektivsten bekämpfen kann, um antibiotikaresistente Infektionen zu reduzieren.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der University of Washington School of Medicine. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
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