Wer selbst impfkritisch ist, der impft auch seine Haustiere nicht. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Studie. Was heißt das für die Tiergesundheit – und sind Tierärzte in Gefahr?
Das Vertrauen der Öffentlichkeit in Impfstoffe für Erwachsene und Kinder ist während der Corona-Pandemie gesunken, was vor allem auf falsche Vorstellungen und Misstrauen in die Sicherheit und Wirksamkeit der COVID-19-Impfstoffe zurückzuführen ist. Eine aktuelle Studie legt nun nahe, dass sich dieses Zögern gegenüber COVID-Impfstoffen auch auf die Impfung von Haustieren erstreckt – und zwar in besorgniserregendem Ausmaß.
Die in der Fachzeitschrift Vaccine veröffentlichte Studie untersuchte eine repräsentative Stichprobe von Erwachsenen in den Vereinigten Staaten und stellte fest, dass mehr als die Hälfte der Hundehalter ein gewisses Maß an Zögern bei der Impfung von Haustieren gegen Tollwut und andere Krankheiten äußerten. Schätzungsweise 45 Prozent der US-Haushalte besitzen einen Hund. Den Umfrageergebnissen zufolge glauben fast 40 Prozent der Hundebesitzer, dass Hundeimpfstoffe unsicher sind, mehr als 20 Prozent halten diese Impfstoffe für unwirksam und 30 Prozent halten sie für medizinisch unnötig.
Etwa 37 Prozent der Hundebesitzer glauben auch, dass Impfungen bei ihren Hunden Autismus auslösen könnte, obwohl es keine wissenschaftlichen Daten gibt, die dieses Risiko für Tiere oder Menschen bestätigen.
Die Studienergebnisse deuten auf einen COVID-Impfstoff-Spillover-Effekt in den USA hin. Menschen, die eine negative Einstellung zu Humanimpfstoffen haben, sind mit größerer Wahrscheinlichkeit auch gegenüber der Impfung ihrer Haustiere negativ eingestellt. Diese Hundebesitzer sind auch eher gegen Maßnahmen, die eine allgemeine Tollwutimpfung fördern und bemühen sich seltener, ihre Haustiere impfen zu lassen.
Diese Einstellungen stehen im Gegensatz zu den meisten bundesstaatlichen Regelungen in den USA, wo fast alle Bundesstaaten eine Tollwutimpfung für Haushunde vorschreiben. Die Krankheit stellt nach wie vor eine potenzielle Gesundheitsbedrohung dar, denn die Sterblichkeitsrate liegt bei fast 100 Prozent. Jedes Jahr sterben weltweit mehr als 59.000 Menschen an der von Hunden übertragenen Tollwut.
Wenn also die Angst vor Impfungen von Haustieren anhält oder zunimmt, könnte diese Skepsis ernsthafte Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit haben – sowohl für Tiere als auch für Menschen.
„Die von uns dokumentierten Impfstoff-Spillover-Effekte unterstreichen, wie wichtig es ist, das Vertrauen in die Sicherheit und Wirksamkeit von Humanimpfstoffen wiederherzustellen“, sagt Studienleiter und korrespondierender Autor Dr. Matt Motta, Assistenzprofessor für Gesundheitsrecht, -politik und -management an der BUSPH. „Wenn die Nichtimpfung häufiger wird, riskieren unsere Haustiere, Tierärzte und sogar unsere Freunde und Familienmitglieder, mit durch Impfung vermeidbaren Krankheiten in Kontakt zu kommen.“
Die American Animal Hospital Association bezeichnet Impfungen als „Eckpfeiler der vorbeugenden Gesundheitsfürsorge für Hunde“ und empfiehlt, dass alle Hunde (außer aus besonderen medizinischen Gründen) eine Grundimpfung gegen Tollwut, Staupe, Adenovirus, Parvovirus und Parainfluenza erhalten.
Die Arbeit mit Tieren, deren Tollwutimpfung nicht auf dem neuesten Stand ist, stellt auch ein erhöhtes Risiko für Tierärzte und alle Tierpfleger in einer Klinik dar, sagt Studienautorin Dr. Gabriella Motta, Tierärztin im Glenolden Veterinary Hospital in Glenolden. Sie sagt, dass sie in ihrem Beruf jeden Tag mit einem ungeimpften Tier oder einem impfunwilligen Tierhalter zu tun hat.
„Wenn ein Mitarbeiter von einem Tier gebissen wird, besteht immer die Gefahr einer Infektion oder eines Traumas, aber der Ernst der Lage verschärft sich, wenn das Tier ungeimpft ist oder die Tollwutimpfung überfällig ist“, sagt Motta. Gemäß den Richtlinien des Landwirtschaftsministeriums von Pennsylvania muss ein Tierarzt, der von einem nicht oder nicht ausreichend geimpften Tier gebissen wird, das Tier eine Zeit lang beobachten und der Mitarbeiter wird aufgefordert, sich sofort in ärztliche Behandlung zu begeben. Diese Situationen stellen eine psychische Belastung für die gebissene Person wie auch für das übrige tierärztliche Personal dar, und das in einer Branche, die ohnehin schon mit Burnout, Unterbesetzung und Fluktuation zu kämpfen hat, sagt sie.
Motta betont zudem, dass der Tollwutimpfstoff in hohem Maße sicher und wirksam ist. „Bei jedem Medikament, jeder Behandlung und jedem Impfstoff besteht das Risiko unerwünschter Wirkungen, aber bei der Tollwutimpfung ist das Risiko sehr gering – vor allem im Vergleich zum Risiko einer Tollwutinfektion, die fast zu 100 Prozent tödlich verläuft.“ Tierhalter, die sich über die Kosten von Impfstoffen für Haustiere Sorgen machen, können in den örtlichen Tierarztpraxen nach kostengünstigen Optionen suchen, fügt sie hinzu.
Die Forscher glauben nicht, dass das Zögern bei der Impfung von Hunden so weit verbreitet ist, dass es eine aktuelle Bedrohung für die öffentliche Gesundheit in den USA darstellt. Aber das könnte sich ändern, wenn Fehlinformationen über Impfstoffe und Misstrauen gegenüber Tier- und Humanimpfstoffen nicht durch fundierte, wissenschaftliche Daten ausgeräumt werden.
„Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass es einst undenkbar schien, dass die MMR-Impfung in öffentlichen Schulen von den Gesetzgebern der Bundesstaaten im ganzen Land in Frage gestellt werden könnte“, sagt Motta. „Und doch deuten frühere und laufende Untersuchungen darauf hin, dass dies tatsächlich der Fall ist.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Boston University School of Public Health. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Jamie Street, unsplash