Mit Lorundrostat steht womöglich bald eine neue Medikamentenklasse zur Behandlung von Hypertonie zur Verfügung. Was macht der Wirkstoff anders?
Für die Behandlung des resistenten arteriellen Hypertonus wird eine völlig neue Medikamentenklasse erprobt: Die Aldosteronsynthase-Inhibitoren, die ein Schlüsselenzym in der Aldosteronsynthese blockieren. Die Ergebnisse der Phase-II-Studie des Vertreters Lorundrostat wurden kürzlich im US-amerikanischen Ärzteblatt publiziert.
Die Studienautoren geben an, dass die Mehrheit der in den USA lebenden Hypertonikern mit den Werten nicht im Zielbereich liege. Erhöhte Aldosteronspiegel spielen bei diesen Patienten eine Schlüsselrolle und werden häufig durch Übergewicht und andere assoziierte Erkrankungen wie das obstuktive Schlafapnoesyndrom (OSAS) und ein metabolisches Syndrom hervorgerufen. Grund dafür ist laut den Studienautoren eine Anomalie in der Adipokinproduktion. Werden die Zielwerte unter einer Blutdrucktherapie mit ACE-Hemmern/AT1 Blockern, Diuretika und Calciumantagonisten nicht erreicht, kommen Mineralokortikoidrezeptorantagonisten (MRAs) zum Einsatz. Die Studienautoren sehen diese jedoch durch ihre antiandrogenen und progestogenen Nebenwirkungen limitiert, insbesondere bei Spironolacton.
Darüber hinaus könnte der Aldosteronspiegel infolge der Rezeptorblockade sogar ansteigen, was die nicht-genomischen Wirkungen von Aldosteron verstärke und zu einer übermäßigen Aktivierung des Sympathikus, einer gestörten Glukosehomöostase und negativen Auswirkungen auf die Gefäßsteifigkeit führen könne. Die Aldosteronsynthase-Inhibitoren wurden konzipiert, um den negativen Effekten von Aldosteron entgegenzuwirken ohne diese Nebenwirkungen in Kauf nehmen zu müssen.
In der Target-HTN-Studie wurden die Sicherheit und Wirksamkeit von Lorundrostat bei Patienten mit unkontrolliertem Hypertonus in fünf verschiedenen Dosierungen untersucht. Ein besonderes Augenmerk lag auf Patienten mit Adipositas. Zudem wurde untersucht, ob die Effekte auf den Blutdruck bei erniedrigten Reninspiegeln größer waren als bei normalen Reninspiegeln. In die Studie wurden Patienten eingeschlossen, die über 18 Jahre alt waren, einen systolischen Blutdruck von 130 mmHg oder höher hatten und seit mindestens vier Wochen zwei oder mehr blutdrucksenkende Medikamente einnahmen. Die erste Kohorte umfasste 163 Patienten mit erniedrigten Renin- und erhöhten Aldosteronspiegeln, während die Reninspiegel in der zweiten Kohorte normwertig waren. Die zweite Kohorte umfasste lediglich 37 Patienten. Die Probanden wurden in beiden Kohorten in sechs Gruppen unterteilt. In der Kohorte mit den erniedrigten Reninspiegeln erhielten fünf Gruppen Lorundrostat in den Dosierungen 12,5 mg, 50 mg oder 100 mg einmal täglich oder 12,5 mg bzw. 25 mg zweimal täglich. Die Teilnehmer der zweiten Kohorte wurden ebenfalls in sechs Gruppen unterteilt, von denen eine ein Placebo und die anderen fünf Gruppen Lorundrostat 100 mg einmal täglich erhielten.
Ausgeschlossen waren unter anderem Patienten mit Diabetes Typ 1 oder entgleistem Diabetes Typ 2 (HbA1c über 9 %), sowie Menschen mit einer GFR unter 60 ml/min/1,73 m2, Hyperkaliämie oder Hyponatriämie sowie entgleisten Blutdrücken (> 175 mmHg systolisch oder 100 mmHg diastolisch).
Der Beobachtungszeitraum betrug acht Wochen. Zu Beginn und am Ende der Studie wurden 24-Stunden-Blutdruckmessungen durchgeführt. Zudem nahmen die Probanden wöchentlich selbst automatisierte oszillometrische Blutdruckmessungen (AOBP) vor, wobei in die Studie der Durchschnitt der zwei letzten von jeweils fünf Messungen einging, die die Studienteilnehmer in Eigenregie nach fünf Minuten Ruhe im Sitzen durchführten.
Primärer Endpunkt war eine Senkung des systolischen Blutdrucks. Sekundäre Endpunkte waren Veränderungen des diastolischen Blutdruckes, der 24-Stunden-Blutdruckmessung und der Anteil der Teilnehmer, die in Woche sieben oder acht einen AOBP von weniger als 130/80 mmHg erreichten.
Lorundrostat erzielte in beiden Gruppen eine deutliche blutdrucksenkende Wirkung. Lorundrostat senkte in der Kohorte mit niedrigen Reninwerten den systolischen Blutdruck in der Dosierung von 50 mg und 100 mg einmal täglich über acht Wochen um 13,7 mmHg und 11,9 mmHg gegenüber 4,1 mmHg in der Placebo-Gruppe. Zweimal 12,5 mg und zweimal 25 mg senkten den systolischen Blutdruck um 10 bzw. 13,8 mmHg. In der Kohorte mit normalen Reninwerten senkte Lorundrostat in der Dosis von 100 mg einmal täglich den systolischen Blutdruck um 11,4 mmHg.
Insgesamt profitierten vor allem Menschen mit einem BMI über 30 von der Therapie (–16,7 mmHg für 50 mg und –12,3 mmHg bei 100 mg). Bei Menschen mit einem BMI zwischen 25 und 30 fiel die Blutdrucksenkung deutlich geringer aus (–2,2 mmHg für 50 mg und –4,5 mmHg für 100 mg). Auch bei Versuchspersonen die Thiaziddiuretika einnahmen (AOBP –12,9 mmHg bei 50 mg, –10 mmHg bei 100 mg) waren die Effekte besonders groß.
Was den sekundären Endpunkt der diastolischen Blutdrucksenkung anging, so senkte nur eine Dosierung von 50 mg den Blutdruck statistisch signifikant um 5,5 mmHg. Verglich man die mittleren Blutdruckwerte in der 24-Stundenmessung aus der ersten Erhebung am Anfang der Studie mit der 24-Stundenmessung nach acht Wochen, ergaben sich für Kohorte 1 mit dem erniedrigten Reninwert Veränderungen von –0,8 (2,1) mmHg in der Plazebogruppe, –8,7 mmHg bei 25 mg zweimal täglich, nur –1,8 (3,0) mmHg bei 50 mg einmal täglich und –8,9 mmHg bei der Einnahme von 100 mg einmal täglich. 25 mg zweimal täglich senkten den Blutdruck also effektiver als 50 mg oder ebenso effektiv wie 100 mg einmal täglich. Auffällig war, dass die Dosierung von 50 mg einmal täglich zu einer nur sehr geringen durchschnittlichen Senkung der 24-Stunden-Blutdruckwerte führte. Die Studienautoren geben selbst an, dass sinnvollerweise eine 24-Stunden-Blutdruckmessung vor dem Einschluss in die Studiengruppen hätte erfolgen sollen. Das „Versagen“ der 50-mg-Dosierung in Bezug auf die Reduktion der Blutdrücke in der 24-Stunden-Messung führen sie auf einen überproportionalen Anteil an Weißkittelhypertonikern in der Testgruppe zurück, was jedoch zu beweisen bliebe. Der Anteil der Teilnehmer mit einem Blutdruck von weniger als 130/80 mmHg am Ende der Studie unterschied sich statistisch gesehen nicht zwischen den Behandlungsgruppen und Placebo.
Bezüglich der Nebenwirkungen zeigte sich bei allen Behandelten eine Abnahme der eGFR von bis zu 7,95 ml/min (Kohorte 2, Dosierung 100 mg/d). Die Studienautoren diskutieren jedoch, dass dies zu Gunsten niedriger Filtrationsdrücke der Fall sein könnte. Ein Proband erlitt eine Hyponatriämie, bei dreien trat eine Hypotension auf, bei sechs Probanden ein Kalium von über 6 mmol/l.
Lorundrostat senkte den Blutdruck am effektivsten in einer Dosierung von 25 mg zweimal täglich. Besonders profitierten Patienten mit einem BMI > 30 und solche, die bereits ein Thiaziddiuretikum einnahmen. Die Nebenwirkungen umfassten Elektrolytentgleisungen sowie Hypotonie. Zudem kam es zu einem Rückgang der eGFR. Die Wirkung auf den 24-Stunden-Blutdruck war uneinheitlich und weniger deutlich als die Wirkung auf die automatischen oszillometrischen Blutdruckmessungen. Eine diastolische Blutdrucksenkung wurde nur für eine der getesteten Dosierungen erzielt und bleibt deshalb infrage zu stellen.
Zudem unterschied sich die Wirkung von Lorundrostat in einer Dosierung von 100 mg nicht zwischen solchen Patienten mit einem Plasmareninspiegel >1 mg/ml/h und solchen mit einem supprimierten Plasmareninspiegel (jeweils –11 mmHg). Das erstaunt insofern, als die Hypothese war, dass Menschen mit erhöhtem Aldosteronspiegel und konsekutiv erniedrigten Reninspiegeln besonders von der Medikation profitieren würden. Insgesamt wurden nur 200 Menschen untersucht. Durch die Einteilung in zwei Kohorten und die Erprobung fünf verschiedener Dosierungen/Dosierschemata fielen die Gruppen klein aus. Eine größer angelegte Phase-III-Studie ist geplant, um die Wirksamkeit und Sicherheit von Lorundrostat weiter zu erforschen. Die Ergebnisse bleiben abzuwarten.
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