Brustschmerzen bleiben häufig trotz Katheteruntersuchung ungeklärt. Für viele Patienten bedeutet das eine Ärzte-Odyssee bis zur Diagnose – und bei vielen sind unterschätzte Erkrankungen der Mikrogefäße die Ursache.
Erkrankungen des Herzens, die durch eine verminderte Blutzufuhr und den dadurch entstehenden Sauerstoff- und Nährstoffmangel verursacht werden, sind die mit Abstand häufigste Herzerkrankung. Der Herzinfarkt ist darunter die fatalste Erscheinung mit all seinen schwerwiegenden Folgen. Diesem Ereignis geht allerdings oft jahrzehntelang unbemerkt die koronare Herzkrankheit (KHK) voraus.
„Besonders wichtig ist deshalb, dass jeder seine persönlichen Gesundheitswerte wie LDL-Cholesterin, Blutzucker und Blutdruck kennen sollte, um sein individuelles Herzinfarkt-Risiko zu verringern“, sagt Prof. Thomas Voigtländer. „Ebenso wichtig ist, die Anzeichen einer Erkrankung der Herzkranzgefäße, die sich bereits lange vor dem Infarkt unter körperlicher Belastung mit Symptomen wie Atemnot, Brustenge und Brustschmerzen bemerkbar machen können, gut zu kennen.“
Ursache für Brustschmerzen sind nicht selten trotz Katheteruntersuchung ungeklärt. Nach Expertenschätzungen liegen bei 50 Prozent der Patienten mit Verdacht auf KHK und Angina-Pectoris-Symptomen, die eine Herzkatheteruntersuchung erhalten, allerdings nicht die typischen Verengungen der Herzkranzgefäße vor, sondern andere Ursachen. Zunehmend rücken hierbei Engstellen der ganz kleinen Herzgefäße in den Fokus, die durch eine Fehlfunktion zu Herzschmerzen und einer deutlich eingeschränkten Belastbarkeit der Patienten führen.
Eine solche koronare mikrovaskuläre Dysfunktion (CMD) oder mikrovaskuläre Angina ist durch eine eingeschränkte Dehnbarkeit oder eine verstärkte Koronarspasmen der kleinen und kleinsten Herzgefäße gekennzeichnet. „Betroffene mit Symptomen der mikrovaskulären Angina wie Brustschmerzen, Brustenge und Atemnot schon bei geringer körperlicher Belastung unterliegen einem hohen Leidensdruck. Häufig wird aufgrund des fehlenden Befunds in den großen Herzkranzgefäßen auch auf eine psychische Erklärung ausgewichen“, berichtet Voigtländer. Er betont: „Besonders wichtig ist daher eine weitergehende Diagnostik, damit die eigentliche Ursache – nämlich eine mögliche Fehlfunktion der kleinen und kleinsten Herzkranzgefäße gefunden wird.“
„Wie bei der KHK, liegen den Erkrankungen der Mikrogefäße des Herzens Risiken wie Bluthochdruck, hohes LDL-Cholesterin, Diabetes oder genetische Faktoren zugrunde, die eine entsprechende Behandlung mit Medikamenten und Veränderungen des Lebensstils erfordern.“ Frauen sind aufgrund hormoneller Unterschiede und der unterschiedlichen Herzanatomie (im Schnitt kleineres Herz, kleinere Gefäße) häufiger von mikrovaskulärer Angina betroffen als Männer.
Bis es mit Hilfe bildgebender Verfahren (Herz-Ultraschall, MRT oder Positronenemissionstomographie) zur Diagnose einer mikrovaskulären Angina kommt, haben Betroffene häufig eine Odyssee durch eine Vielzahl an (Fach-)Arztpraxen hinter sich. Entsprechend hoch ist der Leidensdruck, weil die Belastbarkeit im Alltag aufgrund der immer wieder auftretenden Beschwerden Atemnot und Brustschmerzen eingeschränkt ist.
Denn diese kleinen und kleinsten feinverzweigten Blutgefäße im Herzmuskel regeln 80 bis 90 Prozent der Durchblutung und sind damit die Hauptversorger des Herzens mit Sauerstoff und Nährstoffen. Doch noch liege – auch in der Diagnostik – der Blick vor allem auf den großen Herzgefäßen, die jedoch nur wie große Leitungsrohre das Blut zur eigentlichen Verteilerstelle lieferten. „Gerade bei Patienten, die über zwei bis drei Jahre über anhaltende Beschwerden im Brustkorb klagen, aber keine Diagnose vorliegt, sollte man deshalb unbedingt auch an eine mikrovaskuläre Angina denken und dazu die vorhandenen modernen Untersuchungsverfahren einsetzen“, betont Prof. Peter Ong.
Nach aktueller Studienlage ist laut Ong das Risiko für schwere Ereignisse wie Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall durch eine mikrovaskuläre Angina zwar geringer als bei Patienten, die eine KHK mit Stenosen der großen Herzgefäße haben. Dennoch bestehe ein nicht zu unterschätzendes Risiko für diese Ereignisse. Eine medikamentöse Behandlung senkt dieses Risiko und verbessert vor allem die Lebensqualität deutlich. Oft lindere bereits die medikamentöse Therapie von Bluthochdruck, Diabetes und hohem LDL-Cholesterin die Beschwerden. Individuell kommen für die Betroffenen darüber hinaus – je nach Ursache der mikrovaskulären Angina – weitere Medikamente in Frage. Patienten mit Koronarspasmen profitieren zum Beispiel häufig von Kalziumantagonisten und Nitratpräparaten, bei akuten Beschwerden vor allem von einem Nitrospray. Patienten mit einer eingeschränkten Erweiterungsfähigkeit der Gefäße profitieren wiederum sehr häufig von Betablockern.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Herzstiftung/Deutsche Stiftung für Herzforschung.
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