Darm und Lunge stehen mithilfe ihres Mikrobioms in ständiger Kommunikation miteinander. Über die Blutbahn wandern Fragmente und Metaboliten von Bakterien sowie aktivierte Immunzellen vom Darm zur Lunge und umgekehrt. Insbesondere kurzkettige Fettsäuren, die hauptsächlich von Darmbakterien hergestellt werden, haben ein hemmende Wirkung auf akute und chronische Entzündungsprozesse in der Lunge, wie sie bei COPD und Asthma zu finden sind.1
So zeigen zum Beispiel Kinder mit einem Darmmikrobiom, welches reichlich kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat und Propionat produziert, ein deutlich geringeres Asthmarisiko1, während eine unausgeglichene Darmflora (Dysbiose) das Risiko einer Asthmaerkrankung eher erhöht2.
Eine Dysbiose der Darmbakterien lässt sich ebenfalls häufig bei COPD-Patient*innen beobachten. Sie kann eine Störung der Darmbarriere begünstigen, was wiederum die Kommunikation auf der Darm-Lungen-Achse beeinträchtigt.3
In einer aktuellen Studie wurde das Darmmikrobiom im Zusammenhang mit durch Zigarettenrauch-induzierter COPD anhand eines Mausmodells genauer betrachtet. 4 Es konnte mithilfe der Gabe verschiedener Antibiotika gezeigt werden, dass die Zusammensetzung der Darmmikrobiota die durch Zigarettenrauch ausgelöste COPD erheblich beeinflusste. Insbesondere das Bakterium Parabacteroides goldsteinii konnte in der Versuchsreihe isoliert werden.4
Das aus P. goldsteinii gewonnene Lipopolysaccharid ist entzündungshemmend und lindert COPD erheblich, indem es als Antagonist des Toll-like-Rezeptor-4-Signalwegs wirkt. Mithilfe weiterer Studien, die auf diesen Ergebnissen aufbauen, könnten in Zukunft spezielle Bakterienstämme gezielt entwickelt und zur COPD-Prävention und Behandlung eingesetzt werden.4
Voraussetzung für den entzündungshemmenden Effekt in der Lunge ist also ein vielfältiges Darmmikrobiom. Doch was trägt zur Entwicklung einer gesunden Darmflora bei? Eine frühe Exposition im Kindesalter mit zahlreichen Umweltmikrobiota, die unter anderem für die Besiedlung des Magen-Darm-Trakts und der Atemwege erforderlich sind, ist essentiell für die Induktion eines ausgeglichenen Immunsystems.2 Wichtige Determinanten der mikrobiotischen Zusammensetzung des Darms bei Säuglingen sind unter anderem die Art der Entbindung – wobei eine vaginale Geburt sich vorteilhafter auswirkt als ein Kaiserschnitt – der Einsatz von Antibiotika sowie die Art der Säuglingsernährung.5 So trägt zum Beispiel Stillen wesentlich zur gastrointestinalen Kolonisierung bei Kindern bei und kann das Risiko einer Asthmaerkrankung senken.6
Auch im weiteren Leben haben Patient*innen die Möglichkeit, den Verlauf ihrer Atemwegserkrankungen selbst positiv zu beeinflussen. Denn eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung hat einen direkten Einfluss auf ein gesundes Darmmikrobiom.7 Für Asthma- und COPD-Patient*innen ist die richtige Nahrungsauswahl somit ein wichtiger Faktor, von dem sie sehr profitieren können.
Zwar sind noch weitere Studien notwendig, um die optimale Konstellation von Darmbakerien für entzündliche Atemwegserkrankungen zu erforschen. Jedoch können Betroffene bereits ohne dieses Wissen – und zwar mithilfe einer guten Pflege ihrer Darmflora – einen positiven Einfluss auf den Verlauf ihrer Atemwegserkrankung nehmen.
Referenzen:
Bildquelle: iStock.com/mi-viri