Auch Väter können eine Wochenbettdepression entwickeln. Das Problem: Mann geht nicht zum Arzt. Wie kann man sie trotzdem erreichen?
Rund 15 % der Mütter leiden nach der Geburt an einer Wochenbettdepression. Aber wie geht’s eigentlich den frischgebackenen Vätern? Mittlerweile wissen Forscher, dass auch Männer von postpartaler Depression betroffen sein können – in früheren Untersuchungen lag die Zahl der depressiven Väter nach der Geburt zwischen 8 und 13 %. In einer aktuellen Studie schlagen Wissenschaftler deshalb vor, auch Männer routinemäßig auf eine Wochenbettdepression zu screenen. Die Arbeit ist in BMC Pregnancy and Childbirth erschienen.
In der Studie befragte das Team um Dr. Sam Wainwright 24 Väter auf der Entbindungsstation einer US-Klinik. Dabei benutzten die Wissenschaftler den gleichen Fragebogen, der normalerweise für die Diagnose der postpartalen Depression bei Müttern herangezogen wird (Edinburgh Postnatal Depression Scale, EPDS). Bemerkenswert war, dass die Männer sich selbst als wenig gestresst bezeichneten und über keine bereits bestehenden psychischen Beschwerden berichteten. Die Auswertung des Fragebogens ergab jedoch, dass 30 % der Teilnehmer die Kriterien für die Diagnose Wochenbettdepression erfüllte.
Der Hauptautor der Studie Wainwright vermutet, dass die Rate in dieser Studie höher war als in früheren Studien, weil fast 90 % der Befragten einer ethnischen Gruppe angehörten, die mit strukturellem Rassismus und sozialen Faktoren konfrontiert ist, die die psychische Gesundheit verschlechtern können. Hinzu kommt, dass rund ein Viertel der Teilnehmer nicht krankenversichert war – was in den USA vor allem auf einkommensschwache Personen zutrifft. Geldsorgen wiederum könnten das Risiko einer Wochenbettdepression erhöhen.
„Viele Väter sind gestresst. Sie sind verängstigt. Sie kämpfen mit dem Spagat zwischen Arbeit und elterlichen und partnerschaftlichen Pflichten“, erklärt er. „Männern geht es oft nicht gut, aber niemand fragt sie danach.“ Die Studienergebnisse scheinen das zu bestätigen, immerhin berichteten nur wenige Väter davon, gestresst zu sein – die Auswertung des Fragebogens zeichnete aber ein anderes Bild.
Den Anstoß zum Forschungsprojekt gab laut Wainwright die Tatsache, dass er auf Geburtsstationen oft Kommentare von Vätern hört wie: „Ich bin wirklich gestresst, aber ich möchte nicht, dass meine Partnerin das erfährt, denn ich bin hier, um sie zu unterstützen.“ Da sich Männer generell seltener mit psychischen Problemen an einen Arzt wenden, könnte die Entbindungsstation der richtige Ort sein, um Väter abzuholen. Das könnte sich wiederum positiv auf die psychische Gesundheit der Mutter auswirken. „Eine Frau, die ein Risiko für eine postpartale Depression hat, erkrankt viel eher an einer postpartalen Depression, wenn sie einen depressiven Partner hat“, so Wainwright. Der Mediziner hat es sich jetzt zur Aufgabe gemacht, herauszufinden, wie man frischgebackenen, depressiven Vätern am besten helfen kann.
Quellen:
Wainwright et al.: Screening fathers for postpartum depression in a maternal-child health clinic: a program evaluation in a midwest urban academic medical center. BMC Pregnancy Childbirth, 2023. doi: 10.1186/s12884-023-05966-y.
Paulson et al.: Prenatal and Postpartum Depression in Fathers and Its Association With Maternal Depression. A Meta-analysis. JAMA, 2010 doi: 10.1001/jama.2010.605.
Bildquelle: Nik Shuliahin, unsplash