Schutzkleidung, die sich selbst reinigt: Was nach Tagträumereien von Ärzten und Pflegern klingt, könnte bald Wirklichkeit werden.
Menschen, die mit kranken Menschen oder gar Krankheitserregern direkt arbeiten, sind immer einem Risiko ausgesetzt, sich selbst zu infizieren. Um das zu verhindern, gibt es persönliche Schutzausrüstung (PSA) wie Handschuhe, Gesichtsmaske und Kittel. Diese Artikel werden in den meisten Fällen nach einmaliger Nutzung entsorgt, weil sie dann möglicherweise kontaminiert sind und eine Dekontamination das Material zu sehr schädigen würde.
Spätestens seit der Corona-Pandemie ist klar, dass dieses System Schwächen aufweist. Steigt der Bedarf, kommt es schnell zu Lieferengpässen, ebenso wenn die Lieferketten unterbrochen werden. Während der Pandemie hörte man vermehrt von Krankenhauspersonal, das ihre Einweg-PSA wiederverwendeten, weil nicht genug geliefert werden konnte.
Daneben sorgt die Einmalverwendung für enorme Mengen an Plastikmüll. Werden die PSA-Artikel nicht fachgerecht entsorgt und sterilisiert, gelangen etwaige Kontaminationen schnell ins Abwasser und die Umwelt.
Die aktuelle Vorgehensweise ist also durchaus verbesserungswürdig. Idealerweise bestünde die PSA aus wiederverwendbarem, sich selbst dekontaminierendem Material. Das mag im ersten Moment nach Wunschdenken klingen – doch genau das hat ein Forscherteam nun entwickelt.
Das Team um Marquise Bell hat einen Handschuh designt, der sich selbst und Oberflächen, die er berührt, dekontaminiert. Denn die Außenseite des Handschuhs kann sich innerhalb von wenigen Sekunden auf über 100°C hochheizen – genug, um die allermeisten Viren abzutöten.
Damit sich der Träger dabei nicht verbrennt, wurde der Handschuh gut isoliert, sodass es im Inneren niemals warmer als 36°C wird. Die Isolationsschicht ist überraschend dünn und flexibel, sodass man alle natürlichen Handbewegungen ausführen kann. Es wurde Material verwendet, welches auch in Raumanzügen Einsatz findet.
Credit: DocCheck, erstellt mit BioRender.com
Insgesamt besteht der Handschuh aus nur vier Schichten: Die innerste Schicht bietet eine thermische Isolation, um den Träger von den hohen Temperaturen zu schützen. Darauf folgt eine Verbindungsschicht, auf der ein leitfähiges Textil in einer Spule angebracht ist. Zuletzt gibt es eine Isolationsschicht, die verhindert, dass der Strom nach außen weitergeleitet wird und es zu Stromschlägen kommt.
„Das Beste ist, dass man den Handschuh nicht einmal ausziehen muss, um ihn zu reinigen“, sagt Bell. „Das Material dekontaminiert sich innerhalb von Sekunden, sodass man direkt weiterarbeiten kann.“
Der vorgestellte Handschuh ist ein Prototyp. Er hat gezeigt, dass das Konzept machbar, praktisch und sicher ist. Als nächstes ist geplant, die Dekontaminierungsfläche auszuweiten. Aktuell beschränkt sie sich auf die Finger, aber das Forschungsteam möchte sie nun auf die ganze Handfläche, sowie weitere PSA-Artikel wie Masken und Kittel ausweiten.
Das Ziel ist eine komplette PSA aus diesem wiederverwendbaren, sich selbst dekontaminierenden Material zu produzieren. Die Hoffnung von Bell ist, dass „diese Arbeit den Weg zu einem systemischen Wandel weg von Einweg-PSA ebnet“.
Bildquelle: Diana Polekhina, Unsplash