Eine bekannte Nebenwirkung von Methotrexat ist die Phototoxizität – die im schlimmsten Fall zum Tod führt. Warum wissen trotzdem viele Patienten nicht Bescheid?
Dass Methotrexat (MTX) eine phototoxische Wirkung haben kann, ist nicht neu. Trotzdem hat die britische Arzneimittelbehörde (MHRA) kürzlich wieder einmal auf die Gefahren hingewiesen. Ein Gerichtsmediziner hatte den Tod eines Menschen gemeldet, der an einer Sekundärinfektion einer Lichtempfindlichkeitsreaktion aufgrund der Einnahme von MTX verstorben war. Dieser Vorfall sollte zum Anlass genommen werden, dass alle Angehörigen der Gesundheitsberufe, die mit entsprechenden Patienten arbeiten, wieder auf dieses Thema aufmerksam werden, und verstärkt Aufklärung betreiben.
Methotrexat wird in niedrigen Dosen als Immunsuppressivum, in höheren als Zytostatikum eingesetzt. In Deutschland ist es eines der am häufigsten für die Behandlung der Psoriasis und der Psoriasisarthritis genutzte systemische Therapeutikum. Da bei dieser Erkrankung besonders häufig ebenfalls bewusst eine Lokal- und Phototherapie zum Einsatz kommt, ist die Aufklärung über mögliche Risiken hier besonders wichtig. Man darf nicht voraussetzen, dass den Patienten bewusst ist, dass es sich hier um eine Nebenwirkung des Medikamentes handelt. Sie kann selbst bei niedrigen verabreichten MTX- Dosen – und im Gegensatz zu einer photoallergischen Dermatitis – bereits nach dem ersten Kontakt des Körpers mit MTX stattfinden. Sie kommt auch häufiger vor als diese.
Die Patienten sollten wissen, dass es dann, wenn das Medikament durch UV-Licht aktiviert wird, zu sonnenbrandähnlichen Reaktionen der Haut kommen kann. Die Haut reagiert durch die Wechselwirkung zwischen MTX und UV-Licht – dabei spielt es keine Rolle, ob es natürlich oder künstlich erzeugt wurde – sensibler und wird auch schneller geschädigt. Diese Reaktion muss außerdem nicht unmittelbar nach dem Sonnenbad auftreten, sondern kann durchaus auch einige Stunden später sichtbar werden. Betroffen sind dabei die Hautstellen, die der Sonne exponiert waren. Häufig ist eine scharfe Abgrenzung der geröteten Hautareale zu völlig unbelasteter Haut erkennbar, die beispielsweise durch Kleidung geschützt war. Eine solch vorgeschädigte Haut ist anfälliger für Sekundärinfektionen, die sehr gefährlich werden können, wie das Beispiel des verstorbenen Patienten aus Großbritannien eindrucksvoll belegt.
In den meisten Beipackzetteln wird auf das Thema phototoxische Reaktionen nur sehr kurz eingegangen. Bei MTX Hexal® 10mg liest man beispielsweise nur den Passus: „Methotrexat kann Ihre Haut empfindlich gegen Sonnenlicht machen, weshalb Sie einen langen Aufenthalt in der Sonne vermeiden sollten. Außerdem sollten Sie kein Solarium nutzen, ohne dies zuvor mit Ihrem Arzt besprochen zu haben. Psoriatrische Läsionen können sich bei Bestrahlung mit UV-Licht und gleichzeitiger Anwendung von Methotrexat verschlimmern.“ Da muss man sich nicht wundern, dass es vielen Patienten nicht bewusst ist, wie schwer sie sich bei einem Sonnenbad selbst schädigen können.
Bekannt ist bei dem Fall aus Großbritannien allerdings nicht, aus welchem Grund die MTX-Therapie stattfand und wie hoch die verabreichten Dosen waren. Trotzdem sollten Apothekenmitarbeiter bei der Abgabe dieses Wirkstoffes daran denken, die allgemein bekannten Informationen zur Vermeidung phototoxischer Reaktionen weiterzugeben.
In der Mittagszeit sollte die Sonne komplett vermieden werden. Grundsätzlich ist die Haut bei einem Aufenthalt im Freien zu bedecken. Dort wo das nicht möglich ist – beispielsweise im Gesicht – sollte ein Sonnenschutzmittel mit einem sehr hohen UV-A-Filter aufgetragen werden. Dabei ist der Faktor 50 eher als Untergrenze zu sehen. Auf bewusstes Sonnenbaden und auf die Sonnenbank muss zwingend verzichtet werden.
Sollte eine Reaktion auftreten, so äußert sie sich meist durch ein Kribbeln der betroffenen Hautstellen, das sich im Laufe weniger Stunden immer weiter verstärkt (urtikarielle Reaktion). Die bestrahlten Hautstellen sehen gerötet aus, so als hätte man einen Sonnenbrand erlitten. Zudem können sich nässende Hautausschläge, Blasen und Schwellungen entwickeln, die sich dann sekundär infizieren können. Der Verlauf einer solchen phototoxischen Reaktion wird in der Literatur häufig als decrescendoartig beschrieben. Hält sich die Reaktion noch in Grenzen und kann selbst behandelt werden, so ist immer eine Kühlung und in manchen Fällen auch eine lokale Kortikoidtherapie anzuraten.
Eine besondere Form der phototoxischen Reaktion ist das Recall-Phänomen, das auch als Reaktivierungsphänomen bezeichnet wird. Dabei flammt eine entzündliche Hautreaktion an einer durch Bestrahlung vorbehandelten Körperregion erneut auf, wenn später eine andere Region bestrahlt wird. Liegt also der Verdacht nahe, dass es sich bei einem schweren Sonnenbrand um eine phototoxische Reaktion handelt, ist es – nicht nur bei der Medikation mit MTX – sinnvoll, dem behandelnden Arzt Bescheid zu geben. Auch das sollte den betroffenen Patienten mitgeteilt werden.
In jedem Fall ist es sinnvoll, eine entsprechende Meldung beim BfArM zu machen, um zur Arzneimitteltherapiesicherheit beizutragen. Nur auf diese Weise kann man sich an der entsprechenden Stelle ein Bild darüber machen, wie viele Patienten tatsächlich von dieser Nebenwirkung betroffen sind. Häufen sich diese Meldungen, so wird der Phototoxizität auch im Beipackzettel künftig mehr Platz eingeräumt – und sie wird sichtbarer für die Betroffenen.
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