Eine 29-Jährige stellt sich wegen eines großen Myoms zur Operation vor. Sie ist unerwartet schwanger, der Eingriff wird abgesagt, das Kind verstirbt in der Spätschwangerschaft. Auch ein weiteres Kind überlebt nicht.
Eine Schwangerschaft, die nicht mit der Geburt eines gesunden Kindes endet, belastet die betroffene Familie schwer. Sterben Kinder intrauterin, ist es ein Schock für alle Beteiligten. Nicht immer lässt sich die Ursache finden und eine Folgeschwangerschaft damit erleichtern.
Eine 29-jährige Patientin, die bisher nicht schwanger war, stellt sich wegen Beschwerden in der Frauenklinik vor. Sie klagt über rezidivierende Unterbauchschmerzen, besonders beim Wasserlassen und beim Geschlechtsverkehr. Die Patientin ist ansonsten gesund und hat ein normales Körpergewicht. Zuvor fand keine gynäkologische Betreuung statt.
Bei der gynäkologischen Untersuchung tastet sich ein bis zum Nabel vergrößerter Uterus. Im Ultraschall lässt sich ein 12x10x11 cm großes intramurales Fundusmyom darstellen, welches bis an das hochaufgebaute Endometrium heranreicht. Die Adnexregionen sind unauffällig. Der Patientin wird aufgrund der Beschwerden und der Myomgröße zu einer operativen Myomenukleation geraten. Der routinemäßige präoperative Schwangerschaftstest fällt unerwartet positiv aus, worauf der Eingriff abgesagt wird.
Der Schwangerschaftsverlauf ist zunächst unauffällig, wird aber aufgrund des Myoms als Risikokonstellation eingeordnet. Ab der 28. SSW kommt es zu einem verzögerten fetalen Wachstum an der 10. Perzentile. Bei einer kurzfristigen Kontrolle ist der Dopplerwert der Nabelschnurarterie pathologisch und die rechte mütterliche Niere ist gestaut. Daraufhin wird die Patientin stationär in die Frauenklinik aufgenommen. Es zeigen sich zunächst sporadische frühe Dezelerationen im CTG – im weiteren Verlauf sind die CTGs nach dem FIGO-Score normal. Die Wachstumskurve verläuft weiterhin entlang der 10. Perzentile, die Dopplerwerte sind unauffällig. Der Plazentasitz befindet sich direkt über dem Myom, was ein erhöhtes Risiko für eine Plazentainsuffizienz und eine peripartale Blutung bedeutet. Nach einigen Tagen kommt es zu einer Verkürzung der Zervix auf 16 mm, eine medikamentöse Lungenreifetherapie wird durchgeführt.
Zwei Wochen nach Klinikeinweisung wird am frühen Abend im Routine-CTG der intrauterine Fruchttod (IUFT) festgestellt. Die Patientin befindet sich in der 32. SSW. Im Obduktionsbericht wird ein knapp normotrophes Mädchen ohne Hinweise auf eine syndromale Fehlbildung beschrieben. Die inneren Organe sind allesamt regelhaft ausgebildet. An der Plazenta finden sich retroplazentare und intraplazentare Einblutungen sowie Zeichen teils frischer, aber auch älterer Zirkulationsstörungen. Als Ursache wird in erster Linie ein plazentares Zirkulationsproblem gesehen, im Sinne einer vorzeitigen Lösung mit retroplazentarer Einblutung und konsekutiver Minderperfusion. Patientinnen mit großen Leiomyomen haben prinzipiell ein größeres Risiko für IUFT und Frühgeburtlichkeit.
Fünf Monate später entscheidet sich die Patientin für eine operative Myomenukleation, die mittels Querlaparotomie durchgeführt wird. Histologisch findet sich ein stark regressiv verändertes, knapp 600 g schweres Leiomyom. Eine sichere Kontrazeption für ein Jahr und die primäre Sectio in der Folgeschwangerschaft werden der Patientin empfohlen. Im Ultraschall ist lediglich ein kleines Restmyom von etwa 2 cm darstellbar, das auch im Verlauf zunächst größenkonstant bleibt.
Zwei Jahre später wir die Patientin erneut schwanger. Die Schwangerschaft wird aufgrund der Vorgeschichte als Risiko eingestuft und entsprechend engmaschig überwacht. Es treten im Vorlauf keine Komplikationen auf. Mit 36+0 SSW wird die primäre Sectio geplant und die Eltern können ein gesundes, normalgewichtiges Mädchen in die Arme schließen.
Nach drei Jahren ist die Patientin ein drittes Mal schwanger. Die erste Hälfte des Schwangerschaftsverlaufs ist wiederum unauffällig. Insbesondere das bekannte Rest-Myom ist lediglich auf 2,5 cm gewachsen. Dennoch steht aufgrund der Anamnese jeder Untersuchungstermin unter Anspannung. Mit 20+4 SSW ist der erweiterte Ultraschall geplant und endet in einem Dilemma: Beim Aufsetzen des Schallkopfes wird schnell klar, dass der Fetus keine Herzaktion mehr zeigt und es sich um einen Spätabort handelt.
Das Elternpaar sowie das betreuende medizinische Personal sind fassungslos über die Tatsache, dass zum wiederholten Mal ein Kind verstorben ist. Die medikamentöse Abortinduktion und Nachkürettage erbringt ein unauffälliges histologisches Ergebnis. Bisher konnte keine Ursache für den Spätabort gefunden werden. Eine Vorstellung in der Humangenetik und in der Gerinnungsambulanz steht noch aus.
Bis zur 13. SSW handelt es sich um einen Früh-, danach um einen Spätabort. Definitionsgemäß spricht man in Deutschland von einem IUFT, wenn ein Kind ab 24 SSW intrauterin verstirbt und mehr als 500 g wiegt. In den Industrienationen treten etwa 90 % der IUFTs vor Geburtsbeginn und hauptsächlich im 3. Trimenon auf. Im Jahr 2020 kam es in Deutschland bei 731.964 Einlingsgeburten zu 2.672 Totgeburten, wobei die Datenlage eine präzise Einteilung in ante- und intrapartal nicht zulässt. Darin eingeschlossen sind auch Spätabtreibungen.
Daten aus den USA zeigen, dass etwa 25 % aller Fälle von IUFT verhindert werden könnten, insbesondere durch eine frühzeitige Diagnose und adäquates Management bei Vorliegen einer plazentaren Insuffizienz.
Positiv auf den Ausgang einer Schwangerschaft wirken sich der Verzicht auf Nikotin und Drogen, die medikamentöse Einstellung eines Hypertonus und die Optimierung der Blutzuckereinstellung bei bekanntem Diabetes mellitus aus. Insbesondere das Erreichen eines Normalgewichts (BMI zwischen 18,5 und 25) scheint einen wesentlichen Einfluss auf die Prävention zu haben. Studien haben eine Assoziation zwischen vorbestehender Adipositas und deutlich erhöhtem Risiko für einen intrauterinen Fruchttod ergeben. Verantwortlich wird hierfür eine zunehmende plazentare Dysfunktion gemacht.
In einer großen prospektiven britischen Studie wurde bei 396 präpartalen IUFT in 58 % der Fälle eine plazentare Dysfunktion – Präeklampsie, fetale Wachstumsrestriktion, vorzeitige Plazentalösung – als Hauptursache festgestellt. In 42 % der Fälle handelte es sich um andere oder unbekannte Ursachen. Bereits im 1. Trimenon könnte etwa ein Drittel aller IUFT anhand mütterlicher Charakteristika (u. a. BMI, Nikotinabusus, Z. n. Präeklampsie) und medizinischer Parameter (chronischer Hypertonus, Diabetes mellitus, systemischer Lupus erythematodes, Antiphospholipid-Syndrom) vorhergesagt werden.
Im Ersttrimesterscreening (ETS) kann das Risiko für einen IUFT eingeordnet werden. Damit gewinnt es immer mehr an Bedeutung. Konsequenterweise würde man im entsprechenden Risikokollektiv u. a. mit einer Aspirin®-Gabe starten und die Schwangerschaft enger überwachen.
Im Vergleich zu unauffällig verlaufenden Schwangerschaften, steigt bei einer fetalen Wachstumsrestriktion das Risiko für einen intrauterinen Fruchttod um das 4-fache und verdoppelt sich auf das 8-fache, falls die Wachstumsstörung nicht rechtzeitig erkannt wird. Ein zusätzlicher Ultraschall im 3. Trimenon würde dem entgegenwirken, ist aber in den Mutterschaftsrichtlinien nicht routinemäßig vorgesehen.
In einer weiteren britischen Studie konnte gezeigt werden, dass Schwangere, die trotz Risikofaktoren für einen Gestationsdiabetes nicht gescreent wurden, im Vergleich zur Kontrollgruppe ein um 44 % höheres Risiko für einen IUFT hatten.
Sehr leichte, aber auch sehr kräftige Feten scheinen besonders gefährdet zu sein, wobei maternale Blutzuckerwerte und BMI als potenziell modifizierbare Risikofaktoren gelten. Durch eine optimierte diabetologische Betreuung würden sich ein IUFT bei Gestationsdiabetes häufiger verhindern lassen. Außerdem erbrachte eine Studie aus Großbritannien eine Assoziation zwischen Schlafposition und erhöhter IUFT-Rate. Demnach war ein 2,3-fach erhöhtes Risiko zu verzeichnen, wenn Schwangere im 3. Trimenon zu Beginn der Nachtruhe auf dem Rücken statt auf der linken Seite einschliefen. Eine entsprechende Aufklärung ist empfehlenswert.
Ebenfalls bekannt ist die Zunahme des IUFT-Risikos mit Überschreiten des berechneten Entbindungstermins, insbesondere bei Schwangeren jenseits des 40. Lebensjahres. Entsprechende Kontrollintervalle und Einleitungsempfehlungen können der zunehmenden Plazentainsuffizienz bei Terminüberschreitung entgegenwirken.
Ein intrauteriner Fruchttod ist ein seltenes, aber umso schwerwiegenderes Ereignis. Nicht immer lässt sich eine Ursache finden bzw. ist diese vermeidbar. Präkonzeptionell sind Gewichtsnormalisierung, Hypertonus- und Blutzuckereinstellung, sowie ein Nikotin- und Drogenverzicht von großer Bedeutung. Uterusanomalien, wie etwa große Myome, sollten im Vorfeld diagnostiziert und therapiert werden.
Während der Schwangerschaftsbetreuung gilt eine besondere Vorsicht bei Anzeichen für eine Präeklampsie, fetale Wachstumsrestriktion oder einen Gestationsdiabetes. Schwangere sollten im 3. Trimenon nach Möglichkeit längere Rückenlagen vermeiden. Bei Terminüberschreitung gelten Empfehlungen für kurze Kontrollintervalle und rechtzeitige Geburtseinleitung. Für Familien, die ein Kind während der Schwangerschaft verloren haben, ist das Angebot einer psychosozialen Begleitung wichtig.
Quellen
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