Der Lockdown hat den Zugang zu Suizidmethoden erschwert – das wirkte sich auch auf die Suizidraten aus. Der 4-Ebenen-Ansatz soll helfen, die Raten auch weiterhin geringer zu halten. Lest hier mehr.
Die Suizidsterblichkeit während des ersten Lockdowns im Jahr 2020 war signifikant niedriger als erwartet. Das zeigt ein gerade veröffentlichter Fachartikel unter Beteiligung der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention in PLoS One. Untersucht wurde, ob sich die Suizidraten in Deutschland 2020 während des Lockdowns und in Zeiten ohne Lockdown im Vergleich zu einer zehnjährigen Baseline veränderten.
Die geringeren Suizidzahlen zu Beginn der COVID-19-Pandemie decken sich mit Befunden aus anderen Ländern. Neu ist jedoch die Analyse der wöchentlich aufgeschlüsselten Suizidzahlen, die eine Untersuchung des Zeitraumes des ersten Lockdowns möglich macht. Gründe für den Rückgang der Suizide in dieser Zeit könnten die erhöhte soziale Kontrolle durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, der erschwerte Zugang zu verschiedenen Suizidmethoden (z. B. Schienensuizide) und beschränkte Möglichkeiten zum Suizid in den eigenen vier Wänden sein.
2020 verstarben in Deutschland 9.206 Menschen durch Suizid. Die Zahl der Suizidversuche wird mehr als 20-mal so hoch geschätzt. Suizide erfolgen fast immer vor dem Hintergrund einer nicht optimal behandelten psychischen Erkrankung, am häufigsten einer Depression. „So geht Depression mit großem Leiden und tiefer Hoffnungslosigkeit einher – mehr als bei den meisten anderen Erkrankungen. Bestehende Probleme werden in der Depression vergrößert und als unlösbar wahrgenommen. In ihrer Verzweiflung sehen Menschen dann im Suizid den einzigen Weg, diesem unerträglichen Zustand zu entkommen“, erklärt Prof. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention und Mitautor der Studie.
Der von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention unter Leitung von Hegerl entwickelte gemeindebasierte 4-Ebenen-Interventionsansatz ist in bereits mehr als 120 Regionen in 20 Ländern implementiert worden und damit das weltweit am häufigsten eingesetzte Suizidpräventionsprogramm. Der 4-Ebenen-Ansatz verbindet zwei Ziele: die bessere Versorgung von Menschen mit Depression und die Prävention von Suiziden sowie Suizidversuchen. In einer umschriebenen Region (Stadt, Gemeinde) werden dafür gleichzeitig Interventionen auf vier Ebenen gestartet:
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Institute of Medical Science, University of Tokyo. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Christian Lue, unsplash