Ein bis zwei Prozent der sexuell aktiven Menschen sind von Feig- oder Genitalwarzen betroffen. Die Immuntherapie hat sich neben chirurgischen Exzisionen bewährt. Forscher berichten nun von Erfolgen mit bakteriellen Vakzinen. HPV-Impfungen bleiben jedoch ein Politikum.
Kondylome entstehen, wenn sich Patienten beim Geschlechtsverkehr mit dem humanen Papillomavirus (HPV) infizieren. Virologen fanden die Serotypen 6 und 11 besonders häufig. Seltener sind HPV 40, 42, 44, 54 oder 61 verantwortlich. Betroffene klagen bei stärkerem Befall über Juckreiz und Schmerzen. Sie profitieren von chirurgischen Maßnahmen zur Abtragung. Hier eignen sich Kohlendioxid-Laser, elektrische Schlingen oder Methoden der Kryochirurgie. Alternativ greifen Ärzte zu Aminolävulinsäure, um benigne Wucherungen photodynamisch zu zerstören. Darüber hinaus versprechen Maßnahmen zur Stärkung des Immunsystems gute Erfolge.
Die Therapie-Strategien: Apotheker geben Cremes mit fünf Prozent Imiquimod ab. Im Labor führt dieses Amin zur stärkeren Bildung von Zytokinen durch Makrophagen, indem es am Toll-ähnlichen Rezeptor (TLR) bindet. Naive T-Zellen wandeln sich verstärkt in TH1-Zellen um. Ähnliche Effekte zeigen Impfungen mit thermisch inaktiviertem Mycobacterium indicus pranii (Mycobacterium w, Mw). Entsprechende Impfstoffe haben sich schon länger bei Lepra, Tuberkulose sowie bei einigen Krebserkrankungen als Ergänzung zur Pharmakotherapie bewährt. Auch hier kommt es zur Ausschüttung von Zytokinen, allen voran bilden sich die Interleukine IL-2, IL-4 und IL-5 sowie Interferon-gamma. Wissenschaftler um Pankaj Kumar und Somesh Gupta haben beide Strategien der Immuntherapie jetzt verglichen – mit erstaunlichen Ergebnissen. Sie nahmen 89 Patienten in ihre Studie auf. Ein Teil wurde mit topischem Imiquimod und Placebo-Injektionen direkt in die Genitalwarzen behandelt. Die zweite Gruppe erhielt Injektionen mit hitzeinaktiviertem Mw und musste wirkstofffreie Cremes anwenden. Nach 20 Wochen werteten Kumar und Gupta alle Befunde aus. Unter Imiquimod verschwanden Kondylome bei 26 von 33 Personen (59 Prozent) vollständig. In der Mw-Gruppe kam es bei 30 von 45 Patienten (67 Prozent) zum gewünschten Erfolg. Partielle Remissionen waren bei 20 (Imiquimod) beziehungsweise 16 Prozent (Mw) zu beobachten. Hinzu kamen virologische Unterschiede. Zwar hatte sich die HPV-6-Last in beiden Gruppen signifikant verringert. Patienten mit HPV 11 profitierten jedoch von einer Impfung. Bei ihnen sank die Zahl an Virus-Kopien wesentlich stärker als unter Imiquimod. Der chemische Wirkstoff führte eher zu Ulzerationen, während durch Mw häufiger Schwellungen und kleine Knötchen auftraten. Mw-Impfungen könnten für Patienten interessant sein, die unter Imiquimod zu Rezidiven neigen, heißt es im Artikel.
Doch so weit muss es gar nicht kommen, wie australische Ärzte gezeigt haben. Mitte 2007 hoben sie ein nationales Impfprogramm mit tetravalenten HPV-Vakzinen aus der Taufe. Ihr erklärtes Ziel war, möglichst viele Mädchen zwischen 12 und 13 Jahren zu impfen. Später dehnten Gesundheitsbehörden die Zielgruppe auf Mädchen und Frauen bis zum 26. Lebensjahr aus. Jetzt liegen Daten zum Erfolg dieser Strategie vor. Hammad Ali vom Kirby Institute, University of New South Wales, verglich die Prävalenz von Kondylomen vor beziehungsweise nach dem Start entsprechender Impfmaßnahmen. Im Jahr 2007 diagnostizierten Gynäkologen bei 11,5 Prozent aller Patientinnen Genitalwarzen – und 2011 waren es nur noch 0,85 Prozent. Das entspricht einem Rückgang von sage und schreibe 92,6 Prozent. Jüngere, heterosexuelle Männer profitierten indirekt, auch wenn sie nicht geimpft wurden. Bei ihnen sank die Zahl an Diagnosen im gleichen Zeitraum von 12,2 auf 2,2 Prozent (minus 81,8 Prozent). Zur Verbesserung der Herdenimmunität wurden mittlerweile Impfprogramme für Jungen zwischen 12 und 13 aufgelegt.
Australien hat bei jungen Frauen Durchimpfungsraten von fast 80 Prozent erreicht – in Deutschland schwankt der Wert zwischen 20 Prozent in Hessen und 60 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern. Die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut rät in ihren kürzlich aktualisierten Empfehlungen zur Immunisierung von Mädchen im Alter von neun bis 13 beziehungsweise 14 Jahren. Ihr erklärtes Ziel ist, Zervixkarzinome zu verhindern. Die Kondylom-Prävention bleibt ein schöner Nebeneffekt. Deutschland folgt der Argumentation vieler Länder, die Kosten für die HPV-Impfung von Jungen nicht zu übernehmen. Hier bewegen sich Politiker auf recht dünnem Eis – schließlich geht es bei „ihm“ nicht nur um Genitalwarzen. HPV sind auch bei 84 Prozent aller Analkarzinome, 47 Prozent aller Peniskarzinome und 36 Prozent aller Oropharynxkarzinome nachweisbar. Ob Impfungen als Kassenleistung das Problem allerdings lösen, ist fraglich: Momentan liegt die Durchimpfungsrate bei Frauen bundesweit unter 50 Prozent, obwohl alle Kosten übernommen werden.