Fett hat einen schlechten Ruf – zu Unrecht, wie wir heute wissen. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren braucht der Körper sogar dringend. Entscheidend ist das richtige Verhältnis. Lest hier, wie das aussieht.
Seit alters her hat der Mensch mit seiner pflanzlichen und tierischen Nahrung immer auch ausreichend natürliches Fett zu sich genommen. Erst nachdem er gelernt hatte, Feuer zu machen, Tongefäße zu fertigen und Presswerkzeuge herzustellen, konnte sich die Gewinnung und Lagerung von isolierten Reinfetten bzw. -ölen entwickeln. Zunächst wurden hauptsächlich tierische Fette wie Schweineschmalz, Hammeltalg und Fischtran ausgeschmolzen. Erst viel später wurden dann auch Sahne und Butter aus Milchfett hergestellt. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts können Öle und Fette mithilfe von Lösungsmitteln aus Ölsaaten extrahiert, raffiniert und chemisch modifiziert werden.
Heute machen Sojabohnen und Ölpalmen etwa zwei Drittel der weltweiten Pflanzenölproduktion aus. Das Öl wird unter Hitze mit einem Lösungsmittel (z. B. Hexan) aus den zerkleinerten Ölfrüchten extrahiert und anschließend gereinigt (raffiniert). Dabei werden unerwünschte Trüb-, Schleim-, Farb- und Aromastoffe sowie freie Fettsäuren in einem mehrstufigen Prozess entfernt. Zurück bleibt ein farb- und geruchloses sowie geschmacksneutrales Öl ohne jegliche bioaktiven Substanzen. Danach durchläuft das extrahierte Öl weitere strukturverändernde Verarbeitungsschritte, in denen die natürliche Komplexität der einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren sowie deren biologische Funktion zerstört werden. Sie werden chemisch gehärtet und enzymatisch umgeestert, d. h. vom flüssigen in den festen bzw. halbfesten Zustand überführt.
Resultat ist ein plastisches Reinfett, das bei Raumtemperatur fest bleibt und dennoch streichfähig ist, wenn es aus dem Kühlschrank kommt. Derart erzeugte Reinfette bzw. -öle dienen schließlich als austauschbare Ausgangsmaterialien für nahezu alle hochverarbeiteten Fertigprodukte, von der Pizza über Salatdressings bis hin zu Keksen und Eiscreme. Die meisten dieser Industriefette waren nie zuvor Teil der menschlichen Ernährung. Dazu gehören insbesondere auch Transfette, die im Prozess der industriellen Fetthärtung entstehen. Unsere tägliche Fettversorgung bedarf also dringend einer Neubewertung – doch der Reihe nach.
Der menschliche Körper nimmt Fett vorrangig als Triglycerid mit der Nahrung auf. Unser Depotfett besteht vor allem aus Triglyceriden mit Öl- und Palmitinsäure. Ein normalgewichtiger Mann (z. B. 80 kg) speichert abhängig von Alter (z. B. 35 Jahre) und Körpergröße (z. B. 1,86 cm) etwa 16 kg Triglyceride im Fettgewebe. Dieser Körperfettanteil von 20 % entspricht rein rechnerisch einem Energievorrat von ca. 148.800 kcal. Tatsächlich enthält ein Kilogramm Körperfett, wegen des Bindegewebs- und Wasseranteils, aber nur etwa 7.000 kcal. Bei einem täglichen Energiebedarf von ca. 2.500 kcal sichert ein solcher Fettvorrat das Überleben für mehr als 40 Tage.
Biologisch wirksame Bestandteile der Nahrungsfette sind die Fettsäuren. Dabei handelt es sich um Kohlenwasserstoffketten mit einer Carboxylgruppe (COOH) am Kopf- und einer Methylgruppe (CH3) am Schwanzende. Die biologische Reaktivität der Fettsäuren wird durch die Länge der Kohlenstoffkette (C-C-C-C…C) sowie die Anzahl und Position der darauf vorhandenen Kohlenstoff-Doppelbindungen (C=C). bestimmt. Die Kettenlänge von Nahrungsfettsäuren besteht aus mindestens vier bis maximal 24 Kohlenstoffatomen. Entsprechend ihrem Sättigungsgrad werden sie in gesättigte Fettsäuren (Saturated Fatty Acids, SFAs), einfach ungesättigte Fettsäuren (Monounsaturated Fatty Acids, MUFAs) und mehrfach ungesättigte Fettsäuren (Polyunsaturated Fatty Acids, PUFAs) eingeteilt. Bei gesättigten Fettsäuren sind alle Kohlenstoffatome mit der maximal möglichen Anzahl von Wasserstoffatomen besetzt. Die Kohlenstoffkette hat deswegen eine annährend gerade Form. Das führt dazu, dass Fette mit überwiegend gesättigten Fettsäuren, wie z. B. Butter und Kokosfett, bei Raumtemperatur fest sind.
Bei den PUFAs teilen sich mindestens vier Kohlenstoffatome jeweils zwei Elektronenpaare (C=C-C=C). Die C=C-Doppelbindungen natürlich vorkommender hoch ungesättigter Fettsäuren sind in der cis-Konfiguration, was bedeutet, dass sich die an den Doppelbindungen sitzenden Wasserstoffatome räumlich auf der gleichen Seite befinden. Dadurch entstehen auf der gegenüberliegenden Seite der Kohlenwasserstoffkette „Lücken“, die zwei oder mehrere „Knickstellen“ im Molekül bewirken. Aufgrund dieser Krümmungen sind Fette wie Oliven- und Sonnenblumenöl, mit überwiegend ungesättigten Fettsäuren, flüssig. Öl ist also nichts anderes als Fett im flüssigen Zustand.
Biochemisch sind pflanzliche und tierische Fette gleich aufgebaut. Sie unterscheiden sich lediglich in der Art und Zusammensetzung ihrer Fettsäuren. Neben Energie liefern sie vor allem essenzielle Bausteine für Aufbau und Funktion von Zellmembranen. Darüber hinaus fungieren sie als Ausgangsstoffe für Gewebshormone (z. B. Eicosanoide) und Neurotransmitter (z. B. Acetylcholin). Nicht zuletzt dienen sie als Träger der fettlöslichen Vitamine E, A, D und K sowie zahlreicher Aroma- und Geschmacksstoffe.
Besonders wichtig für die menschliche Gesundheit sind die Omega-3- und Omega-6-PUFAs. Sie müssen mit der Nahrung zugeführt werden, da sie der Körper nicht selbst herstellen kann. Das wichtigste Mitglied der Omega-3-Familie ist die Alpha-Linolensäure (ALA). In der Omega-6-Familie übernimmt die Linolsäure (LA) diese Leitfunktion. Die Begriffe linum („Lein“) und oleum („Öl“) verweisen auf die Herkunft der beiden PUFAs. In den Samen der Leinpflanze liegen ALA und LA in einem Verhältnis von 3:1 vor.
Omega (Ω, ω) bezeichnet bei den Omega-3- und Omega-6-PUFAs das Schwanz- bzw. Methylende (CH3) der Kohlenstoffkette. Die Kurzschreibweise für ALA (C18:3 n-3) bedeutet somit, dass die Fettsäure 18 Kohlenstoffatome und drei C=C Doppelbindungen enthält, wobei die erste Doppelbindung drei Kohlenstoffatome vom Methylende entfernt ist. ALA ist somit eine dreifach ungesättigte Omega-3-Fettsäure, wohingegen LA (Kurzschreibweise: C18:2 n-6) eine ebenso lange aber nur zweifach ungesättigte Omega-6-Fettsäure ist. Die beiden PUFA-Familien sind metabolisch und funktionell sehr unterschiedlich und erfüllen in der Regel antagonistische Funktionen im menschlichen Körper. Säugetiere, und damit auch der Mensch, können Omega-6-Fettsäuren nicht in Omega-3-Fettsäuren umwandeln und umgekehrt, da ihnen dazu die konvertierenden Enzyme fehlen.
Zur Familie der Omega-3-PUFAs gehören neben der Alpha-Linolensäure auch noch die Eicosapentaensäure (EPA; C20:5 n-3) und die Docosahexaensäure (DHA; 22:6 n-3). Die Alpha-Linolensäure kommt fast ausschließlich in pflanzlichen Nahrungsmitteln wie grünem Blattgemüse (Grünkohl, Spinat, Rosenkohl, Brokkoli), Wildpflanzen (Eisenkraut, Gänsefuß), Avocados, Hülsenfrüchte, Getreide (Hirse, Hafer), Nüsse (Walnüsse, Macadamia), Leinsamen, Himbeeren und Erdbeeren vor. Die beiden langkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA sind in Fleisch, Milch und Eiern von Tieren aus Weide- bzw. Freilandhaltung enthalten. Die ergiebigste Quelle für Omega-3-PUFAs sind jedoch Kaltwasserfische wie Lachs, Hering, Sardine, Thunfisch und Makrele. Sie reichern EPA und DHA über die Nahrungskette in ihren Körpern an. Primärproduzenten langkettiger Omega-3-PUFAs sind jedoch ausschließlich marine Mikroalgen.
Zur Familie der Omega-6-Fettsäuren gehören neben der Linolsäure, die Gamma-Linolensäure (GLA, C18:3 n-6), die Dihomo-γ-Linolensäure (DGLA, C20:3 n-6) und die Arachidonsäure (AA, C20:4 n-6). Linolsäure kommt in zahlreichen pflanzlichen Nahrungsmitteln vor wie z. B. in Sojabohnen, Getreidekörnern, Sonnenblumen- und Palmkernen, Kokosnüssen, Samen (Raps, Mohn, Hanf), Nüssen und Oliven sowie in den daraus gewonnenen reinen Pflanzenölen. Außerdem ist LA in Fleisch, Geflügel, Milch und Eiern von Tieren enthalten, die überwiegend mit Soja und Getreide gefüttert werden. Hauptquelle für Omega-6-Fettsäuren sind jedoch raffinierte und gehärtete Pflanzenöle aus Soja, Mais oder Sonnenblumen sowie den daraus hergestellten Fertigprodukten wie Streichfette, frittierte Snacks, Fast-Food-Produkte, Fertigsaucen und Backwaren. Die langkettige Omega-6-Fettsäure AA ist in Fleisch, Geflügel, Fisch, Innereien und Eigelb enthalten. Das Angebot an Omega-6-Fettsäuren ist in der heutigen Ernährung so üppig, dass eine Unterversorgung nahezu ausgeschlossen ist.
Menschen sind in der Lage, langkettige PUFAs in begrenztem Umfang selbst herzustellen. Die Eigensynthese der Omega-3-PUFAs EPA und DHA sowie der Omege-6-PUFAs DGLA und AA erfolgt über die Verlängerung von ALA bzw. LA durch eine Reihe von enzymatischen Schritten, die hauptsächlich in der Leber stattfinden. Die Erweiterung der Kohlenstoffketten sowie das Einfügen zusätzlicher Kohlenstoffdoppelbindungen erfolgt jedoch kompetitiv, da beide PUFA-Familien um dieselben Enzyme (Elongasen, Desaturasen) konkurrieren. Die Umwandlungsrate von ALA zu EPA und DHA ist somit in erster Linie von der gleichzeitig verfügbaren Menge an Omega-6-Fettsäuren abhängig. Der Umwandlungsprozess wird darüber hinaus vom Alter, dem Geschlecht sowie dem Gesundheitszustand beeinflusst und liegt je nach Studie bei nur etwa 5–10 %.
Forscher gehen davon aus, dass unsere Vorfahren in der Altsteinzeit Omega-3- und Omega-6 Fettsäuren in einem Verhältnis von annähernd 1:1 aufgenommen haben. Mit dem Aufkommen von Ackerbau und Viehzucht sowie in Folge der industriellen Revolution hat sich das Ω-3 zu Ω-6-Verhältnis unserer Nahrung jedoch mehr und mehr zu Ungunsten der Omega-3-Fettsäuren verschoben. Nach Angaben der Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention liegt das Ω-3 zu Ω-6-Verhältnis unserer Nahrung derzeit bei 1:25 bis 1:50. Aus diesem Grund produziert der Organismus überwiegend langkettige Omega-6- anstatt langkettige Omega-3-PUFAs.
Ein absoluter bzw. relativer Mangel an essenziellen Omega-3-Fettsäuren sowie deren Derivate in unserem Körper wird neben der Entwicklung von Adipositas, Typ-2-Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs auch für die Mehrzahl aller chronisch entzündlichen Krankheiten mit verantwortlich gemacht. Omega-3-Fettsäuren sind in den letzten 150 Jahren weitgehend aus unserer Ernährung verschwunden und stellen deshalb einen limitierenden Faktor für unsere Gesundheit dar.
Eine der herausragendsten biologischen Funktionen der Omega-3- und Omega-6-PUFAs sowie deren Derivate ist die Regulation und Kontrolle von Entzündungsprozessen. Omega-3- und Omega-6-PUFAs werden in Form von Phospholipiden oder als neutrale Glyceride gespeichert und bei Bedarf mit Hilfe von Cyclooxygenasen, Lipoxygenasen, Phospholipasen oder Cytochrom P450 mobilisiert. Omega-3- und Omega-6-PUFAs bzw. ihre sekundären Lipidmediatoren, die Prostaglandine, Leukotriene und Thromboxane, fungieren als Signalmoleküle, die über nukleäre Transkriptionsfaktoren in die Genexpression eingreifen.
Bei der Regulation von Entzündungsprozessen erfüllen die Derivate der Omega-3- und Omega-6-PUFAs meist gegensätzliche Aufgaben. Omega-6-Fettsäuren fördern und unterhalten Entzündungsreaktionen über den forcierten Umbau von Linolsäure zu AA. Die aus der AA gebildeten Eicosanoide verstärken die Vaso- und Bronchokonstriktion, fördern die Thrombozytenaggregation, unterstützen die Zellproliferation, beschleunigen die Wundheilung und fördern die Einleitung von Immunreaktionen. Darüber hinaus aktivieren sie das Endocannabinoid-System, was über eine Zunahme von Appetit und Nahrungsaufnahme die Entwicklung von Übergewicht und Fettleibigkeit begünstigen kann. Während die Abkömmlinge der AA also stark proinflammatorische Wirkungen entfalten, wirken die von EPA abgeleiteten Signalmoleküle eher entzündungshemmend.
Obwohl eine akute Entzündungsreaktion den Wirt vor Infektionen und Verletzungen schützt, stellt eine unkontrollierte bzw. unangemessen aktivierte akute Entzündung eine Gefahr für den Organismus dar. Es ist bekannt, dass anhaltende stille Entzündungen ein ideales Milieu für die Entwicklung zahlreicher chronischer Erkrankungen darstellen. Um einen dauerhaften Schwelbrand im Körper zu verhindern, ist ein ausbalanciertes Verhältnis von pro- und antiinflammatorischen Reizen wichtig. In der Praxis heißt das, die Aufnahme der Omega-3-Fettsäuren ALA und EPA aus natürlichen Quellen deutlich zu erhöhen und gleichzeitig die Zufuhr der Omega-6-Fettsäuren LA und AA aus industriell verarbeiteten Fertigprodukten massiv zu senken.
Neben der Regulation und Kontrolle von Entzündungsprozessen liegt die besondere Bedeutung der Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren in der Erhöhung der Fluidität von Zellmembranen. Beide PUFA-Familien sind elementare Bausteine aller biologischen Membranen. Beim Menschen sorgen die PUFAs dafür, dass die Hüllen von Erythrozyten und Immunzellen elastisch sind, sodass diese sich verformen und in den Kapillaren sowie im Gewebe besser bewegen können. Auf diese Weise verbessern sie die Fließeigenschaften des Blutes und beugen kardiovaskulären Ereignissen wie Herzinfarkt und Schlaganfall vor. Aus den gleichen Gründen sind langkettige Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren auch wichtig für die Gehirn- und Sehfunktion. Eine besondere Rolle spielt die langkettige Omega-3-Fettsäure DHA für die Neuroplastizität des Gehirns.
Praxisrelevante Empfehlungen zur Fettzufuhr bei gesunden Erwachsenen zeigen ein uneinheitliches Bild. Weitgehend einig ist man sich jedoch über die gesundheitliche Bedeutung einer ausreichenden Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren. Angestrebt wird ein Ω-3 zu Ω-6-Verhältnis von 1:5. Das ist nur über den Verzehr von weitgehend unverarbeiteten pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln aus biologischem Anbau bzw. artgerechter Haltung zu erreichen, wie es beispielsweise in der traditionellen Mittelmeerdiät umgesetzt ist.
Da Fisch jedoch nicht in ausreichender Menge für alle Menschen gleichermaßen zugänglich ist, sollte natives Leinöl für Salate sowie als Zutat für kalte Speisen in keinem Haushalt fehlen. Natives Leinöl hat mit 1:3 das nachweislich beste Ω-3 zu Ω-6-Verhältnis. Sein Öl besteht zu 70 % aus PUFAs, die sich wiederum zu 75 % aus ALA und 25 % aus LA zusammensetzen. Der Rest besteht zu 20 % aus einfach ungesättigten und zu 10 % aus gesättigten Fettsäuren. Aus 30 ml Leinöl (2–3 Esslöffel) pro Tag kann der Körper im günstigsten Fall zwischen 1,2 bis 1,8 Gramm langkettige Omega-3-Fettsäuren (EPA, DHA) herstellen. Um die Eigensynthese von EPA und DHA zu stärken, sollte man gleichzeitig die Zufuhr der Omega-6-PUFAs deutlich reduzieren. Das gelingt am ehesten, indem man stark verarbeitete Fertigprodukte meidet und möglichst ohne Industriefette brät. Dazu nutzt man z. B. das Eigenfett des Bratguts oder verwendet Bratfolie, Backpapier bzw. beschichtete Pfannen.
Epidemiologische Studien haben gezeigt, dass Menschen, die regelmäßig Fisch aus Wildfang essen, seltener an Hypertonie, Blutzucker- und Fettstoffwechselstörungen leiden und weniger oft an deren Spätfolgen erkranken. Der Nutzen der langkettigen Omega-3-Fettsäuren verschwand jedoch, sobald sie aus den Lebensmitteln extrahiert und als Nahrungsergänzungsmittel verabreicht wurden. Das Ganze scheint also doch mehr als die Summe seiner Teile zu sein. Bis dato gibt es keine belastbaren klinischen Daten für den gesundheitlichen Nutzen einer Supplementierung mit EPA und DHA in Form von Algen-, Krill- oder Fischölkapseln. Es lohnt also nicht, Geld für entsprechende Nahrungsergänzungsmittel auszugeben.
Im Dezember 2019 erteilte die US-amerikanische Arzneimittelbehörde (FDA) einem hochgereinigten und teilsynthetischen EPA-Derivat (Vazkepa®), erstmals die Zulassung als adjuvante Therapie zur Sekundärprävention bei Hochrisikopatienten mit kardiovaskulären und kardiometabolischen Vorerkrankungen. Die Zulassung in Europa erfolgte etwa ein Jahr später. Zulassungsgrundlage waren die Ergebnisse der REDUCE-IT-Studie. In Deutschland war das Medikament allerdings nur ein Jahr im Handel. Aufgrund einer negativen Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) kam es zwischen Hersteller und Krankenkassen zu keiner Einigung über den Erstattungspreis. Das Arzneimittel kann deshalb nur noch über Privatrezept und Einzelimport über eine internationale Apotheke bezogen werden.
Mittlerweile mehren sich allerdings Meldungen wonach die Einnahme von Ethyl-Eicosapentaensäure verstärkt zu Vorhofflimmern führen kann. Im September 2023 hat der Ausschuss für Risikobewertung (PRAC) bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) die Hersteller deshalb aufgefordert, einen diesbezüglichen Warnhinweis in die Produktinformationen aufzunehmen.
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Bildquelle: erstellt mit Midjourney