LSD ist ein beliebtes Rauschmittel, aber bei der Dosierung kann vieles schiefgehen. Kann man von einer Überdosis sterben – und wie kommt’s eigentlich zum Horrortrip?
Viele Nutzer beschreiben den Rausch nach einer LSD-Einnahme als ein durchweg positives Erlebnis. Die Kehrseite der Medaille ist aber, dass der Trip bei jedem verschieden ist. Das Erlebte hängt unter anderem von der momentanen Stimmung und Verfassung ab. Aus einem positiv empfundenen Trip kann auch schnell ein schlechter Trip – oder im Extremfall ein Horrortrip – werden. Anstelle von Euphorie und Freude sind dann Angst und Panik die dominierenden Emotionen.
Erlebnisse der eher unangenehmen Art sind auch Flashbacks. Das sind unwillkürliche und vorübergehende Erinnerungen von bestimmten Schlüsselmomenten im eigenen Leben, die plötzlich wieder gedanklich durchlebt werden. Häufig handeln diese von Dingen rund um den Drogenkonsum. Rund 25 bis 50 Prozent aller LSD-Konsumenten erleiden zumindest gelegentlich solche Flashbacks.
Von einem Beispiel berichteten Psychiater aus den USA im Jahr 2019. Ein 21-jähriger Mann kam in die Notaufnahme eines lokalen Krankenhauses. Dort erzählte er von akuten Flashbacks in Verbindung mit Halluzinationen. Im Detail schilderte er, dass die Halluzinationen „taktiler Natur” seien und dass er „immer noch den kalten Atem”, der aus ihm herauskomme, spüren würde. Taktil bedeutet in diesem Fall, dass er Teile seiner Halluzinationen mittels Tastsinn spüren konnte. Was allerdings mit dem kalten Atem gemeint war, bleibt wohl ein Rätsel.
Der junge Mann wurde daraufhin stationär im Krankenhaus aufgenommen. Bei weiteren Untersuchungen wurde festgestellt, dass er sieben Monate zuvor (!) eine unbekannte Menge LSD eingenommen hatte. Seitdem hatte er regelmäßig Flashbacks von ebendieser Nacht der LSD-Einnahme. Damals sei er nach dem Konsum ohnmächtig geworden. Nach dem Erwachen habe er festgestellt, dass er blutverschmiert war. Was für eine Horrorvorstellung! Offenbar hatte er den Dealer, der ihm das LSD verkaufte, übel zugerichtet. Zur Beseitigung seiner regelmäßig auftretenden Flashbacks verordneten die Psychiater Medikamente und entließen ihn aus dem Krankenhaus in weitere psychiatrische Behandlung. Ob diese ihm langfristig geholfen hat, ist nicht bekannt.
Ich habe nicht einen einzigen Bericht gefunden, in dem ein gesunder Mensch durch eine versehentliche Überdosierung an LSD verstorben ist. Die wahrscheinlich größte versehentliche Überdosierung an LSD wurde 1975 beschrieben: Acht Menschen nahmen LSD-Pulver in extrem hoher Dosis über die Nase auf. Sie gingen irrtümlich davon aus, Kokain vor sich zu haben. Innerhalb von 15 Minuten erlebten die Menschen erhebliche körperliche Beschwerden und wurden in die Notaufnahme eingeliefert. Fünf der Patienten lagen bereits im Koma. Die anderen drei litten unter starker Hyperaktivität mit Halluzinationen. Weitere Symptome waren ein stark erhöhter Herzschlag, exzessives Schwitzen, Magenblutungen, geweitete Pupillen und Atemprobleme. Die Patienten wurden stationär aufgenommen und mit kreislaufstabilisierenden Maßnahmen versorgt.
Nach zwei bis drei Tagen konnten alle acht Patienten vollständig genesen entlassen werden. Ohne die frühe Einleitung der stabilisierenden Maßnahmen hätte aber alles sehr viel schlimmer enden können.
Drei weitere Vergiftungsfälle, bei denen jedoch die mehr oder weniger exakte Dosis bekannt war, veröffentlichten Wissenschaftler aus Kanada 2020 in der Fachzeitschrift Journal of Studies on Alcohol and Drugs. Im ersten Vergiftungsfall steht ein 15 Jahre altes Mädchen im Mittelpunkt, das versehentlich auf einer Party das gut Zehnfache einer üblichen „Freizeitdosis“ an LSD geschluckt hatte (rund 1 Milligramm statt 0,1 Milligramm). Besucher derselben Party berichteten von einem stark auffälligen Verhalten des Mädchens über sechs bis sieben Stunden. Ein erst dann gerufener Krankenwagen fand sie jedoch wach und bei einigermaßen klarem Verstand vor. Das Mädchen wurde ins Krankenhaus gebracht, wo es beobachtet und bei bester Gesundheit entlassen wurde.
Der zweite Fall passierte auf derselben Party. Eine in der zweiten Woche schwangere Frau (was ihr zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt war) nahm versehentlich eine fünffach so hohe Dosis wie gewollt (also etwa 0,5 Milligramm statt der für sie üblichen 0,1 Milligramm) zu sich. Innerhalb weniger Minuten erlitt sie einen Krampfanfall und verlor das Bewusstsein. Nach dem Erwachen am nächsten Morgen war sie jedoch wieder bei klarem Verstand und ohne weitere Symptome. Sie gebar rund neun Monate später einen gesunden Sohn, der inzwischen volljährig ist und in medizinischer Hinsicht völlig unauffällig heranwuchs.
Kommen wir – last but not least – zum dritten in der Publikation beschriebenen Vergiftungsfall. Dieser geschah mit einer sehr viel höheren Dosis. Eine 46 Jahre alte Frau wollte Kokain schnupfen, nutzte aber versehentlich das LSD ihres Mitbewohners. So verabreichte sie sich eine 550-fach höhere Dosis als die oben genannte Freizeitdosis (55 Milligramm statt 0,1 Milligramm). Nach etwa einer Stunde begann die Frau, zu erbrechen. Die folgenden elf Stunden verbrachte sie in einer Art Delirium, in dem sie sich viele weitere Male erbrach. Danach war sie wieder in der Lage, zu kommunizieren, wenn auch keine fein geschliffenen Verse vernommen werden konnten. Die folgenden zwölf Stunden erlebte sie in einem „angenehmen Rauschzustand“, währenddessen sie sich erneut mehrmals erbrach. Eine weitere Mitbewohnerin gab an, dass die Betroffene meist still auf einem Stuhl saß, teils mit offenen, teils mit geschlossenen oder zurückgerollten Augen. Sogar Schaum sei vor ihrem Mund gewesen. Glücklicherweise rehabilitierte sie sich nach diesen rund 24 Stunden wieder vollständig.
Offenbar ist es nicht so einfach, sich tatsächlich tödlich mit LSD zu vergiften. Trotzdem ist von einer Überdosierung generell abzuraten, können doch unangenehme körperliche Vergiftungssymptome aus einem überdosierten Gebrauch von LSD resultieren.
Das Hauptrisiko, das aus dem Konsum von LSD resultiert, betrifft meines Erachtens die psychische Komponente. Aus einem gewollten positiven Trip kann durchaus ein Schreckensszenario werden. Hierbei steigt das Risiko für schlechte Erfahrungen, wenn es um die eigene Gemütsverfassung aktuell nicht gut bestellt ist. Und: Aus einem schlechten Trip können schnell irrationale Handlungen resultieren, die dann Verletzungen beinhalten. Auch Flashbacks können die Lebensqualität erheblich mindern.
Bleibt noch die Frage nach der potenziellen Sucht. LSD ist nicht dafür bekannt, körperlich abhängig zu machen. Eine psychische Abhängigkeit gibt es allerdings sehr wohl. Das starke Verlangen, einen als angenehm empfundenen Trip wieder zu erleben, kann zu ebendieser psychischen Abhängigkeit führen.
Dieser Artikel ist ein Auszug aus „Die Wahrheit über unsere Drogen“ von #DerApotheker und Dr. Carsten Schleh. Das Buch erscheint am 27. Oktober 2023.
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Bildquelle: erstellt mit Midjourney