Auf dem diesjährigen Urologen-Kongress standen Digitalisierung und interdisziplinäre Zusammenarbeit im Fokus. Außerdem stellte die DGU ein PSA-basiertes Screening vor und appellierte: Weiterbildung müsse auch bei eingeschränkten Ressourcen funktionieren.
Mehr als 6.200 Teilnehmer besuchten die 75. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Urologie in Leipzig. „Die große Zahl der Besucherinnen und Besucher zeigt, wie wichtig Wissenstransfer und persönlicher Austausch vor dem Hintergrund der aktuellen fundamentalen Umwälzungen im Gesundheitssystem sind“, resümierte DGU- und Kongresspräsident Prof. Martin Kriegmair. Er rückte die interdisziplinäre Zusammenarbeit in einer immer komplexeren Urologie und, im Jahr der großen Gesundheitsreformen, die Transformation des Faches durch Digitalisierung, Krankenhausreform, Ambulantisierung und den Fachkräftemangel in den Fokus.
Am Eröffnungstag stellte DGU-Generalsekretär Prof. Maurice Stephan Michel einen Algorithmus für ein risikoadaptiertes, PSA-basiertes Screening mit ggf. anschließender multiparametrischer Magnetresonanztomografie (mpMRT) vor. Er appellierte an die Verantwortlichen, die EU-Ratsempfehlung für ein Prostatakrebs-Früherkennungsprogramm als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen umzusetzen: „Es darf nicht sein, dass Deutschland zum Schlusslicht in der Früherkennung des Prostatakarzinoms in Europa wird.“
Ambulantes Operieren könne nach Worten des Präsidenten eine Erfolgsstory werden; dafür brauche es eine hohe Fallzahl und eine eigene organisatorische, personelle und bauliche Infrastruktur, die Vergütung müsse ausreichend und entsprechende Investitionsmittel vorhanden sein. Mit Blick auf das Krankenhausstrukturgesetz unterstrich Michel, dass die Urologie für die kommenden Veränderungen sicher aufgestellt sei und es für den 3. Sektor bislang stationärer Leistungen enger Kooperationen und regionaler Vernetzungen bedürfe. Ein Plädoyer für die Zweiteilung des DGU-Vorstandsressorts Ressort Wissenschaft und Praxis in Klinik und Praxis hielt der scheidende DGU-Vorstand Dr. Thomas Speck. Auch die Vorsitzende der GeSRU, Dr. Carolin Siech, sandte einen Appell aus dem DGU-Plenum: Weiterbildung müsse auch bei eingeschränkten Ressourcen funktionieren.
Vorgestellt wurden auch die Aktualisierungen der S3-Leitlinie Harnwegsinfektionen, der S2e-Leitlinie Diagnostik und Therapie des Benignen Prostatasyndroms (BPS) sowie der S2k-Leitlinie Varianten der Geschlechtsdifferenzierung. Außerdem wurden Themen wie Fachkräftemangel, Nachwuchsbindung, neue Versorgungs- und Kooperationsmodelle, Digitalisierung der Urologie, Telehealth, Apps und Künstliche Intelligenz schwerpunktmäßig adressiert.
Angesichts der anstehenden Transformationsprozesse widmete die DGU unter dem Titel „Urologie im Spannungsfeld der Reformen“ erstmals ein Plenum der Berufspolitik. Ansichten zur Reformierung der stationären und sektorenübergreifenden Versorgung gab es hier aus erster Hand von Prof. Tom Bschor, Koordinator der Regierungskommission Krankenhausversorgung am Bundesministerium für Gesundheit. Für Aufsehen sorgte am Ende des Plenums die erste Protestaktion auf einem DGU-Kongress, mit der Urologen ihrem Unmut gegen die derzeitige Gesundheitspolitik Ausdruck gaben. „Keine Staatsmedizin!“, „Für den freien Arztberuf!“ oder „Sichere Finanzierung für Praxis und Klinik!“ war auf den Schildern zu lesen.
In den sozialen Medien wurde unter anderem der Wunsch nach paritätisch besetzten Panels auf den Podien und Moderationen des nächsten DGU-Kongresses laut. Die DGU-Arbeitsgemeinschaft Ärztinnen und Wissenschaftlerinnen hatte ein Update zur Situation der Frauen in der Urologie gegeben und mit einem Plakat ihrer AG „Operieren in der Schwangerschaft“ auf sich aufmerksam gemacht.
Traditionell fanden im Rahmen der DGU-Jahrestagung ein Pflegekongress für die urologischen Pflege- und Assistenzberufe, ein Schülertag sowie ein Studierendentag für den dringend gebrauchten medizinischen Nachwuchs im Zukunftsfach Urologie statt. Auf der Industrieausstellung im CCL präsentierten rund 160 nationale und internationale Unternehmen Neues aus der Pharmaindustrie und der Medizintechnik.
Mit der Wahl von Prof. Susanne Krege zur 2. Vizepräsidentin, die in der Amtsperiode 2025/2026 in das Präsidentenamt aufrücken wird, stellten die DGU-Mitglieder bei den turnusgemäßen Vorstandswahlen auf dem Kongress in Leipzig die Weichen für die zweite Frau an der Spitze der Fachgesellschaft.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Urologie.
Bildquelle: Timon Studler, Unsplash