Die diabetische Neuropathie (DN) ist eine sehr häufig vorkommende Komplikation bei Diabetes mellitus. Obwohl häufig angenommen wird, dass sich diese erst im späten Verlauf der Erkrankung entwickelt, ist mittlerweile übereinstimmend bekannt, dass sich DN bereits in den ersten 12 Monaten nach Diagnose von Diabetes mellitus nachweisen lassen kann – teilweise sogar prädiabetisch. Und die Diagnosestellung der DN ist wichtig – schließlich erhöht DN die Morbidität sowie die Mortalität und ist ein wesentlicher Faktor in der Entstehung des diabetischen Fußes. In den letzten Jahren zeigte sich eine Korrelation zwischen Advanced glycation end-products (AGEs) und der Entwicklung sowie der Progression von DN. Stella Papachristou et al. fassten aus diesem Grund in ihrer Review im Journal BMC Endocrine Disorders die bisherigen Erkenntnisse zu diesem Thema zusammen – die wir hier wiederum vorstellen werden.1 Aber ganz der Reihe nach: Was sind eigentlich AGEs?
Physiologisch ist unser Körper stark auf die Verzuckerung (Glycosylation) von Proteinen und Fetten angewiesen – die komplexeste posttranslationale Modifikation in unserem Körper. Die häufigste Form ist die sogenannten N-Glycosylation bei der verschiedene Zuckerstrukturen an einem Asparaginrest angehängt werden. Diese Zuckerstrukturen erhöhen unter anderem die Stabilität und Aktivität der Proteine. Glycation hingegen verläuft nicht-enzymatisch und ist mit Erkrankungen sowie dem Altern assoziiert. Advanced glycation end-products (AGEs) sind Proteine, Fette sowie Nukleinsäuren die durch Glycation im Rahmen eines hyperglykämischen Zustandes entstehen. AGEs können wie bereits erwähnt im Alter vermehrt entstehen – Diabetes mellitus, kardiovaskuläre Erkrankungen, Alzheimer und viele weitere Erkrankungen können deren Akkumulation allerdings weiter erhöhen. Warum AGEs vor allem bei Diabetes mellitus wichtig sind? AGEs stehen in Verbindung mit einer Reihe an Diabetes mellitus-assoziierten Komplikationen: Mikrovaskulären Komplikationen, Progression von Retinopathie, Nephro- sowie Neuropathie. Gerade die Anhäufung von AGEs in der Haut sind mit diabetischer Neuropathie assoziiert, welche wiederrum ein großer Risikofaktor für die Entstehung eines diabetischen Fußes ist. Messen kann man AGEs in der Haut anhand dessen Autofluoreszenz (sAF).
AGEs können aufwendig mittels Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA), Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) und Massenspektrographie gemessen werden. Der Goldstandard für gewebegebundene AGEs ist hingegen eine Gewebebiopsie. Sie ist äußerst robust und liefert Einblicke in den Krankheitsprogress. Allerdings ist sie invasiv und zeitintensiv. Leichter und vor allem angenehmer für Patient:innen ist die nicht-invasive Messung der Autofluoreszenz der Haut mittels eines AGE-Readers. Bei diesem Vorgehen wird ein kleiner Bereich am Unterarm mit einer Anregungsfrequenz von ∼370 nm belichtet und das Emissionslicht von 300-600 nm gemessen. Ein Algorithmus kann anschließend die Mengen an AGEs im Gewebe in einer arbitrary unit (AU) angeben – gerade die AGEs Pentosidin, Carboxymethyl-Lysin und Carboxyethyl-Lysin lassen sich so sehr leicht nachweisen.
Weitere Untersuchungen sind zwar nötig, aber derzeit ist stark davon auszugehen, dass AGEs in der Haut ein zuverlässiger Marker für die Entwicklung sowie den Progress von Diabetes mellitus-assoziierten Komplikationen sind. Die einfachere und nicht-invasive Messung der AGEs anhand der Hautautofluoreszenz könnte sich daher zur Früherkennung eignen. Dadurch wäre es möglich Hochrisikopatienten genauer zu überwachen und eine frühzeitige Einleitung der Behandlung zur Vermeidung des Krankheitsprogress einzuleiten. Die drei wichtigsten derzeitigen Erkenntnisse bezüglich AGEs und DN sind:
Zwar braucht es noch weitere Untersuchung, um die Rolle von AGEs bei Diabetes mellitus abschließend zu klären, derzeit deutet aber einiges auf hin, dass AGEs ein geeigneter Marker für den Krankheitsverlauf darstellt. Gerade die nicht-invasive, kostengünstige und hoch reproduzierbare Methode zur Messung von AGEs anhand der Hautautofluoreszenz könnte hier in Zukunft eine große Rolle spielen, um Patient:innen frühzeitig mit der entsprechenden Behandlung zu versorgen.
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