Eine seit Jahrzehnten empfohlene Vorsorge taugt als alleiniges Diagnosemittel wohl wenig: Die Rede ist von der digitalen rektalen Untersuchung der Prostata. Lest hier mehr zu aktuellen Daten und möglichen Alternativen.
Die digitale rektale Untersuchung (DRU) der Prostata gehört als Kassenleistung zur Krebsvorsorge dazu. Ihre Aussagekraft als alleinige Methode ist gering, sie sollte Experten zufolge eigentlich immer im Zusammenspiel mit weiteren diagnostischen Verfahren zum Einsatz kommen. Zwar werde die DRU als Einzeluntersuchung bereits für Patienten ab 45 Jahren empfohlen, doch besonders bei jüngeren Männern ist sie offenbar gar nicht zur Krebsdiagnose geeignet. Das zeigt jetzt eine aktuelle Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums.
Die Analyse fand im Rahmen der PROBASE-Studie statt, in die über 46.000 Männer im Alter von 45 Jahren eingeschlossen wurden – mit dem Ziel, mittels risikoangepasstem Screening die Früherkennung von Prostatakrebs zu verbessern. Ausgangspunkt der Studie ist die Beobachtung, dass der PSA (Prostata-spezifisches Antigen)-Wert bei Männern zwischen 45 und 40 Jahren eine hohe Aussagekraft darüber hat, ob der Patient an einem Prostatakarzinom erkranken wird. Die DRU wurde als einmaliges, eigenständiges Screening-Angebot bei 6.537 45-jährigen Männern, deren PSA-Werte zunächst nicht bestimmt wurden, in einem Arm der Studie analysiert. Bei 57 Männern wurden mit DRU verdächtige Befunde entdeckt, wovon lediglich 3 Fälle mittels Prostatabiopsie als Prostatakarzinome bestätigt werden konnten. Die Entdeckungsrate durch DRU betrug 0,05 % (3 von 6.537) im Vergleich zu einer vierfach höheren Rate durch PSA-Screening (48 von 23.301, 0,21 %).
Studienleiter Prof. Peter Albers, Direktor der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Düsseldorf und Leiter der Abteilung Personalisierte Krebsfrüherkennung des Prostatakarzinoms am DKFZ, fasst im Gespräch mit DocCheck zusammen: „Die DRU ist als alleinige Untersuchung zur Früherkennung eines Prostatakarzinoms nicht zuverlässig. Dies war zwar schon aus anderen Ländern bekannt, aber es ist jetzt das erste Mal, dass wir dies in einer so großen, prospektiven Kohorte junger Männer in Deutschland zeigen konnten. Wir haben dann auch noch mal umgekehrt getestet: 86 % der Tumoren, die wir in der PROBASE Studie gefunden haben, waren nicht tastbar. Das stellt die Sinnhaftigkeit des Verfahrens nochmal in Frage. Die Tastuntersuchung ist also keine vernünftige Früherkennungsmöglichkeit, nur fortgeschrittene Karzinome lassen sich tasten.“
Die Autoren fassen zusammen, dass eine alleinige DRU zum Screening auf Prostatakrebs wenig zuverlässig ist und bei jüngeren Männern nicht empfohlen werden sollte. Sie verbessere auch nicht die Erkennung von Karzinomen, die mit PSA-Screening entdeckt wurden. Insgesamt lasse sich eine „schlechte diagnostische Leistung der digital-rektalen Untersuchung bei der Früherkennung von Prostatakrebs bei jungen Männern“ festhalten.
Albers dazu: „Das gießt Öl ins Feuer derer, die sagen, dass die bisherige, durch die Krankenkassen seit 50 Jahren empfohlene und bezahlte Vorsorge nichts bringt. Aufgrund der neuen Datenlage und besonders der Forderung der Europäischen Kommission, das Prostatascreening europaweit zu organisieren, wird die Thematik nun auch erneut den G-BA und das IQWIG beschäftigen. Ich gehe davon aus, dass die Problematik der aktuell empfohlenen Früherkennung durch die Tastuntersuchung auch dort nochmal überdacht wird. Die risiko-adaptierte Strategie in der Kombination von PSA Test und MRT Bildgebung, die wir vorschlagen, muss zwar erst noch bezüglich der Umsetzbarkeit in der Breite geprüft werden, aber es deutet sich an, dass wir damit ein wesentlich intelligenteres Screening auf die Beine stellen können. Dies wäre für jüngere Männer, die wissen wollen, ob sie von Prostatakarzinomen betroffen sind oder nicht, wesentlich attraktiver.“
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