Laut Empfehlungen muss Insulin gekühlt gelagert werden. Das überraschende Ergebnis einer Studie: Insulin kann monatelang bei Raumtemperatur aufbewahrt werden, ohne an Wirksamkeit einzubüßen. Mehr dazu lest ihr hier.
Insulin ist ein körpereigenes Hormon, das den Blutzuckerspiegel kontrolliert und es den Zellen unseres Körpers ermöglicht, Glukose als Energiequelle zu nutzen. Menschen mit Diabetes produzieren entweder nicht genügend Insulin oder ihre Zellen sprechen nicht mehr ausreichend auf das vorhandene Insulin an. Insbesondere bei Typ-1-Diabetes ist unter die Haut injiziertes Insulin ein überlebenswichtiges Medikament. Humaninsulin steht aus diesem Grund seit 1977 auf der Liste der unverzichtbaren Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Gemäß den aktuellen Empfehlungen der Hersteller muss Insulin vor der Verwendung gekühlt aufbewahrt werden, um seine Wirksamkeit nicht zu verlieren. Weltweit leben jedoch Millionen von Menschen mit Diabetes in Gegenden, in denen es keinen oder nur unzureichenden Zugang zu Gesundheitseinrichtungen oder Kühlmöglichkeiten gibt. Noch komplizierter wird die Versorgung an Orten, die von Katastrophen, extremen Hitzeperioden oder Kriegen betroffen sind.
Ein Team von Autoren unter der Leitung von Bernd Richter vom Institut für Allgemeinmedizin der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf ist nun der Frage nachgegangen, ob bzw. wie stark die Lagerung von Insulinampullen, Insulinpatronen und Insulinpens außerhalb von Kühlschränken die Wirksamkeit vermindert. Ein Cochrane Review fasst die Ergebnisse von insgesamt 17 verfügbaren Studien zum Thema zusammen. Berücksichtigt wurden zudem zuvor unveröffentlichte Daten von pharmazeutischen Herstellern.
Demnach ist es möglich, ungeöffnete Ampullen und Patronen von kurz- und mittellangwirkendem Insulin sowie Mischinsulin bei Temperaturen von bis zu 25°C maximal sechs Monate lang und bei Temperaturen von bis zu 37°C maximal zwei Monate lang aufzubewahren, ohne dass es zu einer klinisch relevanten Abnahme der Insulinaktivität kommt. Auch eine bis zu dreimonatige Lagerung bei Temperaturen, die den Tages- und Nachtschwankungen in tropischen Ländern ähneln, führt nicht zu einem klinisch relevanten Verlust, wie Daten aus einer Studie zeigen.
Richter betont die Bedeutung dieser Forschung insbesondere für Menschen mit Typ-1-Diabetes, die ohne Insulin nicht überleben können. Sie benötigen für Situationen ohne Kühlmöglichkeit klare Anweisungen, die bisher aus offiziellen Quellen fehlen. Alternativen zur strombetriebenen Kühlung von Insulin sind möglich, ohne die Stabilität dieses lebenswichtigen Medikaments zu gefährden. Beispielsweise kann Insulin in mit Wasser oder nassem Sand gefüllten und so gekühlten Tontöpfen aufbewahrt werden, wie Daten aus einer kleinen klinischen Pilot-Studie über sechs Wochen nahelegen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Cochrane Deutschland. Die Originalpublikation haben wir euch hier verlinkt.
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