CT-Scans erhöhen bei Kindern das Leukämie-Risiko, zeigt eine aktuelle Studie. Müssen die Vorschriften in Deutschland noch strenger werden?
Die Vorteile der Computertomographie (CT) für die Diagnose und Behandlung von Patienten liegen auf der Hand. Immerhin lassen sich mit dem Verfahren verschiedene Erkrankungen und Verletzungen aufspüren. Klar ist aber auch, dass zu viel Röntgenstrahlung das Krebsrisiko erhöhen kann.
„Die mit CT-Scans verbundene Strahlenbelastung gilt zwar als gering (weniger als 100 Milligray [mGy]), ist aber immer noch höher als bei anderen diagnostischen Verfahren“, so Prof. Elisabeth Cardis, Epidemiologin am Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal). Insbesondere für junge Patienten kann die Strahlenbelastung gefährlich werden. Während in früheren Studien schon das Risiko einer hohen Strahlendosis für Kinder und Erwachsene ermittelt werden konnte, ist das für den Einsatz niedriger Dosen unklar.
Bereits im Dezember letzten Jahres zeigten die Ergebnisse der Kohortenstudie namens Epi-CT einen Zusammenhang zwischen CT-Scans und Hirntumoren bei Kindern. Nun haben die Forscher untersucht, ob auch das Risiko für Leukämie bei Kindern steigt, die sich einer CT-Untersuchung unterzogen haben. Dazu haben die Forscher Daten von über 900.000 Patienten aus 9 europäischen Ländern, darunter auch Deutschland, analysiert. Die Probanden waren unter 22 Jahre alt und hatten mindestens einen CT-Scan. Die Forscher schätzten für jede dieser Personen die Strahlendosis auf das Knochenmark und verknüpften diese Informationen mit nationalen Krebsregistern. Dadurch konnten sie diejenigen Personen identifizieren, die in den Jahren nach der CT-Untersuchung an Leukämie erkrankten. Im Schnitt betrug die Nachbeobachtungszeit 7,8 Jahre; für Personen mit CT-Scans in den 1980er-Jahren konnten die Forscher die Probanden sogar über 20 Jahre nachverfolgen.
„Die Ergebnisse zeigen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Strahlendosis für das Knochenmark bei CT-Untersuchungen und dem Risiko, an Krebs des Blut- und Lymphsystems (myeloische und lymphoide Malignomen) zu erkranken“, erklärt Prof. Michael Hauptmann vom Institut für Biometrie und Registerforschung der MHB, der an der Erfassung und statistischen Auswertung der Daten beteiligt war. „Eine Dosis von 100 mGy erhöht das Risiko, an Krebs des Blut- oder Lymphsystems zu erkranken, um etwa das Dreifache.“
Eine heute übliche Untersuchung mit einer durchschnittlichen Knochenmarkdosis von etwa 8 mGy erhöht der Studio zufolge das Risiko, an diesen Krebsarten zu erkranken, um etwa 16 Prozent. In absoluten Zahlen heißt das, dass bei 10.000 Kindern, die sich einer CT-Untersuchung unterziehen, im Zeitraum von 2 bis 12 Jahren nach der Untersuchung etwa 1–2 Fälle dieser Krebsarten auftreten. Laut der Forscher seien ihre Ergebnisse ein weiterer Beleg dafür, die Strahlendosis bei Kindern so niedrig wie möglich zu halten.
„In Deutschland wird insgesamt schon recht restriktiv mit CT bei Kindern/Jugendlichen umgegangen“, sagt Prof. Hajo Zeeb, Leiter der Abteilung Prävention und Evaluation vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) in Bremen. „Insofern bestätigt die vorliegende Studie diese Praxis und kann gegebenenfalls an manchen Praxen oder Kliniken nochmal für zusätzliche Klarheit und zu Anstrengungen führen.“
Laut dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) muss ein CT-Scan – wenn er unumgänglich ist – bei Kindern mit der geringst möglichen Strahlendosis durchgeführt werden. Hierzu gebe es in Deutschland diagnostische Referenzwerte für CT-Untersuchungen bei Kindern unterschiedlichen Alters, die im Mittel über eine Patientengruppe nicht überschritten werden dürfen. „Unabhängig hiervon sind CT-Untersuchungen grundsätzlich nur dann durchzuführen, wenn es hierfür eine klare Indikation gibt. Dieses Prinzip der ‚rechtfertigenden Indikation‘ wird in Deutschland bei Kindern und Jugendlichen besonders streng gehandhabt“, heißt es vom BfS.
Quellen:
Bosch de Basea Gomez et al. Risk of hematological malignancies from CT radiation exposure in children, adolescents and young adults. Nat Med, 2023. https://doi.org/10.1038/s41591-023-02620-0
Hauptmann et al. Brain cancer after radiation exposure from CT examinations of children and young adults: results from the EPI-CT cohort study. Lancet Oncology, 2022. https://doi.org/10.1016/S1470-2045(22)00655-6
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