Kommt es zu einer Gewebeverletzung, dann wird eine physiologische Reaktion angestoßen: Die Wundheilung. Sie hat das Ziel das Gewebe zu schließen und die Integrität aufrechtzuerhalten. Jedoch ist sie kein simples Phänomen – stattdessen ähnelt die Wundheilung eher einem großen Orchester in dem viele Prozesse Hand in Hand funktionieren müssen. Hier gehen wir step-by-step die unterschiedlichen Schritte der Wundheilung durch.
Nach der Gewebeverletzung reagiert der Körper erst einmal mit einer Vasokonstriktion der Blutgefäße – so kommt es zu einem raschen Stopp der Blutung sowie Abfluss von Lymphflüssigkeit. Sowohl die extrinsische als auch intrinsische Gerinnungskaskade werden hierbei aktiviert. Die Freisetzung von Adenosin-5‘-diphosphat (ADP) führt anschließend zur Verklumpung der Thrombozyten, welches die Thrombose-Bildung einleitet. Die anfängliche Vasokonstriktion wird dann von einer Vasodilatation abgelöst, die einen Einstrom von Leukozyten (vor allem neutrophile Granulozyten) und weiteren Thrombozyten ermöglicht. Diese Zellen setzen daraufhin eine Reihe an Mediatoren und Zytokine frei, welche die Angiogenese, Thrombose sowie Reepithelisierung fördern. Umliegende Fibroblasten synthetisieren derweil extrazelluläre Komponente, die als Gerüst für die Wundheilung dienen.
Hämostase, Chemotaxis und eine erhöhte Gefäßdurchlässigkeit kennzeichnen die Entzündungsphase. Leuko- als auch Thrombozyten beschleunigen die Entzündungsprozesse, indem sie vermehrt Mediatoren und Zytokine freisetzen. Zusätzlich fördern die von Thrombozyten freigesetzten Wachstumsfaktoren neben weiteren Faktoren den Kollagenabbau, die Umwandlung von Fibroblasten, die Angiogenese sowie die Reepithelisierung. Alle Prozesse laufen gleichzeitig und fein abgestimmt zueinander ab. Serotonin und Histamin werden in dieser Phase von Thrombozyten freigesetzt und erhöhen die zelluläre Permeabilität während ebenfalls von Thrombozyten freigesetzte Wachstumsfaktoren Fibroblasten anlocken sowie deren Kollagenbildung fördern. Entzündungszellen wie Neutrophile oder Monozyten entfernen mittels Phagozytose Zelltrümmer und Bakterien, um die Wunde zu reinigen. In der Regel dauert diese Phase mehrere Tage.
In dieser Phase, die ständig im Hintergrund abläuft, kommt es vor allem zu der Bildung von Granulationsgewebe, Reepithelisierung und Neovaskularisierung. In den Tagen 5 bis 7 haben Fibroblasten bereits neues Kollagen sowie Glykosaminoglykane gebildet, die den Kern der Wunde bilden sowie die Wunde stabilisieren. Anschließend migriert eine Vielzahl an Zellen aus dem umliegenden Gewebe in die Wunde. Im ersten Schritt kommt es so zu der Bildung einer dünnen, oberflächigen Schicht von Epithelzellen, die mit der Zeit dicker und stabiler wird. Als Nächstes erfolgt die Neovaskularisierung sowohl durch Angiogenese, (die Bildung neuer Blutgefäße aus vorhandenen Gefäßen), als auch durch Vaskulogenese, (die Bildung neuer Gefäße aus endothelialen Vorläuferzellen (EPCs)). Die Reifungs- und Umbauphase beginnt etwa nach 3 Wochen und kann bis zu 12 Monaten andauern. Durch migrierte Myofibroblasten kann die Wunde kontrahieren – diese Wundkontraktion erreicht nach ca. 3 Wochen ihren Höhepunkt und ist in der Sekundärheilung deutlich stärker ausgeprägt als in der Primärheilung. Die endgültige Narbe wird allerdings nie 100 % der ursprünglichen Stärke sowie etwa nur 80 % der Zugfestigkeit aufweisen. Ist dieser Prozess abgeschlossen, so gilt auch die Wundheilung insgesamt als beendet.
Im Allgemeinen sollten Wunden innerhalb von 4 bis 6 Wochen abheilen. Sollte die Wundheilung in dieser Zeit nicht abgeschlossen sein, so spricht man von einer chronischen Wunde. Eine große Anzahl lokaler Faktoren wie Wundinfektion, Hypoxie oder Dehydrierung als auch systemische Faktoren wie Diabetes oder Mangelernährung können zu einer gestörten Wundheilung führen. Hier erfahren Sie noch mehr zu Störfaktoren der Wundheilung. Vorsicht sollte vor allem bei Wundinfektionen geboten sein – diese gelten als schwerwiegender Störfaktor in der Wundheilung. Das Risiko einer Wundinfektion sollte daher stets minimiert werden. Wie Sie eine Wundinfektion erkennen und so auch frühzeitig die Therapie dahingehend anpassen können, erfahren Sie hier.