Hier in Deutschland gibt es keine gefährlichen Spinnen – oder etwa doch? Die eingewanderte Dornfingerspinne breitet sich in Deutschland aus. Wie ihr den Biss erkennt und bei welchen Patienten er sogar tödlich sein kann, lest ihr hier.
Spinnen wecken eine Urangst in uns Menschen. Diese Angst – auch Arachnophobie genannt – wird oft begleitet durch einen extremen Ekel vor den achtbeinigen Tierchen (okay, bei manchen Exemplaren ist die verniedlichende Form nicht angebracht).
Ich kenne Menschen, die die Straßenseite wechseln, wenn eine Spinne ihr Netz an einer Häuserecke, an der sie vorbeiflanieren möchten, gebaut hat. Andere Menschen verursachen auf der Autobahn fast einen Unfall, da sie nach dem Erblicken einer Spinne im Wageninneren mit einem schrillen Kreischen das Lenkrad loslassen. Für mich, der Spinnen je nach Art zwar Respekt, aber keinerlei Furcht entgegenbringt, ist dies ein irrationales Verhalten. Zwar können manche Spinnen mit einem einzelnen Biss töten (ein Grund, weswegen Australien nicht ganz oben auf meiner Reiseliste steht), in Deutschland sind diese Exemplare aber nicht heimisch. Lebensbedrohlich ist ein Biss der hier heimischen Spinnen in aller Regel nicht. Und es wird noch harmloser: Im Normalfall sind heimische Spinnen noch nicht einmal in der Lage, unsere dicke Haut zu durchdringen. Ein Beißen von Menschen ist also für viele unserer heimischen Spinnenarten gar nicht möglich.
Allerdings bestätigen Ausnahme wie so oft die Regel. Wobei die Ausnahme hier nicht auf die Letalität bezogen ist, sondern auf das Durchdringen der menschlichen Haut. Ein Beispiel hierfür ist der Ammen-Dornfinger, auch bekannt als Dornfingerspinne. Die Spinne des Jahres 2023 wird bis zu 1,6 Zentimeter groß und weist einen rot-orangenen Vorderkörper sowie ein gelb bis olivgrünes Hinterteil auf.
Zu unserem Glück ist sie jedoch nicht aus Aggressivität auf den Menschen fixiert oder gar um den Menschen als Beute zu gewinnen. Zu unangenehmen Zusammenstößen kommt es nur, wenn die Spinne sich bedroht fühlt und sich verteidigt. Mit einem einzelnen Biss wird dann das Gift in uns injiziert. Dieses Gift besteht aus verschiedenen Bestandteilen, die in Team-Arbeit ihr Werk in unserem Körper vollbringen. Hierbei sind beispielsweise sogenannte proteolytische Enzyme, mit am Start. Ein weiterer Bestandteil sind die CpTx-Toxine, wie beispielsweise das CpTx-1. Diese Toxine können für eine vollständige Lähmung kleinerer Beutetiere und letztendlich sogar für ihren Tod sorgen. In einem Laborversuch mit isolierten Muskelfasern im Reagenzglas kann eine große Menge der Toxine zu einer Muskelkontraktion und zur Schädigung der Fasern führen. Und auch die zarten Zellmembranen, welche unsere Körperzellen umgrenzen, können durch die Toxine geschädigt werden. Dies sorgt dann für eine Destabilisierung der gesamten Zelle und letztendlich für ihren Untergang. Zum Glück sind wir kein kleines Beutetier, sondern ein wenig größer als die übliche Beute der Dornfingerspinne. Die Giftmenge, die im Fall eines Bisses in uns appliziert wird, ist verglichen mit unserer Körpermasse vergleichsweise klein.
Solltet ihr nun das Pech haben, von einer Dornfingerspinne gebissen zu werden, tritt im Normalfall als erstes Symptom direkt um die Bissstelle ein starker Juckreiz auf. Dieser wird in aller Regel von Schmerzen – ähnlich denen eines Bienenstichs – begleitet. Meist folgt eine Schwellung. Je nach exakter Menge des injizierten Giftes, können sich die Symptome auch auf Nachbarbereiche ausdehnen. Sehr selten können Fieber, Schwindel, Schüttelfrost und Erbrechen auftreten. In äußerst seltenen Fällen ist auch Kreislaufversagen eine mögliche Folge eines Bisses. Normalerweise wird es jedoch höchstens bei einem Biss in der Nähe der Atemwege kritisch. In diesen Fällen kann die resultierende Schwellung verengend auf die Atemwege wirken – eine Erstickung droht. Auch ein schwerer allergischer Schock kann je nach Veranlagung nach einem Biss folgen. In diesen seltenen schweren Fällen solltet ihr schnellstmöglich einen Rettungswagen alarmieren. Im Normalfall sind die Bissfolgen bei einem gesunden Erwachsenen jedoch nicht lebensbedrohlich und die Symptome klingen von alleine wieder vollständig ab.
Selbstverständlich könnt ihr bei Beschwerden nach einem Biss immer einen Arzt aufsuchen oder niederschwellig den Giftnotruf kontaktieren.
Antreffen könnt ihr die Dornfingerspinne in Deutschland übrigens erst seit den 1950er Jahren. Sie kommt ursprünglich aus Südeuropa und es ist anzunehmen, dass der Klimawandel durchaus dazu beiträgt, dass wir sie in Zukunft häufiger in Deutschland antreffen werden. In Deutschland hat sie es sich bisher in der nordwestlichen Niederlausitz bis in den Westen Sachsen-Anhalts, in Rathenow, Potsdam und im brandenburgischen Elbtal gemütlich gemacht. Allerdings wurden die Exemplare auch schon in anderen Teilen Deutschlands gesichtet. Heimisch fühlt sie sich auf Ackerbrachen und Waldlichtungen sowie in Regionen des Aufeinandertreffens zweier Biotope wie Wegesränder oder Bahndämme.
Erst einmal, dass niemand Angst bekommen muss. Die Dornfingerspinne ist im Normalfall für uns nicht lebensbedrohlich. Falls ihr die Spinne antrefft, vermeidet den direkten Kontakt. Auf keinen Fall solltet ihr die sackartigen Nester, in welchen die Eier abgelegt werden, entfernen. Das mag die Spinne – verständlicherweise – gar nicht.
Und wenn ihr doch einmal gebissen werdet, bekommt keine Panik. In aller Regel ist der Biss zwar schmerzhaft, aber nicht lebensbedrohlich. Besonders aufmerksam solltet ihr jedoch bei Atemproblemen, Allergien und bei Kleinkindern sein. Hier ist ein Telefonat mit dem Giftnotruf, ein Besuch beim Arzt oder gar der Ruf eines Rettungswagens angeraten.
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