Gesetzliche Krankenversicherungen müssen Arzneimittel innerhalb von zehn Tagen vergüten, ansonsten verlieren sie jeglichen Anspruch auf Rabatte. Gilt das auch für Rückzahlungen? Nein, entschieden Richter aus Aachen. Apotheker hoffen, bei der Sprungrevision mehr Erfolg zu haben.
Die unendliche Geschichte zu Zwangsrabatten geht weiter. Nach einem Urteil der Schiedsstelle gelten für 2009 Abgaben von 1,75 Euro – Apotheker hatten jedoch 2,30 Euro berappt. Im Mai 2010 forderte das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Kostenträger auf, die Entscheidung umgehend zu ratifizieren. Differenzen in Höhe von 55 Cent pro Packung sollten eigentlich über die Rechenzentren erstattet werden. Krankenkassen ließen sich dafür viel Zeit, sehr zum Ärger von Inhabern. Kollegen versuchten, dagegen mit einem juristischen Schachzug vorzugehen.
Im V. Sozialgesetzbuch, Paragraph 130, fanden sie eine mögliche Achillesferse: „Die Gewährung des Abschlags setzt voraus, dass die Rechnung des Apothekers innerhalb von zehn Tagen nach Eingang bei der Krankenkasse beglichen wird.“ Deshalb ließen Kollegen überprüfen, ob GKVen durch ihr Spiel auf Zeit jeglichen Anspruch auf Rabatte verloren hätten – und 2,30 Euro statt 0,55 Euro erstatten müssten. Jetzt hat sich das Sozialgericht Aachen mit acht Fällen befasst (Az.: S 13 KR 385/13, S 13 KR 389/13, S 13 KR 391/13, S 13 KR 393/13, S 13 KR 396/13, S 13 KR 398/13, S 13 KR 401/13, S 13 KR 404/13). Die Klagen umfassen ein Volumen von 126.194,25 Euro.
In ihrer Urteilsbegründung kritisieren Richter die apothekerlichen Argumentation nach kompletter Rückerstattung. „Ein solches Ergebnis hätte die Schiedsstellenentscheidung nicht nur ins Leere laufen lassen, sondern ad absurdum geführt.“ Dies sei „von keiner Seite gewollt und beabsichtigt“. Bei Nachforderungen von Rechenzentren handele es sich um keine klassische Vergütungsabrechnung wie beim Apothekenabschlag. Vielmehr läge ein „vom Gesetzgeber weder geregelter noch intendierten Sonderfall“ vor, für den keine Zehn-Tages-Frist laut SGB V gelte. Ansonsten bestünde zwischen den Akteuren eine „unausgewogene Risikoverteilung“.
Apotheker sind von dieser Entscheidung enttäuscht. Dennoch gibt es neue Chancen: Das Sozialgericht Aachen hat grünes Licht für eine Sprungrevision beim Bundessozialgericht in Kassel gegeben.