Bei 1 bis 3 % aller malignen Tumorerkrankungen lassen sich Metastasen finden, bei denen trotz aufwendiger Diagnostik kein Primärtumor identifiziert werden kann.1 Diese sehr heterogene Gruppe maligner Erkrankungen wird als „cancer of unkown primary“ (CUP) bezeichnet und stellt Behandler:innen vor große Herausforderungen: Zum einen gehören ungefähr 80 bis 85 % der CUP-Fälle zu einer besonders ungünstigen Kategorie.2-7 Zum anderen richtet sich die Therapie in der Onkologie in der Regel nach dem Primärtumor – aber worauf zielen beim CUP-Syndrom? Mit einer unspezifischen Platin-basierten Chemotherapie liegt das mediane Gesamtüberleben bei CUP nur unter einem Jahr.2-9 Zielgerichtete Therapien könnten bei dieser Malignität jedoch ein großes Potenzial haben, denn therapierbare Alterationen liegen bei etwa einem Drittel der Fälle vor.10-15 Eine kürzlich auf dem ESMO 2023 vorgestellte Studie zeigt nun, dass die Prognose bei CUP durch ein umfassendes molekulares Profiling und entsprechende personalisierte Therapieansätze verbessert werden kann. Die wichtigsten Ergebnisse haben wir hier für Sie zusammengefasst.16
Die CUPISCO-Studie ist eine globale, randomisiert-kontrollierte Studie, welche die Effektivität und Sicherheit von zielgerichteten Therapien oder Immuntherapien, basierend auf einem umfassenden molekularen Tumorprofiling im Vergleich zu einer Platin-basierten Chemotherapie untersuchte (NCT03498521). Eingeschlossen wurden insgesamt 636 Patient:innen mit neu diagnostiziertem CUP der ungünstigen Kategorie, bei denen ein umfassendes gewebe- und/oder blutprobenbasiertes Tumorprofiling mit den validierten Assays FoundationOne®CDx und FoundationOne®Liquid CDx des erfahrenen Anbieters Foundation Medicine durchgeführt wurden. Alle Patient:innen erhielten zunächst im Rahmen einer Induktionsperiode drei Chemotherapiedosen. Nach Ende der Induktion wurden diejenigen Patient:innen mit komplettem Ansprechen (CR), partiellem Ansprechen (PR) oder stabiler Erkrankung (SD) im Verhältnis 3:1 randomisiert, um eine zielgerichtete Therapie basierend auf den Empfehlungen des molekularen Tumorboards (molecular guided therapy; MGT-Gruppe) oder eine Fortsetzung der Chemotherapie zu erhalten. Primärer Wirksamkeitsendpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS).
Die Foscher:innen und Ärzt:innen an den unterschiedlichen Tumorstandorten wurden durch ein molekulares Tumorboard (MTB) mit fester Besetzung – bestehend aus Verterter:innen der Pathologie und Onkologie sowie einer Person mit genomischer Expertise – bei ihrer Therapieentscheidung unterstützt. Bei 235 von 326 Patient:innen der MGT-Gruppe wurden keine therapierbaren Alterationen nachgewiesen. Diese erhielten standardmäßig eine Immuntherapie in Kombination mit einer Chemotherapie.
Im Vergleich zu den Patient:innen, die eine unspezifische Chemotherapie erhielten, war das mediane PFS in der MGT-Gruppe mit 6,1 Monaten im Vergleich zu 4,4 Monaten signifikant länger (HR 0,72; 95 % KI: 0,56–0,92). Dieser PFS-Vorteil wurde erreicht, obwohl in der MGT-Gruppe über 70 % der Patient:innen (n = 235 / 326) keine therapierbaren Alterationen zeigten und keine molekular begründete Therapie erhielten (siehe auch Abb. 1). Nachdem diese Fälle aus der MGT-Gruppe ausgeschlossen wurden, konnte in der MGT-Gruppe sogar ein mPFS von 8,1 Monaten erreicht werden (siehe auch Abb. 2).
Abb. 1: PFS in der MGT-Gruppe vs. Chemotherapie (mod. nach Mileshkin L et al.2023)16 * Alle randomisierten Patient:innen; unabhängig davon, ob die zugewiesene Behandlung erhalten wurde.
Abb. 2: PFS in der MGT-Gruppe nach Ausschluss der Patient:innen, die Immuntherapie + Chemotherapie erhielten (mod. nach Mileshkin L et al.2023)16 * Alle Patient:innen, die > 1 Dosis irgendeiner Therapie erhielten.
Werden CUP-Malignitäten unspezifisch mit einer Chemotherapie behandelt, liegt das mediane Gesamtüberleben unter einem Jahr.2–9 Die auf dem ESMO vorgestellten PFS-Daten der CUPISCO-Studie zeigen, dass die Identifizierung molekularer Alterationen und die Wahl einer entsprechenden zielgerichteten Therapie wichtig sind, um das CUP-Syndrom spezifischer zu therapieren und die Prognose zu verbessern. Dabei wurde in der MGT-Gruppe ein PFS-Vorteil im Vergleich zu Chemotherapie erzielt, ohne das Risiko der Betroffenen in Bezug auf Sicherheit und Lebensqualität zu erhöhen.16 Daher ist die Durchführung eines umfassenden genomischen Profilings im Rahmen der CUP-Diagnose, z. B. mit den validierten Assays von Foundation Medicine, essenziell, um Patient:innen mehr Therapieoptionen zu ermöglichen.
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