Wie ein Bakterienlysat gegen Blasenentzündung hilft, warum Melatonin zwar verschreibungspflichtig, aber trotzdem überall erhältlich ist und wieso Ärzte die Schilddrüse immer mitdenken sollten. Drei Refresher aus meinem Apo-Alltag.
Als Apotheker begegnen mir immer wieder Missverständnisse oder Wissenslücken zu Arzneimitteln – auch bei Ärzten. Mit meiner Rubrik „Wusstest du schon …?“ möchte ich aufklären und unterhalten.
Wer häufiger unter einer Blasenentzündung leidet, kann mal das verschreibungspflichtige Arzneimittel Uro-Vaxom® ausprobieren, das je Kapsel 6 Milligramm Escherichia-coli-Lysat enthält. Man setzt das Mittel in der Regel ein, bevor man eine antibiotische Langzeitprävention durchführt. Laut Hersteller wirkt es als „Stimulans des Immunsystems, um die natürlichen Abwehrkräfte zu stärken“. Die Anwendungsdauer beträgt drei Monate.
Studien konnten die Wirkung als Immuntherapeutikum bei wiederkehrenden Harnwegsinfektionen bestätigen. Durch die Einnahme des Präparats wird nicht nur die Wahrscheinlichkeit reduziert, dass erneut eine Blasenentzündung auftritt, sondern auch die Behandlungszeit von Durchbruchinfektionen reduziert.
Wirft man einen Blick in Anlage 1 der Arzneimittelverschreibungsverordnung, findet man dort alle in Deutschland verschreibungspflichtigen Arzneimittel und unter welchen Bedingungen sie nicht verschreibungspflichtig sind. Sucht man nach Melatonin, findet man es dort. Schaut man, unter welchen Bedingungen Melatonin nicht verschreibungspflichtig ist, findet man keine.
Es gibt daher kein rein apothekenpflichtiges Melatonin-Präparat. Kann es nicht, es ist ja ausnahmslos verschreibungspflichtig. Warum bekommt man dann Melatonin sogar im Supermarkt hinterhergeworfen? Ein Hormon, das für zahlreiche Funktionen im Körper verantwortlich ist und über das wir noch nicht mal alles wissen. Ein Hormon, dessen Wirkung bei Menschen, die nicht unter einem Melatoninmangel leiden, noch nicht mal erwiesen ist. Ein Hormon, durch dessen Einnahme es zu Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Aggressivität, Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Erschöpfung, plötzlichen Schlafattacken und Albträumen kommen kann.
Also warum? Und dann auch noch ganz ohne Rezept oder Beratung. Der Grund dafür ist, dass Hersteller, die Melatonin verkaufen, es einfach als Nahrungsergänzungsmittel deklarieren. Denn der Stoff ist zum Teil eben auch in Lebensmitteln enthalten ist. Möchte man seinem Körper 0,1 Milligramm Melatonin zuführen, kann man zum Beispiel 1 Kilogramm Gurken oder 200 Kilogramm Bananen essen. Eine natürlich Begrenzung ist also gegeben.
Die Nahrungsergänzungsmittel dagegen dürfen sogar mehr Melatonin enthalten als verschreibungspflichtige Arzneimittel. Ergibt das Sinn? Nicht wirklich.
Kann der Körper nicht ausreichend Schilddrüsenhormone bilden, liegt eine Unterfunktion vor, eine Hypothyreose. Die Schilddrüse bildet dann zu wenig der beiden Hormone L-Thyroxin (T4) und Triiodthyronin (T3). Eine Hypothyreose wird oft erst spät erkannt, weil sie zu Beginn kaum Beschwerden verursacht. Wichtig zu wissen ist, dass eine Hypothyreose zu einem deutlich reduzierten Abbau von Arzneimitteln führen kann. Das bedeutet, dass, wenn andere Arzneimittel eingenommen werden müssen, ihre Konzentration im Blut zu hoch sein und schlimmsten Fall gefährlich werden könnte.
Eine Hyperthyreose führt hingegen zu einem beschleunigten Abbau von Arzneimitteln. Andere Arzneimittel wirken dann vielleicht nur kurz oder gar nicht, weil sie nicht die minimale effektive Konzentration erreichen.
Eine Hypothyreose wird meistens mit L-Thyroxin behandelt. Nimmt man L-Thyroxin falsch ein, zum Beispiel mit Kaffee und Milch, kommt es erneut zur Hypothyreose. Wurde man eingestellt, als man L-Thyroxin bereits falsch eingenommen hat und will es jetzt richtig machen, kommt nun zu viel L-Thyroxin ins Blut, wodurch eine Hyperthyreose entsteht. Das sollte man auch als Verschreibender immer im Hinterkopf behalten.
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