Hausärzte setzen trizyklische Antidepressiva bei Reizdarm-Patienten selten ein. Das könnte sich jetzt ändern: Eine Studie zeigt, wie gut niedrig dosiertes Amitriptylin bei Reizdarmsyndrom wirkt.
Das Reizdarmsyndrom gehört zu den häufigsten Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes. Schätzungsweise sind ca. 12 % der Erwachsenen in Deutschland betroffen – weltweit wird die Prävalenz auf 11 % geschätzt, wobei dieser Wert Schwankungen unterliegt. Die Dunkelziffer wird als noch viel höher eingeschätzt, da viele Betroffene nicht zum Arzt gehen.
Die Behandlung des Reizdarmsyndroms ist aktuell auf die Symptombehandlung beschränkt. Die meisten Patienten werden in der Primärversorgung behandelt. Wenn diese Erstbehandlungen wie etwa die Beratung zu löslichen Ballaststoffen, die Umstellung des Lebensstils, eine Ernährung
sumstellung, aber auch Abführmittel sowie antidiarrhoische oder krampflösende Medikamente die Symptome nicht verbessern, schlagen Leitlinien des National Institute for Health and Care Excellence (NICE) eine Behandlung mit niedrig dosierten trizyklischen Antidepressiva als Zweitbehandlung vor. Ihre Wirksamkeit in der Primärversorgung ist jedoch unbekannt und sie werden in diesem Umfeld nur selten verschrieben.
In einer früheren Studie wurde berichtet, dass weniger als 10 % der Hausärzte häufig trizyklische Antidepressiva gegen Reizdarmsyndrom verschreiben und nur 50 % der befragten Ärzte glauben, dass sie wirksam sind – und das obwohl 95 % der Allgemeinärzte trizyklische Antidepressiva zur Behandlung von Schlaflosigkeit verwenden. Die Vermutung liegt nahe, dass diese Tatsache eher auf der Unsicherheit über die Wirksamkeit des Medikaments bei Reizdarmsyndrom beruht als auf Bedenken hinsichtlich der Nebenwirkungen. An dieser Stelle setzt eine Studie nun an.
Teilnahmeberechtigt waren Teilnehmer im Alter von 18 Jahren oder älter, mit Rom-IV-RDS eines beliebigen Subtyps und anhaltenden Symptomen (Score des IBS-Schweregrads [IBS-SSS] ≥ 75 Punkte) trotz Ernährungsumstellung und Erstlinientherapien, einem normalen großen Blutbild und einem C-reaktiven Proteins, negative Zöliakie-Serologie und keine Hinweise auf Suizidgedanken. Den Teilnehmern wurde nach dem Zufallsprinzip (1:1) 6 Monate lang niedrig dosiertes orales Amitriptylin (10 mg einmal täglich) oder Placebo zugewiesen, mit einer Dosistitration über 3 Wochen (bis zu 30 mg einmal täglich), abhängig von Symptomen und Verträglichkeit. Der Endpunkt der Studie war der IBS-SSS-Score nach 6 Monaten.
Der primäre Endpunkt war dabei die Auswirkung auf die globalen IBS-Symptome, gemessen mit dem IBS-SSS. Ein wichtiger sekundärer Endpunkt war die Linderung der IBS-Symptome, gemessen anhand der subjektiven Gesamtbewertung (SGA) nach 6 Monaten – also die individuelle, subjektive Verbesserung, die von den Teilnehmern berichtet wurde.
In der Studie heißt es dazu: „Während der sechsmonatigen Behandlung war niedrig dosiertes Amitriptylin […] beim wichtigen sekundären Endpunkt überlegen.“ Ebenfalls gab es nach sechs Monaten keinerlei Berichte der Teilnehmer über mögliche Nebenwirkungen des Amitriptylins wie somatoforme Symptome, Angstzustände, Depressionen oder Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit.
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