Verletzungen der peripheren Nerven können zu sensiblen Störungen führen. Die gute Nachricht: Nerven können nachwachsen – bisher aber nicht vollständig. Jetzt hat man herausgefunden, woher die Reparatur-Zellen ihre Energie nehmen.
Unser Körper ist durchzogen von Millionen von Nervenfasern, die Informationen übertragen. Periphere Nerven, wie die Nerven unserer Arme und Beine, werden jedoch häufig im Rahmen akuter Verletzungen geschädigt, etwa bei Unfällen. In der Folge leiden Betroffene unter Verlust der Muskelkraft oder sensiblen Problemen wie Taubheitsgefühlen. Dabei verfügen periphere Nerven prinzipiell über ein ausgeprägtes Regenerationspotential. Aus Gründen, die bisher nicht hinreichend verstanden sind, ist eine vollständige Wiederherstellung der Nervenfunktion trotzdem selten.
Bei einer Quetschung oder Durchtrennung eines Nervs sterben die einzelnen Nervenfasern, die von der Schädigung betroffen sind, zunächst ab. Grundsätzlich besitzen sie aber die Fähigkeit, erneut auszuwachsen und vollständig zu regenerieren. Dabei sind sie abhängig von Schwann-Zellen. Diese sterben nach einer Nervenverletzung nicht ab, sondern koordinieren den Abbau wie auch das erneute Auswachsen der Nervenfasern zu ihren ursprünglichen Gebieten. Schwann-Zellen nehmen somit eine Schlüsselrolle für den Reparaturprozess ein. Bisher war unklar, wie diese Zellen die enorme Stoffwechselbelastung, die mit dem Abbau und dem Wiederaufbau des Nervengewebes einhergeht, bewältigen. Wissenschaftler der Universitätsmedizin Leipzig haben nun herausgefunden, dass Fettgewebe, das die Nerven im Körper umgibt, die Schwann-Zellen bei der Nervenreparatur entscheidend unterstützt. Mit Hilfe genetisch veränderter Mäuse gelang ihnen dabei der Nachweis, dass hierfür der Botenstoff Leptin eine wesentliche Rolle spielt.
Leptin wird vor allem von Zellen des Fettgewebes produziert und ist bisher im Ernährungskontext für seine appetitzügelnde Wirkung bekannt. Überraschenderweise zeigte sich im aktuellen Forschungsprojekt, dass die Leptin-Signalwirkung auch einen wichtigen Faktor für die Reparatur verletzter Nerven durch Schwann-Zellen darstellt. „Das Leptin der Fettzellen regt den Energiehaushalt regenerierender Schwann-Zellen an, indem es deren Mitochondrien stimuliert“, erklärt Studienleiter Dr. Robert Fledrich vom Institut für Anatomie an der Universität Leipzig.
Mikroskopischer Querschnitt durch ein peripheres Nervenbündel (dunkelblau), welches hunderte von Schwann-Zellen ummantelte Nervenfasern enthält. In der Nachbarschaft des Nervs sind zahlreiche große Fettzellen (hellblau) zu sehen. Credit: Universität Leipzig
„Gleichzeitig nutzen die Mitochondrien der Schwann-Zellen dabei Anteile des geschädigten Nervengewebes als Energiesubstrat, damit eine erfolgreiche Regeneration stattfinden kann“, ergänzt die Co-Leiterin der Studie, Prof. Ruth Stassart vom Paul-Flechsig-Institut für Neuropathologie am Universitätsklinikum Leipzig. Der Stoffwechsel der Schwann-Zellen wird so optimal für die Nervenregeneration ausgerichtet und begünstigt damit maßgeblich die Wiederherstellung der ursprünglichen Nervenfunktion, wie die beiden Wissenschaftler erläutern.
Die Kommunikation zwischen Fettzellen und Schwann-Zellen könnte dabei möglicherweise neue therapeutische Optionen eröffnen, die den Stoffwechsel der Reparaturzellen bei Nervenschädigungen positiv beeinflussen. Die beteiligten Forscher erhoffen sich somit, dass die neuen Erkenntnisse dazu beitragen, die meist schlechte Regeneration geschädigter Nerven im Menschen in Zukunft zu verbessern.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Leipzig. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
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