Telemedizinische Innovationen sind längst Teil der medizinischen Versorgung geworden. Jetzt zeigen Hersteller im Showroom der Bayerischen TelemedAllianz, wie sich Arztpraxen, Kliniken und Wohnungen digital vernetzen lassen.
Ingolstadt hat eine Attraktion mehr: Im „Showroom.Telemedizin.Bayern“ informieren Hersteller und Forscher, wie Telemedizin-Geräte funktionieren und wie sich damit Prozessketten aufbauen lassen. Intelligente Lösungen decken weite Bereiche der medizinischen Versorgung ab, vom Notfall bis hin zur ambulanten medizinischen Versorgung.
Die Rundreise durch technologische Welten beginnt beim Unfallchirurgen. Mit TKmed® steht ein leistungsfähiges, bundesweites Netzwerk zur Verfügung, um Daten schnell und sicherheitskonform auszutauschen. Technische Expertise kam von der AUC GmbH, der CHILI GmbH und der Pegasus GmbH. TKmed® optimiert und beschleunigt im Kliniknetz (TraumaNetzwerk) die Versorgung von jährlich etwa 35.000 Schwerverletzten. Beispielsweise muss der Neurotraumatologe nicht physisch anwesend sein, um mit dem Chirurgen im OP Befunde zu besprechen – ein internetfähiger Computer und ein Telefon reichen aus. Das Netzwerk ist aber nicht nur für Unfallchirurgen geeignet. Es handelt sich vielmehr um eine Gesamtlösung, von der grundsätzlich alle medizinischen Fachdisziplinen profitieren. Tauschen Kollegen jenseits dieser Infrastruktur große Datenmengen aus, steht ihnen mit Case.io eine leicht bedienbare Plattform zur Verfügung. Der Transfer gelingt auch über Ländergrenzen hinweg, wenn beispielsweise deutsche Patienten im Urlaub schwer erkranken.
Ein Schritt weiter: Am Ende ihrer stationären Behandlung haben Patienten laut dem V. Sozialgesetzbuch, Paragraph 11, Anrecht auf ein Versorgungs- und Entlassmanagement. Fresenius Kabi präsentiert sektorenübergreifende Lösungen, die Kliniken, Hausärzte, Apotheken und Pflegedienste engmaschig vernetzen. Haben alle Akteure den gleichen Wissensstand, lassen sich Fehler erfolgreich vermeiden. Speziell bei Palliativpatienten erleichtert PalliDoc® von StatConsult die Koordination, Dokumentation und Qualitätssicherung aller Vorgänge.
Im neuen Showroom zeigen IT-Labors auch, wie sie die ambulante und stationäre Pflege digital optimieren, etwa bei der Rehabilitation. Das Tool MyRehab vom Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS bietet telemedizinisch assistierte Therapien, um in den eigenen vier Wänden erfolgreich zu trainieren. Ein Avatar zeigt Patienten, welche Übung sie machen sollen. Durch Sensoren im Brustgurt und in einer Gymnastikmatte sowie durch eine Webcam erfolgt ein Abgleich mit dem idealen Bewegungsmuster. Gleichzeitig werden medizinische Daten erfasst. Therapeuten haben die Möglichkeit, entsprechende Parameter auszuwerten. Per Videokonferenz bleiben sie mit Patienten in Kontakt, um gegebenenfalls Optimierungen zu besprechen.
Bei chronisch kranken Menschen spielen telemedizinische Techniken ebenfalls ihre Stärken aus. Biotronik Home Monitoring unterstützt Patienten mit Herzschrittmachern, ICDs oder mit CRT-Systemen. Ihr Implantat sendet über eine Antenne regelmäßig Daten an den CardioMessenger®. Dieses externe Gerät bereitet Informationen auf und ermöglicht Ärzten über eine gesicherte Website, darauf zuzugreifen. Ein Versand per E-Mail, Fax oder Kurznachricht ist ebenfalls möglich. Studien zeigen, dass sich durch intelligente Tools Krankenhauseinweisungen (TRUST) und Schlaganfälle (COMPAS) vermeiden lassen. Auch sank die Sterblichkeit bei Herzinsuffizienzpatienten um mehr als 50 Prozent (IN-TIME). Von telemedizinischen Innovationen profitieren nicht nur Menschen mit kardiovaskulären Erkrankungen. Mit Respiva® gelingt es Pneumologen, die Behandlung chronisch-obstruktiver Lungenerkrankungen (COPD; Chronic Obstructive Pulmonary Disease) zu optimieren. Das funktioniert folgendermaßen: Patienten erhalten von ihrem Arzt ein mobiles Spirometer, eventuell ein Pulsoximeter, eine Konsole mit Touchscreen und ein Modem. Sie übertragen alle Messwerte an ein telemedizinisches Zentrum. Bei Abweichungen außerhalb vorgegebener Grenzen werden Patienten und mit deren Einverständnis auch behandelnde Ärzte informiert.
Niedergelassene Ärzte haben noch weitere Helfer an ihrer Seite. Bei Patienten mit Rückenschmerzen kommt Epionics SPINE zum Einsatz. Das System zeichnet Funktionalitäten und Defizite im Patientenalltag auf und liefert Kollegen hoch aufgelöste Daten. Orthopäden können Therapieerfolge objektivieren. Gleichzeitig bekommen sie Hinweise auf eine drohende Chronifizierung. Ähnlich hilfreich ist die Telemedizin, um Patienten mit diabetischem Fußsyndrom zu versorgen. Als Tool zur einheitlichen Wunddokumentation gibt es Synaptor® von TWO Health Professionals und vom Fußnetz Bayern. Damit haben alle Beteiligten den gleichen Kenntnisstand, und Ressourcen werden geschont. Auch lässt sich ein Therapiepfad festlegen, um leitliniengerecht zu behandeln.
Die Praxisbeispiele zeigen: Telemedizinische Lösungen haben universitäre Elfenbeintürme längst verlassen. Sie unterstützen Kollegen und geben Patienten mehr Freiheiten. Wer sich eingehender mit telemedizinischen Lösungen befassen möchte, wird auf der MEDICA 2014 ebenfalls fündig: Hersteller präsentieren Technik zum Anfassen.