Die Diät ist geschafft, die Zahl auf der Waage passt. Doch wie verhindert man, dass der Schweinehund wieder einzieht und Jo-Jo spielt? Lest hier, welche Strategien ihr euren Patienten mitgeben könnt.
Fettleibigkeit ist eine ernste chronische Erkrankung. Bei Adipositas kann Abnehmen überlebenswichtig sein. Mit einer strikten Reduktionsdiät oder neuerdings mit der Abnehmspritze Wegovy® gelingt es oftmals, einige überschüssige Kilos abzuwerfen. Die Herausforderung ist allerdings, das Gewicht langfristig zu halten. Entsprechend ist eine erfolgreiche Gewichtsabnahme nicht nur definiert als Verlust von mindestens zehn Prozent des ursprünglichen Körpergewichts, sondern zusätzlich auch als Aufrechterhaltung dieses Verlusts für mindestens ein Jahr. Die Zehn-Prozent-Grenze ist relevant, da sich dadurch die Blutfettwerte, die Blutzucker-Homöostase und das Risiko von Herzerkrankungen statistisch signifikant verbessern können.
Studien zeigen jedoch, dass die meisten Menschen nach einer Abnahme in den Folgejahren wieder an Gewicht zulegen und am Ende oft sogar schwerer sind als zu Beginn der Abnehmreise. Es kann ein Teufelskreis in Gang kommen, da einmal gebildete Fettzellen nicht mehr verschwinden und der Körper das Bestreben hat, Fettzellen maximal mit Fett zu füllen.
Für die Wiederzunahme gibt es verschiedene Ursachen. Zum einen fallen viele Menschen wieder in ihre alten Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten zurück, sobald sie eine Reduktionsdiät beendet haben. Sie bewegen sich weniger und wählen Lebensmittel wieder mehr nach Genuss als nach Funktionalität aus. Bei einer sehr rigiden Diät, bei der Genussmittel gänzlich verboten sind, steigt der Heißhunger auf genau diese Produkte. Essanfälle, die nicht wieder ausgeglichen werden, lassen das Gewicht ansteigen. Eine weitere Rolle spielen physiologische Anpassungsmechanismen im Körper. Der Stoffwechsel adaptiert an die reduzierte Kalorienaufnahme. Essen die Menschen dann wieder so, wie vor der Diät, nehmen sie allein schon wegen des niedrigeren Kalorienbedarfs zu (Jo-Jo-Effekt). Gene, die die Entwicklung von Übergewicht beeinflussen, können ebenfalls eine Rolle beim Wiederaufbau von Körperfett spielen.
Die Frage, wie sich ein Jo-Jo-Effekt am besten verhindern lässt, untersuchten 2013 Dieter Korczak und Christine Kister in ihrer Arbeit „Wirksamkeit von Diäten zur nachhaltigen Gewichtsreduktion bei Übergewicht und Adipositas“ für einen HTA-Bericht des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI).
Sie konstatierten, dass sich ungeachtet der Diätform als wirksame Faktoren für die Gewichtsstabilisierung ein tägliches Kaloriendefizit von 400 bis 600 kcal, regelmäßige körperliche Aktivität (2.000 kcal/Woche), fettarme Ernährung, reichlicher Verzehr von Obst und Gemüse, gezielte Verwendung von Formuladiäten und/oder fortifizierten Lebensmitteln, regelmäßige Selbstkontrolle und kontinuierliche professionelle Unterstützung erwiesen hätten. Stabilisierend wirkte ferner die regelmäßige Anwesenheit bei Gruppensitzungen.
Gewichtserhaltende Maßnahmen decken also idealerweise die drei Bereiche Ernährung, Bewegung und Verhalten ab. Bei der Ernährung erscheint derzeit eine eiweißbetonte und kohlenhydratreduzierte, niedrig glykämische Kostform am günstigsten. Eine dauerhafte Low-Carb-Ernährung kann jedoch den Genuss beim Essen und die Lebensqualität beschneiden. Individuelle Konzepte erlauben mehr Flexibilität hinsichtlich Lebensmittelauswahl und Kohlenhydratanteil und sind für die Betroffenen eher durchzuhalten. Das sollte bei der Beratung beachtet werden.
Die zweite Säule ist die Bewegung. Durch körperliche Aktivität steigt der Energieumsatz. Körperlich aktive Menschen können daher mit einer höheren Kalorienaufnahme noch abnehmen beziehungsweise eine Zunahme verhindern als Menschen, die keinen Sport treiben. Als Faustregel gilt, dass insgesamt mindestens 1.500 kcal Energie pro Woche durch körperliche Aktivität umgesetzt werden sollten. Das entspricht etwa einer halben Stunde Sport pro Tag. Wer aerobe Ausdauerbelastungen und Kraftsport kombiniert, profitiert sowohl von gesundheitlichen Effekten auf das Herzkreislaufsystem als auch das muskuloskelettale System. Grundsätzlich ist nicht nur während, sondern auch nach dem Training der Umsatz erhöht, dank Nachbrenneffekt (Excess Post-Exercise Oxygen Consumption, EPOC), der 24 bis 48 Stunden anhalten kann. Wie dieser Effekt zustande kommt, ist noch nicht vollständig geklärt. Um einen relevanten Nachbrenneffekt zu erreichen, sind allerdings hoch intensive und lang andauernde Belastungen erforderlich, die die meisten Gesundheitssportler nicht erreichen.
Alltagsprobleme, Stress und negative Gefühle können zu Rückfällen verleiten. Patienten sind darüber aufzuklären, dass Rückschläge dazugehören und kein Grund sein sollten, nach dem Motto „jetzt ist es eh egal“ wahllos Essen in sich hineinzustopfen. Stattdessen akzeptieren Menschen den Rückfall, eruieren die Ursachen und machen nach dem Ereignis wieder ganz normal mit ihrem Plan weiter. Zum Gewichthalten kann das Prinzip der Selbstbeobachtung helfen. Wer sich regelmäßig, zum Beispiel täglich, wiegt, passt seine Energiebilanz gleich an, wenn sich eine Gewichtszunahme zeigt. Das verhindert, dass sich mehrere Kilogramm Gewichtszunahme ansammeln, die dann wieder mühsam abgenommen werden müssen. Weiterhin kann es helfen, ein Ernährungs- und Bewegungstagebuch zu führen und gegebenenfalls Kalorien zu tracken. Kalorien zu zählen, etwa mit einer App, bietet einerseits eine gute Kontrolle über die tägliche Energiebilanz. Andererseits ist es mit Aufwand verbunden und verstärkt den Fokus auf die Themen Essen und Kalorien.
Um eine Gewichtsreduktion zu halten, kann man sich auch an dem orientieren, was bei anderen gut funktioniert. Eine entsprechende Datensammlung stellt das National Weight Control Registry (NWCR) zur Verfügung. Das US-amerikanische Forschungsprojekt sammelt Daten von Menschen, die erfolgreich abgenommen und ihr Gewicht gehalten haben. Die Personen ab 18 Jahre müssen für eine Teilnahme mindestens 30 Pfund abgenommen haben und eine Gewichtsabnahme von mindestens 30 Pfund über ein Jahr oder länger beibehalten haben. Die Teilnehmer füllen jährlich Fragebögen über ihr aktuelles Gewicht, ihre Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten sowie über Verhaltensstrategien zur Aufrechterhaltung der Gewichtsabnahme aus. So ergeben sich als häufig genannte Gewohnheiten:
Die gute Nachricht ist, dass es mit der Zeit einfacher werden kann, das neue Gewicht zu halten. Nach zwei bis fünf Jahren steigen die Chancen, das Gewicht auch längerfristig zu halten.
Bildquelle: iStryFry Markus, Unsplash