Die Grillsaison ist nie vorbei! Aber die Restwärme vom Grill zum Heizen der Wohnung nutzen – das kann tödlich enden. Warum eine Kohlenmonoxid-Vergiftung so tückisch ist und was außer dem Grill noch gefährlich werden kann, lest ihr hier.
Jedes Jahr im Winter lesen wir erneut viel zu viele Schreckensmeldungen über verunglückte Menschen aufgrund einer Kohlenmonoxid(CO)-Vergiftung. Oft sind dies Menschen, die auf dem Balkon oder im Garten mit Holzkohle gegrillt und im Anschluss den Grill mit in die Wohnung genommen haben. So soll die Wärme der noch glühenden Holzkohle ausgenutzt werden, um die Wohnung oder zumindest das einzelne Zimmer (mit) zu heizen.
Steigende Energiepreise verstärken diese Verhaltensweise. Und wieso auch nicht? Wurden im Mittelalter die Schlafräume in den großen Burgen etwa nicht mit Kohlebecken geheizt? Was für die Adelsleute gut war, kann doch für uns nicht schlecht sein!
Was bei diesen Gedanken jedoch sträflich vernachlässigt wird, ist die Zufuhr von Frischluft. Dicht abschließende Glasfenster waren im Mittelalter Mangelware. Meist wurden die Fensteröffnungen lediglich mit Pergament oder Tüchern abgehängt. Es war also verdammt zugig. Heutzutage sind moderne Fenster mehr oder weniger gut abdichtend. Zwar sind in vielen Altbauwohnungen noch ältere Holzfenster verbaut, die einen frischen Luftzug zulassen, dieser kommt jedoch lange nicht an den des Mittelalters heran.
CO ist ein farb-, geruch- und geschmackloses Gas. Es entsteht bei der sogenannten unvollständigen Verbrennung, also dann, wenn zu wenig Sauerstoff (O2) zur Verfügung steht. Dies ist beispielsweise bei der oben erwähnten glühenden Kohle der Fall. Sicher, in der uns umgebenden Atemluft ist O2 vorhanden. Dieser kommt jedoch nicht zu jeder Zeit in alle Tiefen der glühenden Kohle hinein. Dort bildet sich also das verheerende CO. Dieses weist in etwa die gleiche Dichte wie unsere Atemluft auf. Es verteilt sich also mehr oder weniger gleichmäßig im Raum, in welchem wir uns aufhalten und wo wir es einatmen.
In unserem Blut befindet sich der rote Blutfarbstoff Hämoglobin. Er bindet den lebenswichtigen O2 und transportiert ihn in alle relevanten Bereiche unseres Körpers. Das fiese an CO ist nun, dass unser Hämoglobin es sehr anziehend findet. Hämoglobin verbindet sich sehr viel lieber mit dem CO als mit dem O2. Diese Affinität zur Bindung ist für CO circa 200-mal größer als für O2. Sprich: Wenn CO zusätzlich zum O2 in unserer Lunge vorhanden ist, wird quasi immer CO an das Hämoglobin gebunden. Dem O2 wird die kalte Schulter gezeigt. Das Einatmen von CO führt also zu einem Sauerstoffmangel in unserem gesamten Körper. Und es wird umso gefährlicher, je mehr CO in unserer Atemluft vorhanden ist.
Untersuchungen des Bundesinstitutes für Risikobewertung haben beispielsweise ergeben, dass das Verbrennen von 800 Gramm Holzkohle zu CO-Konzentrationen von rund 750–1.100 ppm in der Atemluft eines mittelgroßen Raumes führt. Bedenkt man, dass schon 200 ppm CO in der Raumluft zu Kopfschmerzen führen und dass es ab 800 ppm zu Bewusstlosigkeit mit Todesfolge kommen kann, ist dies definitiv zu viel.
Leider bemerkt man anfänglich keine körperlichen Symptome. Erst beim Aufstehen aus einer sitzenden oder liegenden Position können diese rasch auftreten, führen aber häufig so schnell zur Bewusstlosigkeit, dass nicht mehr reagiert werden kann. Viele Menschen ersticken auch im Schlaf. Das perfide daran ist nicht nur, dass Symptome einer Vergiftung viel zu spät erscheinen – die Betroffenen sehen auch noch gesünder aus. Der Hämoglobin-CO-Komplex hat eine kirschrote Farbe, weshalb die Haut besonders gut durchblutet und dadurch eben gesund ausschaut.
Kinder reagieren auf erhöhte Kohlenmonoxid-Werte besonders empfindlich und auch Schwangere sollten besonders vorsichtig sein. Das Gas kann zu Fehlgeburten und Hirnschäden des ungeborenen Kindes führen.
Auch gekippte oder gar geöffnete Fenster können übrigens, je nach Raumverhältnissen, eine kritische CO-Konzentration in der Atemluft nicht sicher verhindern.
Leider kann nicht nur der Kohlegrill zu lebensbedrohlichen CO-Vergiftungen führen. Im Jahr 2017 sind in Arnstein (Bayern) sechs Jugendliche während einer Party in einem Gartenhaus verstorben. Der Vater eines der Jugendlichen hatte ein Benzin-betriebenes Stromaggregat in der Gartenhütte aufgestellt. Die CO-haltigen Abgase, die sich aufgrund der unvollständigen Verbrennung des Benzins gebildet hatten, verbreiteten sich daraufhin in der Gartenhütte und führten zum Tod der Jugendlichen.
Auch eine defekte Gas-Etagenheizung hat schon mehrfach zu gefährlichen CO-Vergiftungen geführt. Zwar muss diese einmal im Jahr gewartet werden, ein Defekt kann aber natürlich auch zwischen den Wartungsintervallen auftreten.
Da, wie oben beschrieben, Vergiftungssymptome oft erst viel zu spät bemerkt werden, sind diese kein geeignetes Frühwarnzeichen. Wer also beispielsweise einen offenen Kamin (Gefahr des ungenügenden Abzugs) oder eine Gastherme zu Hause hat, sollte einen CO-Melder installieren. Diese Geräte sind in der Regel ab 30 Euro zu haben und warnen frühzeitig bei einem CO-Anstieg in der Atemluft. Übliche Rauchmelder hingegen können Kohlenmonoxid in der Regel nicht detektieren.
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