Ein verformter Kopf ist nicht nur äußerlich auffällig, er geht oft auch mit einer frühzeitigen Abnutzung der Halswirbelsäule und Kiefergelenke einher. Deshalb empfehlen Experten der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie eine Korrektur der Kopfform durch eine Helmtherapie.
US-amerikanische Zahlen sprechen von etwa 20 Prozent der Kinder unter sechs Monaten, hierzulande soll durchschnittlich jedes 60. Baby von einer lagerungsbedingten Kopfverformung betroffen sein: Die Kinder liegen so lange und häufig auf dem Rücken, dass der weiche Schädelknochen nachgibt. Doch die Rückenlage verringert um 40 Prozent das Risiko eines plötzlichen Kindstodes im Schlaf. „Deshalb sollten Eltern auch weiterhin dafür sorgen, dass ihr Säugling auf dem Rücken schläft“, sagt Professor Dr. med. Guido Fitze, Chefarzt der Kinderchirurgie am Universitätsklinikum Dresden. Sei das Kind jedoch wach, sollten Eltern es von Anfang an abwechslungsreich auf beiden Seiten und vor allem auf dem Bauch lagern und auch in dieser Lage spielen lassen. „Das fördert die Beweglichkeit des Kopfes und den Muskelaufbau, außerdem verhindert es einseitige Liegegewohnheiten.“ Ist der Schädel dennoch verformt, sind frühzeitige Krankengymnastik und Physiotherapie zunächst die Methode der Wahl.
Bleibt der Kopf dennoch verformt, empfehlen Kinderchirurgen die Helmtherapie. „In den Händen von Fachleuten ist sie eine schonende, risikoarme und wirksame Methode“, erklärt Dr. med. Harald Lochbihler, Leitender Oberarzt der Kinderchirurgischen Klinik am Klinikum Augsburg. In seiner Spezialsprechstunde behandelt er jährlich 40 bis 50 schwere Fälle mit einem maßangefertigten Helm. Im ersten Schritt erfasst er die Form des Schädels dreidimensional mit einer Kamera und stellt die Abweichung vom Durchschnitt fest. „Der optimale Therapiebeginn liegt zwischen dem 4. und 6. Lebensmonat“, erläutert Lochbihler. In dieser Zeit wachse der Kopf rasch und die Behandlungsdauer lasse sich damit auf ein Minimum reduzieren. Bis zum Abschluss der Therapie nach zwei bis sechs Monaten kontrolliert der Arzt regelmäßig den Erfolg, misst den Kopf aus und stellt den Helm gegebenenfalls neu ein.
Doch DGKCH-Vorstandsmitglied Fitze bedauert: „Trotz der nachgewiesenen Wirksamkeit bei schweren Fällen bezahlen viele Krankenkassen diese Leistung nicht.“ Der Helm kostet etwa 1.800 bis 2.000 Euro. Der DGKCH-Experte fürchtet, dass eine aktuelle vielzitierte holländische Studie die Erstattungssituation für Eltern weiter verschlechtert: Sie konnte keinen Erfolg der Helmtherapie gegenüber nicht behandelten Kindern nachweisen. Diese Untersuchung weise jedoch schwere methodische Mängel auf und sei daher nicht geeignet, die Helmtherapie wissenschaftlich zu bewerten, kritisiert Lochbihler. „Hier sind nur Kinder mit geringen bis mittleren Schädeldeformitäten von Nicht-Ärzten behandelt worden, zudem war das analoge zweidimensionale Messverfahren des Kopfes veraltet. Die Therapiehelme passten entsprechend nicht und ihre konsequente Anwendung wurde nicht überprüft“, fasst er zusammen. Originalpublikation: Helmet therapy in infants with positional skull deformation: randomised controlled trial Renske M. van Wijk et al.; BMJ, doi: 10.1136/bmj.g2741; 2014