Eine Patientin kommt mit Hemiparese und Vorhofflimmern in die Notaufnahme. Auf dem CT-Tisch wird sie plötzlich bewusstlos. Was ist hier los?
Eine 51-jährige Patientin stellt sich in der Notaufnahme mit zwei Stunden zuvor akut aufgetretener Hemiparese links und Dysarthrie in der Notaufnahme vor. Bei Vorstellung zeigt sich die Patientin mit erhöhtem Blutdruck von 177/83 mmHg und einer leichten Tachykardie von 92/min. Blutzucker und periphere Sauerstoffsättigung sind normwertig. Ein 12-Kanal- EKG zeigt ein Vorhofflimmern.
Die Patientin gibt an, am Tag zuvor für ca. 30 Minuten Doppelbilder und Schwindel gehabt zu haben. Ihr sind keine Vorerkrankungen bekannt. Auch nehme sie bisher keine Medikamente. In der körperlichen Untersuchung zeigt die Patientin eine faziale Parese mit Beteiligung des Stirnastes links, eine armbetonte Hemiparese links, eine Ataxie beider Arme und eine milde Dysarthrie. Es ergibt sich ein NIHSS (National Institutes of Health Stroke Scale) von 6 Punkten. Die internistische Untersuchung ist unauffällig.
Bei Mobilisation der Patientin auf den CT-Tisch fällt dem Pflegepersonal auf, dass die Patientin nun auch die rechte Seite weniger bewegt als zuvor. In der erneuten neurologischen Untersuchung fallen eine linksbetonte Tetraparese und zudem eine vertikale Blickparese beidseits auf. Die Patientin wird während der Untersuchung soporös. Es wird zügig ein natives kranielles CT durchgeführt und nach Ausschluss relevanter Kontraindikationen bei hochgradigem Verdacht auf einen Schlaganfall eine systemische intravenöse Thrombolyse-Therapie gewichtsadaptiert durchgeführt sowie eine CT-Angiographie ergänzt. Hier zeigt sich ein Verschluss der Arteria basilaris im distalen Abschnitt. Es erfolgt eine Verlegung in die Neuroradiologie zur interventionellen Entfernung des Thrombus (Thrombektomie).
Noch auf dem Weg dorthin wird die Patientin wacher und kann die rechte Seite wieder besser bewegen, klagt jedoch darüber, dass sie nichts sehen könne. In der Untersuchung ergibt sich nun ein kompletter Gesichtsfeldausfall beidseits. Die geplante Thrombektomie wird glücklicherweise erfolgreich durchgeführt und die Patientin kommt mit deutlich gebesserter Symptomatik im Verlauf auf die Schlaganfallstation. Da sich keine anderweitige Ätiologie ergibt, erhält die Patientin eine orale Antikoagulation zur Schlaganfallprophylaxe bei asymptomatischem paroxysmalem Vorhofflimmern und einen Cholesterinsenker bei grenzwertig über den Zielbereich von 70 mg/dl erhöhten LDL-Wert. Nach Rehabilitation bleibt lediglich eine linksseitige leichtgradige Armparese und ein umschriebener Gesichtsfeldausfall im rechten unteren Quadranten zurück.
Schlaganfälle sind für Neurologinnen und Neurologen Alltag in einer Akutklinik mit Stroke-Unit. Besonders häufig kommen Schlaganfälle des vorderen Stromgebietes, d. h. des Carotis-Stromgebietes vor. Dahingegen sind Schlaganfälle des hinteren Stromgebietes, wozu auch die Basilaristhrombose gehört, deutlich seltener (eine Basilaristhrombose verursacht ca. 1 % der Schlaganfälle), jedoch nicht weniger gefährlich. Im Gegenteil ist die Basilaristhrombose einer der gefährlichsten Schlaganfälle, da die Aa. vertebrales und die A. basilaris unter anderem den Hirnstamm und Teile des Thalamus mit sauerstoffreichem Blut versorgen, welche für die vegetativen Funktionen, die Motorik und das Bewusstsein verantwortlich sind. Es handelt sich also bei der Basilaristhrombose um einen Verschluss einer der wichtigsten Arterien des menschlichen Körpers.
Sie darf nicht mit einer Hirnvenenthrombose verwechselt werden, welche zwar ebenfalls mit bleibenden neurologischen Defiziten einhergehen und lebensbedrohlich sein kann, jedoch in den meisten Fällen mit einer weniger akuten zeitlichen Dynamik auftritt. Die Ursachen eines Verschlusses der Arteria basilaris sind in der Regel dieselben wie bei anderen Schlaganfällen, also in den meisten Fällen kardioembolisch, arterio-arteriell-embolisch, arteriosklerotisch oder durch eine Dissektion bedingt. Einer Basilaristhrombose gehen häufig eine TIA-Symptomatik (Transitorisch Ischämische Attacke) oder Prodomi z. B. Schwindel, Nausae, Nackenschmerzen und Doppelbilder voraus. Diese können bereits Tage bis Wochen vor dem Basilarisverschluss auftreten.
Der oben beschriebene fiktive Fall beschreibt beispielhaft einen typischen klinischen Verlauf mit fluktuierenden Symptomen, welche anhand des anatomischen Verlaufs der Aa. vertebrales und der A. basilaris und deren Versorgungsgebiet nachvollzogen werden können. Typisch sind bulbäre Symptome wie Doppelbilder, Dysarthrie, Dysphagie, aber auch Schwindel, eine Hemiparese bzw. eine Tetraparese, faziale Paresen, vertikale Blickparesen, pathologische Nystagmen oder eine kortikale Blindheit häufig in Kombination mit einer quantitativen Bewusstseinseinschränkung bis hin zum Koma. Die Symptome können auch isoliert auftreten. Atypische Symptome wie z.B. pathologisches Weinen oder Lachen und eine Delir-Symptomatik sind ebenfalls möglich.
Bei der Diagnosestellung sind die Anamnese und die Klinik ausschlaggebend. Ergibt sich der Verdacht auf eine Basilaristhrombose, so ist eine unmittelbare Bildgebung mit Gefäßdarstellung angezeigt und es sollte eine notfallmäßige Rekanalisation der Arterie angestrebt werden. Hier gilt, wie bei anderen Schlaganfällen auch, dass so schnell wie möglich gehandelt werden muss, da jede Minute der anhaltenden Durchblutungsstörung zu weiterem Hirngewebsuntergang führt. Auch die Therapieoptionen in der Akutbehandlung sind analog zu Schlaganfällen des vorderen Stromgebietes und bestehen, wenn keine Kontraindikationen vorliegen, aus einer systemischen intravenösen oder lokalen Thrombolyse-Therapie in Kombination mit einer interventionellen Thrombektomie.
Bis vor ein paar Jahren war die Datenlage zur mechanischen Entfernung mittels interventioneller Thrombektomie begrenzt. Mittlerweile gibt es mehrere aktuelle Studien und eine Metanalyse, welche klar für eine Thrombektomie auch über ein Zeitfenster von sechs Stunden hinaus sprechen. Im Vergleich zum vorderen Stromgebiet kann ein interventioneller Zugang durch Verengung bzw. Aplasien der Vertebralarterien erschwert sein. Eine Entfernung von Gerinnseln der A. cerebri posterior ist in der Regel nur im proximalen Abschnitt möglich und das Risiko-Nutzen-Verhältnis wird in Studien noch untersucht.
Sekundärprophylaktisch wird abhängig von der jeweiligen Ursache behandelt, hier gelten dieselben Empfehlungen wie bei Schlaganfällen im vorderen Stromgebiet. Die Mortalitätsrate der Basilaristhrombose liegt unbehandelt höher als 85 %. Nach Rekanalisation ist die Prognose deutlich besser, die Mortalitätsrate liegt jedoch weiterhin bei ca. 40 %. Häufig bleiben funktionelle Defizite bestehen. Umso wichtiger ist es, das Krankheitsbild zu erkennen und schnellstmöglich zu behandeln.
Quellen:
Algahtani et al. Unusual presentation of basilar artery thrombosis. J Cerebrovasc Endovasc Neurosurg, 2020. doi: 10.7461/jcen.2020.E2020.04.001
Malik et al. Mechanical thrombectomy in acute basilar artery stroke: a systematic review and Meta-analysis of randomized controlled trials, BMC Neurology, 2022. doi: 10.1186/s12883-022-02953-2
Reinemeyer et al. Basilar Artery Thrombosis, StatPearls, 2023.
Tao et al. Trial of Endovascular Treatment of Acute Basilar-Artery Occlusion, The New England Journal of Medicine, 2022. doi: 10.1056/NEJMoa2206317
Tudor G. et al. Trial of Thrombectomy 6 to 24 Hours after Stroke Due to Basilar-Artery Occlusion, The New England Journal of Medicine, 2022. doi: 10.1056/NEJMoa2207576
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