Woraus besteht die Szene-Droge Lean? Warum wirkt sich Stevia auf das Darmmikrobiom aus und wie hilft ein Antihypertensivum gegen Haarausfall? Die Antworten darauf bekommt ihr hier.
Als Apotheker begegnen mir immer wieder Missverständnisse oder Wissenslücken zu Arzneimitteln – auch bei Ärzten. Mit meinen Blogs möchte ich hier aufklären und unterhalten. Los geht’s!
Die Droge Lean wurde wohl in den 1960er-Jahren in Houston, Texas erfunden. Lokale Bluesmusiker mischten Bier mit einem Hustensaft, der Dextromethorphan enthielt – ein Hustenblocker, der in hohen Dosen Euphorie auslöst. Später, in den 1980/90ern, wurde der Dextromethorphan-Hustensaft dann gegen einen mit Codein und Promethazin ausgetauscht, da dessen Wirkung intensiver war. Das Bier wurde ebenfalls ausgetauscht: Gegen einen Softdrink, meistens Sprite. Hinzu gab man zerbröselte, süße Bonbons, um den ekligen Geschmack zu überdecken. Der Hustensaft gibt dem Getränk eine lila Farbe.
Bei Promethazin handelt es sich um ein starkes H1-Antihistaminikum, das, wie alle zentral wirksamen Antihistaminika, müde macht und Übelkeit unterdrückt. Promethazin ist aber auch ein schwaches Antipsychotikum, das stark dämpfend wirkt, weshalb man es bei Unruhe und Erregungszuständen einsetzt. Codein ist ein Opiat, das in Morphin umgewandelt wird und gegen Husten und Schmerzen eingesetzt wird. In hohen Dosen hat Codein euphorisierende Effekte. Lean wirkt somit gleichzeitig euphorisierend und dämpfend. Bekanntheit erreichte das Getränk durch die US-amerikanische Hip-Hop-Szene, da es einige Rapper zum Thema in ihren Liedern machten.
Bei Stevia handelt es sich um einen Süßstoff, der aus den Blättern der südamerikanischen Pflanze Stevia rebaudiana gewonnen wird. Stevia ist in der EU seit Dezember 2011 unter der Bezeichnung E 960 als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen. Es wird als Zuckerersatz genutzt, hat keine Kalorien und löst keine Karies aus. Der Geschmack ist lakritzähnlich mit einem metallischen Nachgeschmack. Stevia ist in flüssiger, pulverisierter und in Tablettenform im Handel. Es enthält eine Reihe von Verbindungen, wie Steviosid und Rebaudiosid A, die mehr als 300-mal süßer sein können als Saccharose.
Stevia wird nur schlecht vom Körper aufgenommen und kann negative Auswirkungen auf das Wachstum der guten Darmbakterien haben. Studien deuten darauf hin, dass der Süßstoff den Gehalt an kurzkettigen Fettsäuren im Dickdarm erhöhen könnte, die mit einem erhöhten Körperfettanteil und Übergewicht in Verbindung gebracht werden.
Minoxidil hat eine vasodilatierende Wirkung und gehört zur Gruppe der Antihypertensiva. Allerdings fand man schnell heraus, dass die Einnahme zu verstärktem Haarwachstum führte. Zur Blutdrucksenkung wird es heutzutage aufgrund starker Nebenwirkungen eher selten eingesetzt, dafür aber häufig bei erblich bedingtem Haarausfall – direkt auf der Kopfhaut.
Wie Minoxidil wirkt, ist nicht bekannt. Vermutlich sorgt es dafür, dass die Haarwurzeln besser durchblutet werden, wodurch es zu einer verbesserten Versorgung mit Nährstoffen kommt. Wahrscheinlich regt Minoxidil auch die Bildung neuer Haarfollikel an. Bis die Wirkung eintritt und man sichtbare Effekte wahrnimmt, vergehen drei bis vier Monate. Beendet man die Anwendung, stellt sich ebenfalls nach drei bis vier Monaten wieder der Ausgangszustand ein. Häufig kommt es zur Veränderung der Haarfarbe sowie zu einer juckenden Entzündung der Kopfhaut.
Minoxidil ist in zwei verschiedenen Konzentrationen auf dem Markt: 20 oder 50 Milligramm pro Milliliter oder Gramm. Männer müssen zweimal pro Tag 50 Milligramm Minoxidil auf die Kopfhaut auftragen, Frauen hingegen entweder einmal täglich 50 Milligramm oder zweimal täglich 20 Milligramm, weil Minoxidil bei ihnen besser wirkt.
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