Empfehlungen zu Dauer und Art von Sport kursieren viele. Aber wie steht’s mit der idealen Uhrzeit, um sportlich aktiv zu werden?
„Treib Sport“, „Ausdauersport ist gesund“, „Krafttraining ist wichtig“ – das oder eine Variante davon hat wohl jeder von euch schon mal einem Patienten empfohlen. Körperliche Aktivität führt schließlich zu einer Reduzierung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einer Verringerung der vorzeitigen Sterblichkeit. Zahlreiche Studien haben sich damit befasst, Empfehlungen für die Intensität, Angaben zur Häufigkeit sowie Art und Dauer der körperlichen Betätigung auszusprechen. Aber gibt es auch Empfehlungen dafür, zu welcher Tageszeit man am besten Sport treiben sollte?
Verschiedene physiologische Funktionen werden durch die Tageszeit beeinflusst, wie z. B. die Körperkerntemperatur, Herz-Kreislauf-Funktionen, Atemkontrolle, endokrine Faktoren sowie die subjektive Wachsamkeit. Sie alle könnten daher die physiologischen Anpassungen als Reaktion auf körperliche Betätigung beeinflussen. Diese Schwankungen werden teilweise durch den Einfluss des endogenen zirkadianen Systems verursacht. Das verursacht wiederum endogene zirkadiane Schwankungen in biologischen Prozessen, die einem Zyklus von etwa 24 Stunden folgen, d. h. Wach- und Fasten-/Esszyklen. In mehreren Übersichtsarbeiten wurden Belege für tageszeitliche Schwankungen bei vielen leistungsbezogenen Ergebnissen erörtert, mit Akrophasen – also die Phasenlage des Maximums eines zyklischen Vorgangs – am Nachmittag und Abend.
Eine aktuelle Metaanalyse lieferte beispielsweise statistische Belege dafür, dass die mittlere Leistung im 30-s-Wingate-Test (zur Messung der anaeroben Reaktion), die Sprunghöhe sowie die Handgriffkraft am späten Nachmittag und frühen Abend höher sind als am Morgen. Die zugrunde liegenden Mechanismen, die zu Schwankungen der Spitzenleistung innerhalb eines Tages und zwischen einzelnen Personen führen, sind noch unklar und können auf unzählige Faktoren wie die gewohnheitsmäßige Trainingszeit, den individuellen Chronotyp, den Schlaf, die Nahrungs- und Koffeinaufnahme, die Umweltbedingungen und das endogene zirkadiane System zurückzuführen sein. Mehrere Untersuchungen, die tageszeitliche Schwankungen der Maximalleistung untersuchten, kamen zu dem Schluss, dass die Tageszeit, zu der die Höchstleistung erreicht wird, auch der ideale Zeitpunkt für das Training sein könnte.
Weitere Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Zeit des Trainings mit dem Zeitpunkt des Wettbewerbs zusammenfallen sollte, um eine optimale Leistungsverbesserung zu erzielen. Beobachtungsstudien ergaben Zusammenhänge zwischen der Tageszeit des Trainings und der kardiorespiratorischen Fitness sowie dem Risiko einer koronaren Herzkrankheit, Fettleibigkeit, Prostata- und Brustkrebs. Das deutet darauf hin, dass auf lange Sicht der Zeitpunkt des Trainings tatsächlich für die Verbesserung der Leistung und der Gesundheitsergebnisse von Bedeutung sein könnte. Allerdings waren die Ergebnisse hinsichtlich des idealen Zeitpunkts für das Training nicht schlüssig. Einige Studien deuten darauf hin, dass Morgen- und etwas Abendgymnastik vorteilhafter sind.
An diesem Punkt setzte eine Studie mit Hilfe einer Metaanalyse an. Die zentrale Frage: Beeinflusst die Tageszeit des Trainings das Ausmaß der Verbesserungen der körperlichen Leistungsfähigkeit oder gesundheitsbezogener Ergebnisse? Kriterien für die Aufnahme von Studien in die Analyse waren:
Es gibt zwei Kernaussagen der Studie:
1. Es gibt kaum Belege für oder gegen die Hypothese, dass das Training zu einer bestimmten Tageszeit vorteilhafter ist als das Training zu einer anderen Tageszeit, um leistungsbezogene Ergebnisse, Anthropometrie, kardiovaskuläre oder kardiometabolische Gesundheitsergebnisse zu verbessern.
2. Es gibt Hinweise darauf, dass die Anpassung der Tageszeit des Trainings an die Tageszeit der Tests für leistungsbezogene Ergebnisse von Vorteil ist. Das bedeutet, dass morgendliches Training die morgendliche Leistung stärker verbessert als abendliches Training. Und umgekehrt, dass abendliches Training die abendliche Leistung stärker verbessert als morgendliches Training.
Obwohl die Studie keine generalisierende Aussage darüber geben konnte, welche Tageszeit die beste für den Sport ist, lässt sich trotzdem anhand der zweiten Kernaussage ein Fazit fassen. Wenn man sich auf die Chronotypen bezieht, erzielen Frühtypen (Lerchen) am Morgen eine bessere sportliche Leistung als Spättypen (Eulen). Im Umkehrschluss erzielen Eulen abends eine bessere Wettkampfzeit. Doch wann soll man nun sein Workout einplanen? Da könnt ihr Patienten raten, auf den eigenen Biorhythmus zu achten. Richtig ist, was sich für den einzelnen richtig anfühlt. Wer sich in der Früh direkt fit fühlt, nutzt diese Tageszeit zum Sport. Die Eulen hingegen machen besser abends Sport.
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