Wir haben für unsere Apotheken gestreikt, protestiert, argumentiert – jetzt liefert uns Karl Lauterbach seinen angeblichen Rettungsplan. Und wow, der stinkt gewaltig. Eine Abrechnung.
Nun sind sie da, die Lauterbach’schen Eckpunkte seiner Apothekenvergütungs-Reform. Um es kurz zu machen: Apotheken bekommen noch weniger Geld als zuvor, Apotheker können durch erfahrene PTA ersetzt werden und wir bekommen eine Fülle neuer Aufgaben obendrauf. Da hat sich das streiken ja wirklich gelohnt, was?
Kurz zusammengefasst: Statt den Apotheken mehr Geld zur Verfügung zu stellen, damit die Angestellten auskömmlich bezahlt werden können, möchte man eine „sachgerechte Umverteilung“ einleiten. Sprich (angeblich) den Apotheken, die noch gut laufen, Geld entziehen, und es den kleinen Apotheken zukommen lassen. Das wird der Presse zumindest so verkauft, ist aber wie so oft eine Finte. Durch das Verstellen vieler kleiner Schräubchen im System wird vorgegaukelt, man täte etwas für die Apotheke vor Ort. In Wirklichkeit wird sie gerade klammheimlich abgeschafft.
1. Der Nacht- und Notdienst wird besser honoriert, indem die packungsbezogenen Zuschläge zur Vergütung von Notdiensten erhöht „um rund 30 Prozent von 21 auf 28 Cent pro Packung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels“ erhöht werden. Damit werden etwa 50 Millionen Euro mehr zur Verfügung stehen und jede Apotheken erhält dadurch für jeden Notdienst eine Pauschale in Höhe von rund 550 Euro.
2. Der erst kürzlich erhöhte Apothekenabschlag von 2 Euro je Packung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels wird ab dem 1. Februar 2025 wieder auf 1,77 Euro abgesenkt. (Das ist aber nichts Neues, sondern sollte ohnehin schon so passieren).
3. Das Fixum soll statt wie gefordert auf 12 Euro pro Packung ab 2025 lediglich auf 8,54 Euro und im Jahr 2026 auf 8,73 Euro angehoben werden. Und hier kommt der Punkt, der den Apotheken richtig wehtun wird: Die Vergütung pro Medikament wird ab dem Jahr 2025 aber auch von derzeit 3 Prozent auf 2,5 % und dann auf 2 % ab 2026 gesenkt. Angeblich um die Gewinne einzuschränken, welche die Apotheken bei den Hochpreisern erhalten. Das sorgt aber dafür, dass bereits bei Insulinen weniger verdient wird als heute.
4. Die hier eingesparten Summen – wohlgemerkt Summen, die man den Apotheken, denen es ohnehin schon nicht gut geht, aus der Tasche genommen hat – sollen dann ins Packungsfixum wandern, das die Apothekervertretung ab 2027 mit dem GKV-Spitzenverband aushandeln muss. Da sich diese beiden Parteien vor wenigen Monaten noch nicht mal im „Klein-Klein“ bezüglich eines Rahmenvertrages zur Corona-Impfung in Apotheken einigen konnten, ohne die Schiedsstelle anzurufen, wird es sicher extrem entspannt, wenn es um viel mehr geht. Und bis sich solch zerstrittene Parteien einigen, bleibt ja bekanntlich der Status Quo immer erhalten, man kennt das. Bis spätestens Mitte 2026 muss eine Vereinbarung für die Anpassung des Packungsfixums mit Wirkung zum 1. Januar 2027 vorliegen, sagt Lauterbach.
5. Die Nutzung technischer Einrichtungen zur Videokonsultation bei der Arzneimittelabgabe soll möglich werden – Telepharmazie. Und wozu das? Ganz einfach, um eine (wie der BvPTA treffend formulierte) Schrumpfapotheke zu ermöglichen: „Soweit eine solche telepharmazeutische Beratungsmöglichkeit mit einer Apothekerin oder einem Apotheker der Apotheke beziehungsweise des Filialverbunds zur Verfügung steht, können Apotheken und Filialen auch vorübergehend öffnen, wenn eine erfahrene PTA vor Ort die Arzneimittelabgabe übernimmt“. Meine Berufsgruppe soll sich also für das gleiche Gehalt in reinen Abgabestellen verheizen lassen. Prima Idee. Demnächst geht das sicherlich auch ganz ohne pharmazeutisches Personal, wenn die Putzfrau mal Zeit hat, oder? Der erste Schritt hin zu den Ketten. Und wir sind live dabei.
6. Mehr Geld nur durch die Übernahme neuer Aufgaben: „Apotheken sollen verstärkt in die Prävention und Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und tabakassoziierten Erkrankungen eingebunden werden, etwa durch die Etablierung neuer pharmazeutische Dienstleistungen oder eine stärkere Einbeziehung in entsprechende Check-up-Untersuchungen.“ Die Ärzte werden sicher begeistert sein, wenn wir uns schon wieder in ihre „hoheitlichen Aufgaben“ einmischen, das kann man glauben.
Die „Freie Apothekerschaft“ hat ein Tool eingerichtet, über das jede Apotheke ausrechnen kann, wie viel Verluste diese Vorhaben mit der „Umverteilung“ mit sich bringen.
Bislang habe ich noch von niemandem gelesen, der dadurch mehr verdient, im Gegenteil. Selbst kleine Landapotheken legen drauf, eben nicht so viel wie die Großen, aber auch sie werden nicht gerettet damit. Wofür haben wir da also demonstriert? Wir können im Grunde nur hoffen, genügend Bundestagsabgeordnete durch die Hilferufe erreicht zu haben, damit Lauterbach ein Riegel vorgeschoben wird. Ansonsten wird es die Aufgabe eines jeden Apothekeninhabers sein, dafür zu sorgen, dass nach einem kritischen Blick auf die Zahlen sinnvolle Entscheidungen folgen.
Entweder man wickelt seine „Bude“ jetzt ab, und findet für sich und die Angestellten eine bessere Zukunft, oder man gehört zu denen, die in den kommenden Jahren vom Eingehen der kleinen Apotheken profitieren. Mehr Arbeit für das gleiche Geld bedeutet das. Wir lassen uns ausbeuten und schauen dabei zu, wie die Ketten früher oder später übernehmen, um die Bevölkerung außerhalb der Ballungszentren zu versorgen. Können wir noch etwas dagegen tun? Nur dann, wenn Lauterbachs Pläne jetzt durch das Votum der Bundestagsabgeordneten durchkreuzt werden. Ihr solltet mit ihnen sprechen. Jetzt.
Bildquelle: Lorin Both, Unsplash