Hydrogele waren lange Zeit erste Wahl in der Wundversorgung. Doch sie konnten auch zum Ausbreiten des Wundbereichs führen und den Heilungsprozess beeinträchtigen. Forscher entwickelten nun Gele aus Meeresalgen – mit großem Erfolg.
Als größtes und wichtigstes Organ des menschlichen Körpers ist die Haut häufig vielen Arten von körperlichen Verletzungen oder Wunden ausgesetzt – darunter Schnitte, Kratzer, Infektionen und Geschwüre. Leider wird die Haut mit zunehmendem Alter immer empfindlicher und ist nicht mehr in der Lage, sich ohne Hilfe selbst zu heilen. Da in vielen Ländern die Zahl der älteren Menschen rapide ansteigt, besteht ein großer Bedarf an wirksamen Wundversorgungsprodukten für die Behandlung solcher Hautwunden.
In den letzten Jahren haben Hydrogele bei der Behandlung von Hautwunden viel Aufmerksamkeit erhalten. Ihre Besonderheit: Wenn sie auf eine Wunde aufgetragen werden, können diese speziellen Gele die Heilung fördern, indem sie austretende Flüssigkeiten (Exsudate) absorbieren und die Wunde schützen, gut hydrieren und mit Sauerstoff versorgt halten.
Den meisten entwickelten Hydrogelen werden Klebeeigenschaften am Hautgewebe verliehen, damit sie den Bewegungen der Haut folgen können. Da diese Hydrogele klebrig sind und an der Haut und der Wundstelle haften, dehnen sie die Wunde selbst aus, sobald sie nach der Absorption von Exsudaten anschwellen. Dies verursacht nicht nur Schmerzen, sondern erhöht auch das Risiko einer bakteriellen Infektion aufgrund der Ausdehnung des Wundbereichs. Es gilt daher Hydrogele zu schaffen, die Wunden wirksam behandeln können, ohne den Wundheilungsprozess zu beeinträchtigen.
Vor diesem Hintergrund hat ein Forscherteam der Tokyo University of Science (TUS), Japan, jetzt ein innovatives medizinisches Material mit hohem Mehrwert für die Behandlung von Hautwunden vorgeschlagen. Wie sie in ihrer kürzlich im International Journal of Biological Macromolecules veröffentlichten Studie berichten, haben sie ein neuartiges Hydrogel entwickelt, das eine in Algen vorkommende Komponente verwendet und völlig andere physikalische Eigenschaften als herkömmliche Hydrogele aufweist.
Die Methode zur Herstellung des vorgeschlagenen Hydrogels ist recht einfach. Es wurde aus Alginat, Kalziumkarbonat und kohlensäurehaltigem Wasser hergestellt. Alginat ist eine biokompatible Substanz, die aus am Strand angeschwommenen Algen gewonnen werden kann. Dank der besonderen Struktur, die durch Alginat und Kalziumionen gebildet wird, sowie der schützenden Wirkung des CO2 im kohlensäurehaltigen Wasser gegen die Versauerung, wies das resultierende Hydrogel nicht nur ideale pH- und Feuchtigkeitsbedingungen für die Wundheilung auf, sondern auch eine deutlich geringere Adhäsion und Schwellung im Vergleich zu anderen kommerziellen Hydrogel-Wundauflagen. Im Gegensatz zu den üblichen Wundgelen haftet es zudem nicht stark an Zellen oder Hautgewebe.
Die Forscher testeten die Wirksamkeit ihres neuen Hydrogels anhand von Zellkulturen und einem Mausmodell, die beide hervorragende Ergebnisse lieferten. „Anhand von Tierversuchen konnten wir nachweisen, dass unser Hydrogel eine hohe therapeutische Wirkung hat und gleichzeitig die durch herkömmliche klinische Präparate verursachte vorübergehende Vergrößerung der Wundfläche unterdrücken kann“, bemerkt Studienleiter Ryota Teshima. „Dies bestätigt unsere anfängliche Hypothese, dass Gele mit geringer Hauthaftung und geringem Quellvermögen hervorragend als Wundauflagen geeignet sind, was das genaue Gegenteil von dem ist, was bisher angenommen wurde.“
Erwähnenswert ist, dass Alginat aus Strandalgen gewonnen werden kann, einer erneuerbaren Ressource, die oft als Abfallmaterial der Küstengebiete betrachtet wird. Da das vorgeschlagene Hydrogel nicht nur kostengünstig, sondern auch biologisch abbaubar ist, stellt diese Entwicklung einen wichtigen Schritt in Richtung künftiger Fortschritte in der nachhaltigen Medizin dar. „Wir glauben, dass diese Forschung als Maßstab für das Design zukünftiger medizinischer Materialien dienen und zu einer nachhaltigen und kostengünstigen Wundversorgung führen wird“, sagt Teshima. „Darüber hinaus können unsere Ergebnisse zur Klärung von Problemen mit Hydrogelformulierungen beitragen, die derzeit in der klinischen Anwendung sind, und neue Designrichtlinien für die nächste Generation von Wundbehandlungsgelen liefern.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Tokyo University of Science. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Klara Kulikova, Unsplash