In Japan wird der Name eines Hustenmedikamentes oft im Zusammenhang mit dem Stichwort Überdosierung im Internet gesucht. Forscher sagen: Das Land hat ein Abhängigkeits-Problem.
Japan steckt in einer Krise: Der Missbrauch nicht verschreibungspflichtiger Medikamente ist dort ein echtes Problem. Zuletzt hat die Nachfrage nach einem bestimmten Hustenmittel zugenommen, ebenso wie die sozialen Auswirkungen des Missbrauchs aufgrund seiner psychosomatischen Wirkungen. Die Leichtigkeit, mit der man online Informationen darüber erhält, wie man rezeptfreie Medikamente zur Erreichung einer Überdosis erwerben kann, scheint jedoch nicht das eigentliche Problem zu sein. Eine Studie der Universität Kyoto legt nun nahe, dass zuverlässige Informationen über den Missbrauch von rezeptfreien Medikamenten leicht zugänglich sind und wirksam verbreitet werden.
„Wir haben uns auf potenziell suchtgefährdete OTC-Konsumenten konzentriert, obwohl sie keine ausreichenden Symptome zeigten, die einen Besuch in medizinischen Einrichtungen oder Hilfsdiensten rechtfertigen oder erforderlich machen würden“, sagt die korrespondierende Autorin Azusa Kariya von der Graduate School of Medicine und der School of Public Health der Kyoto University. Die Nutzer von Japans größtem verbrauchergenerierten Mediendienst, Yahoo! Chiebukuro, stellen ihre Fragen und Antworten zu rezeptfreien Medikamenten in erster Linie, um mehr über die Dosierung zu erfahren, den Zugang zu den Medikamenten, ihre Wirksamkeit und Wirkung sowie die Gesundheitsrisiken.
Für den Missbrauch gibt es zwei Gründe: Zum einen sucht man nach einer symptomatischen Linderung von körperlichen Schmerzen und nimmt deshalb eine erhöhte Dosis, die zur Abhängigkeit führt. Der andere Fall ist die absichtliche Überdosierung, bei der es zu Selbstverletzungen oder psychosomatischen Veränderungen kommen kann.
Das Team von Kariya fand auch heraus, dass OTC-Konsumenten und potenzielle Konsumenten auf der Yahoo!-Community-Website Ratschläge zum Ausstieg aus der Drogensucht suchten. Vor allem sahen die Forscher, dass OTC-Überdosierer sich weigern, andere persönlich zu konsultieren, so dass das Internet eine bequeme Quelle für anonyme Informationen ist.
„Unsere Studie zielt darauf ab, unsere CGM-Daten sinnvoll zu nutzen, um mögliche Überdosierer zu identifizieren. Wir könnten dann besser mit den Angehörigen der Gesundheitsberufe zusammenarbeiten und die Apotheken um Unterstützung bitten, um den OTC-Missbrauch zu verringern“, fügt Kariya hinzu. Ihr Team durchsuchte die Namen von häufig missbrauchten rezeptfreien Arzneimitteln, verfolgte die Schlüsselwörter ‚Überdosis‘ und ‚Überdosierung‘ und zählte die Anzahl der entsprechenden Fragen auf der Yahoo!-Seite. Die Zahl der Anfragen im Zusammenhang mit einer Überdosis, die das Schlüsselwort BRON – ein Husten- und Schleimlöser – enthielten, hat stark zugenommen, was auf den bedeutenden Einfluss von Community-basierten Websites hinweist.
Darüber hinaus extrahierte das Team 467 Datensätze, die die Zulassungskriterien erfüllten, aus 528 mit BRON gekennzeichneten Textdaten und erstellte sechs Kategorien. Daraus ergaben sich drei Hauptthemen: Erwartungen an eine Überdosierung, Ängste vor einer Überdosis und Schwierigkeiten bei der Beendigung einer Überdosierung. „Die aktuelle Krise, mit der sich die Fachleute der psychischen Gesundheit konfrontiert sehen, ist nur die Spitze des Eisbergs. Wir müssen tiefer eintauchen, um das Ausmaß des Missbrauchs zu erkennen, das uns verborgen bleibt“, meint Kariya.
Der Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Kyoto University. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text verlinkt.
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