„Heinz, ich koche dir jetzt eine schöne Hühnersuppe!“, schlägt die Gattin freudig motiviert vor. Der übel erkältete Heinz aber brummt: „Das wässrige Zeug, das hilft doch sowieso nicht. Ich nehme lieber eine Aspirin!“ Wer hat Recht?
Alles schnieft und keucht, die Erkältungssaison ist in vollem Gange – und das stärker, als sie es in den letzten Jahren war. Während der Corona-Pandemie mussten wir uns mit Maske schützen, außerdem wurden die Kontakte eingeschränkt, so dass eine ausgeprägte Weitergabe der Viren verhindert wurde. Jetzt sorgt die kürzlich angelaufene Grippe-Welle – neben vielen Corona- und RSV-Infekten – für volle Wartezimmer in den Praxen.
Gegen die meisten Viren ist bekanntermaßen kein Kraut gewachsen, man muss die Erkrankung einfach aussitzen, bzw. ausliegen, schlafen und viel trinken. Einige Hausmittelchen sind durchaus nützlich, aber der medizinische Nachweis fehlt meist. So wurde zum Beispiel festgestellt, dass Vitamin C die Erkältung nicht beeinflusst, es sei denn, man ist Sportler – dann wird der höhere Bedarf durch die Einnahme gedeckt und hilft, Erkältungen zu verkürzen.
Aber dann wäre da ja noch die Hühnersuppe! Allseits beliebt und bekannt dafür, jede noch so schlimme Rüsselpest wirksam zu bekämpfen.
Vor nicht allzu langer Zeit war ein Pärchen in meiner Praxis. Der Ehemann war stark erkältet, man könnte sogar von einer Männergrippe sprechen. Inzwischen weiß man ja, dass Männer in der Tat stärker leiden, da ihnen das schützende Östrogen fehlt. Er hustete, schniefte, fieberte und es ging ihm wirklich nicht gut. Die Untersuchung brachte aber keine schweren behandlungsbedürftigen Erkrankungen zu Tage, so dass ich lediglich zu Bettruhe, Tee, Inhalationen und ggf. einem Fiebersenker riet, falls das Fieber zu stark ansteigen sollte.
„Heinz, ich koche dir jetzt eine schöne Hühnersuppe!“, schlug die Gattin freudig motiviert vor. Heinz aber brummte: „Das wässrige Zeug, das hilft doch sowieso nicht. Ich nehme lieber eine Aspirin!“
Ich schätze, er hatte keine Chance gegen die liebevoll gekochte Hühnersuppe der Ehefrau. Als ich am Nachmittag zu Hause in einer Fachzeitschrift blätterte, fiel mein Blick dann passenderweise auf einen Artikel zum Thema „Hühnersuppe bei Erkältung“. Ist es ein Mythos, dass selbstgekochte Hühnersuppe hilft? Es schwören ja einige darauf, inklusive mir. Und das, obwohl ich weiß, dass es keinen einschlägigen wissenschaftlichen Nachweis hierfür gibt.
Im Jahr 2000 wurde zwar in einer Studie eine verminderte Neutrophilenmigration festgestellt. Dies könnte allerdings Infekte auch verstärken und sagt nicht wirklich etwas über die Wirkung der Hühnersuppe aus.
Fest steht aber, dass eine selbst gekochte Suppe eine wohltuende Wirkung hat: Wir nehmen ausreichend Flüssigkeit zu uns, die Wärme lindert Halsschmerzen und löst den festsitzenden Schleim. Außerdem sind bei Verwendung frischer Zutaten wunderbare Inhaltsstoffe in der Suppe vorhanden: Vitamine, Proteine und Zink aus der Fleischzutat sowie leicht verwertbare Kohlenhydrate beispielsweise aus Nudeln. Zink lindert nachweislich Erkältungssymptome und kann einen Schnupfen um ein paar Tage verkürzen. Des Weiteren liefert das Fleisch B-Vitamine, die für eine normale Immunfunktion notwendig sind.
Allerdings muss man kein Fleisch essen, um die positiven Effekte einer Suppe zu erfahren. Denn die Proteine kann man auch durch pflanzliche Zutaten gewinnen, zum Beispiel durch Hülsenfrüchte, die gleichzeitig ebenfalls viel Zink enthalten. Eine Einschränkung gilt hier jedoch: Streng vegetarisch und vegan essende Menschen können Vitamin B12 nicht durch die Ernährung aufnehmen und sollten den Mangel ausgleichen.
Nicht zu vergessen ist die Zuwendung, die wir durch die Angehörigen erfahren, wenn sie uns beim ersten Niesen prompt eine leckere Suppe kochen, ebenfalls heilungsfördernd. Dem grummelnden Heinz hat sie bestimmt auch geholfen. Und falls nicht, kann er ja noch ein symptomlinderndes Medikament einnehmen.
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