Forscher zeigten, dass bestimmte Eiweißmoleküle, die für die Verpackung der Erbinformationen im Sperma verantwortlich sind, bei Rauchern deutlich verändert aussehen. Dies kann dazu führen, dass das Erbgut in den Samenzellen beschädigt wird und der Kinderwunsch unerfüllt bleibt.
Vor vier Jahren fanden Forscher der Universität des Saarlandes im Sperma von Rauchern Cotinin, ein Abbauprodukt des Nikotins, in deutlich höherer Menge als bei Nichtrauchern. Auch ein weiterer Biomarker kam verstärkt vor, der anzeigt, dass das Gleichgewicht in der Samenzelle massiv gestört ist. „Durch verschiedene Tests konnten wir feststellen, dass die Spermien von Rauchern weniger beweglich sind und ihre Außenhülle auch nicht so stabil ist wie bei Nichtrauchern “, sagt Professor Mohammed Hammadeh, Reproduktionsmediziner an der Universitätsklinik des Saarlandes in Homburg. Sein Team hatte bereits in den ersten Untersuchungen zu diesem Thema festgestellt, dass Protamine bei Rauchern in geringerer Konzentration vorkommen.
Nun haben die Wissenschaftler ihre neuen Forschungsergebnisse zu den Veränderungen im Sperma von Rauchern publiziert. Gemeinsam mit Mathias Montenarh, Professor für Medizinischen Biochemie und Molekularbiologie der Saar-Uni, analysierten die Reproduktionsmediziner die Eiweißmoleküle in den Samenzellen noch genauer. Sie konzentrierten sich dabei auf Histone und Protamine, die für die Verpackung und Stabilität der DNA-Erbinformationen in den Spermien verantwortlich sind. „Dabei konnten wir zeigen, dass diese Eiweißmoleküle bei Rauchern in einer deutlich anderen Konzentration vorkommen als bei Nichtrauchern. Wir gehen davon aus, dass dadurch die Erbinformationen in den Samenzellen von Rauchern beschädigt werden und in der Folge die Entwicklung der Spermien gestört ist“, erläutert Montenarh. Dies könne dazu führen, dass es zu keiner oder nur unvollständigen Befruchtung der Eizelle kommt und daher kein neues Leben entstehen kann.
„Wenn der Kinderwunsch ausbleibt, ist möglicherweise der erhöhte Zigarettenkonsum eine Ursache dafür. In unserer Ambulanz für Reproduktionsmedizin, in der viele Paare mit unerfülltem Kinderwunsch Rat suchen, empfehlen wir daher jedem, sofort mit dem Rauchen aufzuhören“, sagt Professor Hammadeh. Die Studien hätten eindeutig belegt, dass der Nikotinkonsum nicht nur der Gesundheit der Raucher schade, sondern sich auch auf die Fortpflanzung negativ auswirke. „Die biochemischen Veränderungen in den Samenzellen sind bei Rauchern so gravierend, dass sie offenkundig nicht nur eine normale Befruchtung verhindern, sondern möglicherweise auch für Missbildungen von Embryos verantwortlich sind“, befürchtet Hammadeh. Dies müsse nun in weiteren Studien untersucht werden. Auch sei noch ungeklärt, wie schnell sich die Zusammensetzung der Spermien wieder normalisiere, wenn starke Raucher den Zigarettenkonsum einstellten. Originalpublikation: Impact of cigarette smoking on histone (H2B) to protamine ratio in human spermatozoa and its relation to sperm parameters M.F. Hamad et al.; Andrology, doi: 10.1111/j.2047-2927.2014.00245.x; 2014