Medikamente, die bei Harnblasenkarzinomen direkt in die Blase verabreicht werden, haben oft nur eine geringe therapeutische Wirksamkeit. Mit Nanorobotern könnten Wirkstoffe direkt in den Tumor eingebracht werden. Erfahrt hier, wie das geht.
Harnblasenkarzinome haben eine der höchsten Inzidenzraten der Welt und sind die vierthäufigsten Tumoren bei Männern. Trotz der relativ niedrigen Sterblichkeitsrate tritt fast die Hälfte der Blasentumoren innerhalb von 5 Jahren erneut auf, was eine ständige Überwachung der Patienten erfordert. Häufige Krankenhausaufenthalte und die Notwendigkeit wiederholter Behandlungen tragen dazu bei, dass diese Art von Krebs eine der teuersten Therapien hat.
Die derzeitigen Behandlungen, bei denen Medikamente direkt in die Blase verabreicht werden, weisen zwar gute Überlebensraten auf, ihre therapeutische Wirksamkeit ist jedoch gering. Eine vielversprechende Alternative ist der Einsatz von Nanopartikeln, die therapeutische Wirkstoffe direkt in den Tumor einbringen können – insbesondere Nanoroboter sind hier zu erwähnen. Eine in Nature Nanotechnology veröffentlichte Studie zeigt nun, wie sie die Therapie verbessern könnten.
Diese winzigen Nanomaschinen bestehen aus einer porösen Kugel aus Siliziumdioxid. Auf ihrer Oberfläche befinden sich verschiedene Komponenten mit spezifischen Funktionen. Dazu gehört das Enzym Urease, ein Protein, das mit dem im Urin vorkommenden Harnstoff reagiert und den Nanopartikeln den Vortrieb ermöglicht. Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist radioaktives Jod, ein Radioisotop, das häufig für die lokale Behandlung von Tumoren verwendet wird. Die vom Institut für Bioengineering von Katalonien (IBEC) mit weiteren Partnern durchgeführte Forschung soll den Weg ebnen für innovative und günstigere Behandlungen.
„Mit einer einzigen Dosis konnten wir eine Verringerung des Tumorvolumens um 90 % feststellen. Das ist wesentlich effizienter, wenn man bedenkt, dass Patienten mit dieser Art von Tumor bei den derzeitigen Behandlungen in der Regel 6 bis 14 Krankenhausaufenthalte haben. Ein solcher Behandlungsansatz würde die Effizienz steigern und die Dauer des Krankenhausaufenthalts sowie die Behandlungskosten verringern“, erklärt Samuel Sánchez, ICREA-Forschungsprofessor am IBEC und Leiter der Studie. Der nächste Schritt besteht darin, festzustellen, ob diese Tumoren nach der Behandlung wieder auftreten.
In früheren Forschungsarbeiten haben die Wissenschaftler bestätigt, dass die Nanoroboter aufgrund ihrer Fähigkeit, sich selbst fortzubewegen, alle Blasenwände erreichen können. Dies ist ein Vorteil gegenüber dem derzeitigen Verfahren, bei dem der Patient nach der Verabreichung des Medikaments direkt in die Blase alle halbe Stunde die Position wechseln muss, um sicherzustellen, dass das Medikament alle Wände erreicht. Die aktuelle Studie weist nicht nur die Mobilität der Nanopartikel in der Blase, sondern auch ihre spezifische Anreicherung im Tumor nach. Ermöglicht wurde dies durch verschiedene Techniken, darunter die medizinische Positronen-Emissions-Tomographie (PET) der untersuchten Mäuse, sowie mikroskopische Aufnahmen des nach Abschluss der Studie entfernten Gewebes. Letztere wurden mit einem Fluoreszenzmikroskopiesystem aufgenommen, das speziell für dieses Projekt entwickelt wurde. Das System scannt die verschiedenen Schichten der Blase und liefert eine 3D-Rekonstruktion, sodass das gesamte Organ betrachtet werden kann.
„Das innovative optische System, das wir entwickelt haben, ermöglichte es uns, das vom Tumor selbst reflektierte Licht zu eliminieren, so dass wir die Nanopartikel im gesamten Organ ohne vorherige Markierung und mit einer noch nie dagewesenen Auflösung identifizieren und lokalisieren konnten. Wir konnten beobachten, dass die Nanoroboter den Tumor nicht nur erreichten, sondern auch in ihn eindrangen und so die Wirkung des Radiopharmakons verstärkten“, erklärt Julien Colombelli, Leiter der Plattform für fortgeschrittene digitale Mikroskopie am IRB Barcelona.
Die Entschlüsselung der Gründe, warum Nanoroboter in den Tumor eindringen können, stellte eine Herausforderung dar. Den Nanorobotern fehlen spezifische Antikörper, um den Tumor zu erkennen, und Tumorgewebe ist in der Regel steifer als gesundes Gewebe. „Wir haben jedoch beobachtet, dass diese Nanoroboter die extrazelluläre Matrix des Tumors aufbrechen können, indem sie den pH-Wert durch eine sich selbst antreibende chemische Reaktion lokal erhöhen. Dieses Phänomen begünstigte ein stärkeres Eindringen in den Tumor und führte zu einer bevorzugten Anreicherung im Tumor“, erklärt Meritxell Serra Casablancas, Co-Erstautorin der Studie und IBEC-Forscherin. Daraus schlossen die Wissenschaftler, dass die Nanoroboter mit dem Urothel zusammenstoßen, als ob es eine Wand wäre, aber in den Tumor, der schwammiger ist, dringen sie ein und reichern sich darin an. Ein Schlüsselfaktor ist die Mobilität der Nanoroboter, die die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie den Tumor erreichen.
Außerdem verringere die örtliche Verabreichung der Nanoroboter, die das Radioisotop tragen, die Wahrscheinlichkeit, dass unerwünschte Wirkungen auftreten, während die hohe Anreicherung im Tumorgewebe die radiotherapeutische Wirkung begünstige. „Die Ergebnisse dieser Studie öffnen die Tür für den Einsatz anderer Radioisotope, die eine stärkere therapeutische Wirkung haben, aber bei systemischer Verabreichung nur eingeschränkt eingesetzt werden können“, fügt Cristina Simó, Mitautorin der Studie, hinzu.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Institute for Bioengineering of Catalonia. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Eric Krull, Unsplash