Warum Veterinäre Hundehalter über die Aujeszkysche Krankheit informieren sollten, Teilzeitmodelle für Tierärzte immer wichtiger werden und Nashorn-Forscher gegen die Zeit kämpfen, lest ihr in unserem Vet-Überblick.
Aktuell läuft immer noch die internationale Grüne Woche, eine traditionsreiche Berliner Messe für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau. Anlässlich dieser äußerten sich nicht nur viele Landwirte, auch bei den Tierärzten rappelt es ganz schön – der allgegenwärtige Tierärztemangel lässt grüßen. In einer Pressekonferenz der Bundestierärztekammer (BTK) wurden Lösungsansätze aufgezeigt. Laura Darracott aus der BTK-Arbeitsgruppe „Zukunft“, legte hier den Schwerpunkt auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, müsse man die Arbeitsbedingungen modern und attraktiv gestalten. Denn im Gegensatz zu früher seien heute meist beide Partner erwerbstätig und in die unbezahlte Care-Arbeit eingebunden. Das mache flexible Teilzeit- und Arbeitszeitmodelle unverzichtbar, so die praktizierende Tierärztin. Ein weiterer wichtiger Faktor sei ein angemessener Verdienst für selbstständige und angestellte Tierärzte – die Weichen hierfür seien mit der Anpassung der GOT 2022 gestellt worden. Weitere Punkte der Konferenz könnt ihr hier nachlesen.
In Baden-Württemberg werden immer mehr Fälle der Aujeszkyschen Krankheit (AK) festgestellt, wie das zuständige Veterinäramt mitteilte. Für den Menschen ist das Suide Herpesvirus 1(SuHV-1) zwar ungefährlich, aber Haustierhalter sollten jetzt aufmerksam sein. Eine Ansteckung mit dem Virus kann für Hunde und Katzen tödlich enden. Seit den frühen 2000ern gilt die Hausschweinepopulation in Deutschland als frei von Aujeszkyscher Krankheit, Impfungen und Heilversuche sind verboten. Unter Wildschweinen ist das Virus aber nach wie vor verbreitet. Laut dortigem Veterinäramt werden im nördlichen Baden-Württemberg seit 2014 immer wieder Antikörper in Proben von Wildschweinen nachgewiesen – nach SWR-Recherchen waren es alleine in den letzten drei Jahren 260 Antikörper-Nachweise. Erkrankte Schweine zeigen zentralnervöse Symptome wie Lähmungen und Krämpfe, die Erkrankung kann aber auch symptomlos verlaufen. Das Virus persistiert lebenslang im Tier. Infizierte Hunde und Katzen, aber auch Rinder, zeigen meist Symptome ähnlich einer Tollwut, was der Krankheit auch den Namen Pseudowut (engl. Pseudorabies) einbrachte. Der Tod tritt meist innerhalb weniger Tage ein.
Aufgrund der aktuell vermehrt nachgewiesenen Fälle im Main-Tauber-Kreis werden besonders Hundebesitzer gewarnt, ihre Tiere an der Leine zu halten. Erst kürzlich hätte ein Jagdhund nach einer Drückjagd eingeschläfert werden müssen. Weitere Vorsichtsmaßnahmen: Jagdhunde sollten nicht in Kontakt mit Wildschweinen kommen, Aufbruch sollte tief vergraben werden und Schweinefleisch, insbesondere Wildschweinefleisch, sollte nicht an Hunde verfüttert werden. Das gilt auch für Salami oder Schinken sowie für die Rohfütterung von Hunden (BARF).
Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland ist seit 2020 weiter gesunken. Wie das Statistische Bundesamt Destatis mitteilt, hält damit der Strukturwandel in der Landwirtschaft hin zu weniger, aber dafür größeren Betrieben, an. Während die Zahl der Betriebe von 2020 bis 2023 weiter sank, blieb aber die Größe der landwirtschaftlich genutzten Fläche schon seit 2010 fast gleich. In den letzten drei Jahren sank dabei auch die Zahl der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft um rund 7 % auf insgesamt 876.000 Personen. Davon waren im Jahr 2023 rund 45 % Familienarbeitskräfte, 27 % ständig Beschäftigte und 28 % Saisonarbeitskräfte. In rund 63 % der Betriebe wurden Tiere gehalten. Auch hier gab es einen Rückgang um etwa 4 %. In Deutschland werden aktuell 10,9 Millionen Rinder, 22,4 Millionen Schweine, 1,8 Millionen Schafe sowie 162.600 Ziegen und 167,3 Millionen Stück Geflügel gehalten.
Einen Rückgang gab es hier besonders in der Zahl der schweinehaltenden Betriebe um 42,1 %. Auch hier gibt es einen Trend hin zu größeren Betrieben mit mehr Tieren. Auf Ebene der Bundesländer sieht man: Während in einigen Bundesländern die Haltung der Zuchtsauen ausgebaut wurde, sank sie in anderen Ländern. Eine Erklärung könnte sein, dass die Betriebe in den Bundesländern unterschiedlich auf neue Anforderungen in der Sauenhaltung reagieren. So musste mancherorts die sogenannte Kastenstandhaltung abgeschafft werden. Dafür sind Umbauten in den Ställen erforderlich, die in bestimmten Fristen durchgeführt werden müssen. Auch bei den Haltungen mit Milchkühen setzte sich der langjährige rückläufige Trend weiter fort. Hier sank die Zahl der Milchkuh-Haltungen seit 2013 um 36,4 %.
Nachdem in der letzten Woche viele Bauern auf den Straßen und in den Medien anzutreffen waren, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen, wird nun erneut die Einführung einer Tierwohlabgabe auf Lebensmittel tierischen Ursprungs diskutiert. Schon 2020 wurde eine solche Abgabe vom Kompetenznetzwerk Tierschutz, der sogenannten Bochert-Kommission, empfohlen. Die Verbraucher müssten 40 Cent pro kg Fleisch und Fleischprodukte, 2 Cent pro kg Milch und Frischmilchprodukte sowie Eier und 15 Cent pro kg Käse, Butter und Milchpulver zahlen. Das Geld könnte dafür verwendet werden, Ställe tierfreundlicher umzubauen und die Mehrkosten für Tierwohlmaßnahmen zu kompensieren.
Die Situation des Nördlichen Breitmaulnashorns ist schlecht. Wenn man sagt, dass es vom Aussterben bedroht ist, untertreibt man – denn es gibt tatsächlich auf der ganzen Welt keine männlichen Tiere mehr, die einzigen beiden verbliebenen Tiere sind zwei ältere Weibchen. Sie leben bewacht in einem Reservat in Kenia. Die Tiere waren einst in ganz Zentralafrika verbreitet, doch in den letzten Jahrzehnten ist ihre Zahl aufgrund der großen Nachfrage nach ihrem Horn stark zurückgegangen. Um das komplette Verschwinden der Tiere aufzuhalten, hat das Schutzprogramm BioRescue Sperma von Nördlichen Breitmaulnashörnern und Eizellen vom jüngeren der beiden verbliebenen Weibchen konserviert. Bislang wurden daraus etwa 30 Embryonen erzeugt.
Nun ist den Wissenschaftlern ein wichtiger Schritt im Kampf um die bedrohten Tiere gelungen: Die erste erfolgreiche In-vitro-Fertilisation eines Nashorns. Hierfür wurde ein im Labor entstandener Embryo eines südlichen Breitmaulnashorns in eine Leihmutter eingepflanzt. Diese war bereits ein paar Monate Schwanger, bis sie schließlich an einer bakteriellen Infektion starb, die laut den Forschern aber nicht auf den Eingriff zurückzuführen war. Den Forschern läuft nun die Zeit davon. Sie wollen unbedingt bald einen zweiten Versuch starten, denn die Jungtiere sollen noch von den wenigen lebenden Artverwandten lernen und sich Verhaltensweisen abschauen können.
Als Leihmütter für die Embryonen der nördlichen Breitmaulnashörner werden südliche Breitmaulnashörner verwendet. Die Wissenschaftler wollen aber, dass alle Kälber der nördlichen Breitmaulnashörner noch die Chance haben, ihre verbliebenen Artgenossen zu treffen. Die nächste Leihmutter ist schon identifiziert. Dieses Mal wollen die Forscher besondere Vorkehrungen treffen, um sie vor bakteriellen Infektionen zu schützen, einschließlich eines neuen Geheges und Protokollen zur Desinfektion der Stiefel der Mitarbeiter. Jetzt müssen sie nur warten, bis das Nashornweibchen in die Brunstphase kommt.
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